Es dauerte sieben Jahre, bis sie über Nacht zum weltweit gefeierten Pop-Phänomen wurde: Chappell Roan ist bei jungen Menschen eine der angesagtesten Musikerinnen der Welt, die Gen Z liegt ihr zu Füßen. Doch auf dem Weg dorthin musste sie einige Rückschläge wegstecken.
Zudem gilt sie als queere Ikone – was angesichts ihrer Jugend im streng christlichen Missouri alles andere als eine Selbstverständlichkeit ist.
Für alle, die Chappell noch nicht so gut kennen, beleuchtet watson die Sängerin.
Hier gibt es alle Infos über Chappell Roan.
Chappell Roan wuchs unter dem Namen Kayleigh Rose Amstutz als älteste von vier Kindern in einfachen Verhältnissen auf. Die Familie lebte in einem Trailerpark in Willard, Missouri, und ihre Eltern, eine Tierärztin und ein Krankenpfleger, erzogen ihre Kinder streng christlich.
Niemand in Roans Familie war musikalisch, doch die junge Kayleigh Rose nahm im Alter von zwölf Jahren Klavierunterricht. In der achten Klasse sang sie bei einer Talentshow und gewann – es war ihr erster Auftritt in der Öffentlichkeit. Dass sie singen konnte, war ihr bis dahin selbst nicht klar gewesen. In dieser Zeit begann sie, erste Songtexte zu schreiben.
Mit 14 bewarb sich Roan bei der Castingshow "America’s Got Talent", wurde allerdings nicht angenommen. Davon ließ sie sich jedoch nicht beirren: Im Alter von 16 Jahren stellte sich Roan bei Plattenfirmen in New York vor und trat unter ihrem bürgerlichen Namen in Springfield, Missouri, auf.
Nachdem sie den Song "Die Young" auf YouTube veröffentlicht hatte, nahm Atlantic Records sie 2017 unter Vertrag. Sie brach die Schule ab, zog nach Los Angeles und veröffentlichte unter anderem ihre Debüt-EP "School Nights" und 2020 die Single "Pink Pony Club". Dabei arbeitete sie mit dem Produzenten Dan Nigro zusammen, der unter anderem auch Olivia Rodrigo produzierte.
"USA Today" wählte den Song auf den dritten Platz der "Zehn besten Songs des Jahres 2020" und das Entertainment-Magazin "Vulture" bezeichnete "Pink Pony Club" ein Jahr später als "Song des Sommers 2021". Bis August 2022 wurde das Lied über zehn Millionen Mal auf Spotify gestreamt.
Doch so lange wollte die Plattenfirma offenbar nicht warten. Weil die Einnahmen nicht den Erwartungen entsprachen, trennte man sich schon im August 2020 von Roan. Sie zog daraufhin zeitweise zurück nach Missouri, jobbte unter anderem als Barista in einem Drive-through-Café sowie als Kindermädchen, veröffentlichte aber weiterhin selbstständig Songs.
2022 wurde Chappel Roan von Sony unter Vertrag genommen. Im selben Jahrveröffentlichte sie unter anderem die Singles "Naked in Manhattan" und "Femininomenon" und wurde als Opener von Olivia Rodrigo engagiert, was ihr schließlich zum Durchbruch verhalf.
2023 erschien ihr Debütalbum "The Rise and Fall of a Midwest Princess". In den USA und Großbritannien landete das Album auf Platz zwei bzw. Platz eins der Charts, in Deutschland auf Platz zehn.
2024 folgte schließlich eine Welttournee mit Stationen in den USA, Europa und Australien. Wie groß das öffentliche Interesse an Chappell Roan plötzlich war, zeigt auch ihr Auftritt beim Lollapalooza-Festival in Chicago: Laut CNN könnte sie 2024 mit mehr als 110.000 Menschen einen neuen Besucherrekord in der Geschichte des Festivals aufgestellt haben. Ihr Spruch "I’m your favourite artist’s favourite artist", zu dem sie von ihrer Lieblings-Drag-Künstlerin Sasha Colby inspiriert wurde, geht seit ihrem Coachella-Auftritt 2024 viral.
