In Deutschland bezahlen wir ihn alle gemeinsam: unseren öffentlich-rechtlichen Rundfunk (ÖRR). Jeder Haushalt zahlt derzeit monatlich 18,36 Euro – das sind etwa 220 Euro im Jahr.
2022 kamen mit diesen Einnahmen rund 8,57 Milliarden Euro für den ÖRR zusammen. Man sollte meinen, das sei genug. Möchte man sich jedoch alte Folgen der Krimiserien "Tatort" oder "Der Alte" anschauen, stößt man auf Bezahlschranken: ARD Plus und ZDF select.
Die Einführung dieser bezahlpflichtigen Streaming-Dienste löste – gelinde gesagt – viel Unverständnis aus. Vor allem im Kontext der ohnehin stetig brodelnden Diskussion um die Notwendigkeit des ÖRR. Watson erklärt euch, was hinter ARD Plus und ZDF select steckt – und warum die Dienste nach ein bisschen Fact-Checking ihre Berechtigung haben.
Der primäre Grund hierfür ist der Medienstaatsvertrag. Der besagt, dass die meisten Inhalte von ARD und ZDF nur eine bestimmte Zeitspanne in den Mediatheken abrufbar sein dürfen. Die Dauer hängt vom Genre der Medienprodukte ab – nur einige Ausnahmen, wie geschichtliche Archive, dürfen unbefristet angeboten werden.
Zusätzlich zum Medienstaatsvertrag spielt auch noch die sendungsspezifische Rechtelage eine Rolle dabei, wie lange Inhalte öffentlich in der Mediathek abrufbar sein können. Dabei geht es zum Beispiel um die Rechte für Musik und Bild.
Dazu kommt auch noch die Regelung, dass vom Rundfunkbeitrag ausschließlich der öffentlich-rechtliche Auftrag finanziert werden darf. Alles darüber hinaus muss zum Schutz des Wettbewerbs auf dem Markt kommerziell refinanziert werden. Das hat schließlich zur Folge, dass die alten Inhalte, wie "Tatort"-Folgen und "Der Alte"-Folgen nicht mehr frei verfügbar sein dürfen.
ARD Plus und ZDF select waren vor den plattformspezifischen Umstellungen ab 2018 ein Teil des MagentaTV-Angebotes der Deutschen Telekom, Apple TV+ und Amazon Prime Video. Menschen ohne einen Account bei diesen Streaming-Plattformen konnte die ÖRR-Inhalte somit nicht sehen.
Um die Hürde möglichst niedrigschwellig zu halten, führte die ARD im Oktober 2022 eine eigene App ein, ARD Plus. Für öffentlich-rechtliche Inhalte soll man keine Accounts bei Drittanbietern benötigen.
Das ZDF ist diesen Schritt mit ihren bezahlpflichtigen Inhalten noch nicht gegangen. ZDF select ist seit 2019 ein Channel-Angebot von Amazon, User*innen brauchen daher für den Konsum von alten ZDF-Inhalten ein Amazon-Konto.
Die Inhalte von ARD Plus und ZDF select sind für 4,99 Euro erhältlich. Eine oftmals geäußerte und berechtigte Kritik dabei ist, ob die Inhalte nicht günstiger vermarktet werden könnten. Als kommerzielles Tochterunternehmen der ARD, ist ARD Plus jedoch dazu verpflichtet, sich marktkonform zu verhalten, um mit den angebotenen Inhalten zu keiner Wettbewerbsverzerrung zu führen. Michael Loeb, der Geschäftsführer der ARD Plus GmbH, äußert sich dazu jedoch wie folgt:
Dass ARD Plus und ZDF select auf den ersten Blick für Unverständnis, gerade im Hinblick auf die hohen GEZ-Gebühren, sorgen, ist nachvollziehbar.
Eine Lösung hierfür wäre laut Loeb eine Änderung des Medienstaatsvertrages. Durch eine Anpassung dieses Vertrages wären die ÖRR nicht gezwungen, den Konsument:innen ihre Inhalte über bezahlpflichtige Umwege anzubieten.