Diese Absetzung kommt dann doch ein wenig überraschend, zumindest auf den ersten Blick. Im Abstand von nur einer Woche hatte Netflix im Januar seine beiden Spionage-Serien mit der jeweils zweiten Staffel fortgesetzt. "The Night Agent" mit Gabriel Basso spielt in den FBI-Zirkeln und machte am 23. Januar den Anfang. In "The Recruit" verkörpert Noah Centineo einen CIA-Agenten, die Staffel folgte am 30. Januar.
Beide Serien hatten ihre Fortsetzungen mit teilweise extrem guten Abrufzahlen gerechtfertigt, "The Night Agent" ist die siebterfolgreichste Serie der Netflix-Geschichte. Sie boten simples, altmodisches Fernsehen, zumindest für Netflix-Verhältnisse. Aus dem Duell, das ist nun klar, geht eine der Shows als deutlicher Sieger hervor.
"The Recruit" Staffel zwei kam am ersten Wochenende auf weltweite Abrufzahlen von 5,9 Millionen. Das sind fast zehn Millionen Views weniger als die 15,2 Millionen, die Gabriel Bassos zweite "Night Agent"-Mission einsammelte. Daraus zog Netflix nun Konsequenzen.
Der Darsteller Colton Dunn verkündete die triste Nachricht bei Threads: "The Recruit" ist abgesetzt, es wird keine zweite Staffel geben. "So ein Pech. Ich werde einige Bilder und lustige Erinnerungen auf Instagram teilen, aber ich wollte nur, dass ihr es von mir hört. Danke, wenn ihr zugeschaut habt", meinte er. Außerdem sei er nun verfügbar für neue Jobs.
Der Schauspieler nimmt die Niederlage also sportlich, was ein wenig zu den Umständen passt, denen sich seine Serie ausgesetzt sah. Wurde man hier Zeuge eines kalkulierten Duells auf "Leben und Tod" beziehungsweise "Fortsetzung und Absetzung"?
Von außen wirkt es jedenfalls ein bisschen so, als hätte Netflix zwei sehr ähnliche Serien aus seinem Portfolio in den Ring geschickt, um herauszufinden, welche von beiden nun wirklich interessant für das Publikum ist. Natürliche Selektion, sozusagen: Die stärkere Agenten-Serie gewinnt.
Wobei man vielleicht eher davon sprechen muss, dass Netflix "The Recruit" der internen Agenten-Konkurrenz zum Fraß vorwarf. Denn eine dritte "The Night Agent"-Staffel ist sogar bereits in Arbeit, sie wurde schon vor dem Start bestätigt, was die Netflix-Strategie noch ein wenig undurchschaubarer macht. Hatte "The Recruit" überhaupt jemals eine Chance?
Ein Vorteil der Geschichte: Die Gefahr, die beiden Serien zu verwechseln, besteht nun nicht mehr.