Die Wahl des Künstlernamens sei der schwierigste Teil für sie gewesen, sagte Roan im Interview mit dem "Springfield News-Leader". Ihr Großvater Dennis Chappell war schwer an Krebs erkrankt. Weil er die Veröffentlichung ihrer Musik wahrscheinlich nicht mehr erleben würde, spielte sie ihm Demos vor und versprach ihm, sich ihm zu Ehren Chappell zu nennen. "Er hat mich wirklich unterstützt", sagte sie.
Das Lieblingslied ihres Großvaters sei der alte Country-Song "The Strawberry Roan" gewesen, und so übernahm sie aus diesem Titel einen Teil ihres Künstlernamens. Der Name Chappell Roan ist demnach eine Hommage an ihren Großvater Dennis Chappell.
Die Musikerin Chappell Roan gilt als die queere Pop-Ikone der Stunde. Ihre Songtexte handeln oft von Themen wie Selbstakzeptanz, Liebe, Herzschmerz und persönlichem Wachstum, oft mit einem queer-feministischen Ansatz.
Bereits für ihre erste Nordamerika-Tour engagierte sie lokale Drag Queens als Show-Opener. Auch ihre Bühnenoutfits und ihr Make-up sind von Drag Queens inspiriert. Auf ihrer Welttournee spendete sie pro verkauftes Ticket einen Dollar an die gemeinnützige Organisation "For the Gworls", die unter anderem Schwarze und trans* Personen finanziell unterstützt.
Roan bezeichnet sich im Interview mit dem Schweizer Magazin "Annabelle" selbst als Dragqueen. "Drag erlaubt es mir, mich frei zu fühlen, und ich habe damit keine Angst, laut, queer und hyperfeminin zu sein." Dafür wird sie innerhalb der LGBTQIA+-Community teilweise kritisiert, da Dragqueens üblicherweise von Männern dargestellt werden. Roan interpretiert das jedoch als Kritik von Männern, die einer Frau mal wieder vorschreiben wollen, was sie zu tun hat.
Chappell Roan hat in der Vergangenheit Männer gedatet. Später erklärte sie jedoch, dass sie nicht mehr mit Männern ausgehe. "Es macht einfach keinen Spaß", sagte sie im Interview mit "Teen Vogue".
Ihr queeres Erwachen erlebte sie erst, als sie 2018 nach Los Angeles zog. "Ich bin mit dem Glauben aufgewachsen, dass es schlecht und eine Sünde ist, homosexuell zu sein", sagte Chappell Roan 2023 im Interview mit dem "Guardian". Erst die "überwältigende Liebe und Akzeptanz", die sie in L.A. als queere Frau erlebte, habe es ihr ermöglicht, Songs als ihr wahres Ich zu schreiben.
Mittlerweile ist öffentlich, dass Chappell Roan homosexuell ist. Sie sprach darüber auch schon bei Konzerten.
Chappell Roan lebt laut "Rolling Stone"-Magazin in einer Beziehung mit einer Frau in Los Angeles und hat sich von der Kirche abgewandt. In mehreren Interviews wurde deutlich, inwiefern sie ihre christliche Erziehung und die Kirche daran gehindert hatten, ihr wahres Ich zu zeigen. Umso mehr genießt Chappell es nun, ihr Leben mit einer Frau an ihrer Seite zu führen.
Im Alter von 22 Jahren wurde bei Roan eine bipolare Störung diagnostiziert. "Es erklärte Dinge", sagte sie im Nachhinein und beschrieb sich in der Zeit vor der Diagnose selbst als "depressives Kind". Es habe zwei Jahre gedauert, bis sie die richtige Medikation gefunden habe. Heute sei sie in Therapie und es gehe ihr gut.