Im Mittelpunkt der Kritik: die WDR-Sendung "Die letzte Instanz".bild: wdr
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31.01.2021, 15:3203.02.2021, 12:49
Bei der WDR-Sendung "Die letzte Instanz" werden kontroverse Fragen gestellt und von Gästen im Studio diskutiert. In der letzten Sendung vom 29. Januar wurde der Bogen der Kontroverse allerdings eindeutig überspannt. Eingeladen waren der Autor und Moderator Micky Beisenherz, der Entertainer Thomas Gottschalk, die Schauspielerin Janine Kunze und der Schlagersänger Jürgen Milski – und gleich zu Beginn entwickelte sich eine Diskussion über Rassismus, bei der sich die Studiogäste überraschend einig waren.
Der Stein ihres Anstoßes war das Wort "Zigeuner" – das mittlerweile als eindeutig rassistisch konnotiert gilt und deshalb aus dem Sprachgebrauch weitestgehend verschwunden ist. Doch einige scheinen das nicht einsehen zu wollen. Daher fragte Moderator Steffen Hallaschka: "Ist es ein absolut notwendiger Schritt, die 'Zigeunersoße' nun umzubenennen?"
Der Schlagersänger Jürgen Milski legte los und verteidigte die Moderatorin Barbara Schöneberger, die sich mit einem Witz über die Änderung des Sprachgebrauchs lustig gemacht hatte. Die Soße heiße jetzt "Soße ohne festen Wohnsitz" – dafür kassierte Schöneberger einen Shitstorm. Milski fand das übertrieben und unterstellte den Deutschen Humorlosigkeit. Thomas Gottschalk und Janine Kunze pflichteten Milski sofort bei. Dieser Begriff sei nun mal in ihrer Sprache so verankert, sie seien mit dem Begriff aufgewachsen und wollten sich das nun nicht mehr abgewöhnen. Natürlich sei es nicht ihre Absicht, damit Menschen zu diskriminieren.
Thomas Gottschalk denkt nicht, dass Menschen sich diskriminiert fühlen. bild: wdr
Gäste äußern sich verächtlich
"Aber es fühlen sich ja Menschen diskriminiert", wandte Moderator Steffen Hallaschka ein. Doch die Gäste im Studio meinten das besser zu wissen. "Nein", winkte Thomas Gottschalk ab und Jürgen Milski schrie: "Das stimmt überhaupt nicht."
Als Hallaschka versuchte, seine Aussage zu belegen und den Zentralrat Deutscher Sinti und Roma zitierte, der den Ausdruck als diskriminierend ablehnt, lachten Kunze, Gottschalk und Milski gemeinsam laut auf: "Jaja..haha". Janine Kunze legte noch einen drauf: "Da sitzen wahrscheinlich zwei, drei Leute – ich sage das jetzt mal so lapidar – die haben vielleicht auch nichts Besseres zu tun und fangen dann mit so einem Quatsch an." Sie wolle niemanden zu nahe treten, fügte sie noch hinzu, aber sie finde das "nervig". Milski kam aus dem zustimmenden Nicken gar nicht mehr raus.
Außerdem sei Kunze ja selbst von Diskriminierung betroffen, weil sie "eine blonde Frau mit relativ großer Brust" sei. Dass sie in einer Diskussionsrunde zum Thema Rassismus und nicht zum Thema Sexismus saß, schien sie nicht zu stören. Ebensowenig, dass sie mit ihren Äußerungen das Leid einer anderen Gruppe relativierte und deren eigene Wahrnehmung für ungültig erklärte.
Auch Gottschalk wollte noch etwas zu der angeblich unangebrachten Rassismusdebatte beitragen: "Ob ich einen schwarzen Menschen einen 'Mohr' nenne, das hat nichts damit zu tun, dass ich auch nur ansatzweise den Respekt ihm gegenüber verliere", behauptete er. Um dieses Argument zu stützen, erzählte er, er habe sich bei einer Kostümparty in Los Angeles als Jimi Hendrix das Gesicht mit schwarzer Farbe bemalt, und somit erfahren, wie man sich als einziger Schwarzer in einer Gruppe weißer Menschen fühle.
Lediglich Micky Beisenherz zeigte sich stellenweise zurückhaltender, sagte allerdings auch, dass er mit dem Begriff "Zigeunerschnitzel" kein Problem habe. Und so votierte auch er – wie alle anderen – am Ende dafür, dass es nicht notwendig sei, auf diesen Begriff zu verzichten.
Heftige Reaktionen – WDR äußert sich
Die Kritik in den sozialen Medien fiel dementsprechend heftig aus. Die Gäste seien allesamt nicht von Rassismus betroffen und könnten sich daher auch nicht erlauben, zu behaupten, dass dieser Begriff nicht verletzend sei. Viele kritisierten die Aussagen der Talkshow-Gäste als ignorant und warfen ihnen vor, mit unpassenden Vergleichen Rassismus zu verharmlosen.
Persönlichkeiten wie die Journalistin Dunja Hayali kritisierten vor allem die Gästeauswahl, eine Gruppe von nicht von Rassismus betroffenen Personen. Hayali äußerte sich vor allem enttäuscht darüber, dass dies nach Jahren der Diskussion passiert, "nach Versprechen und angeblichen Einsichten. Man glaubt es kaum", schrieb sie.
Eindeutige Worte kamen auch von der SPD-Parteivorsitzenden Saskia Esken. "Nur noch zum Schämen", schrieb sie.
Watson bat den WDR um eine Stellungnahme. Der Sender verwies auf einen Tweet, der als Antwort auf die Kritik einer Nutzerin formuliert war. Darin heißt es:
"Wir verstehen die Kritik! Sie haben recht. Der Verlauf der Sendung war nicht so, wie wir es geplant und uns vorgestellt hatten. In der "letzten Instanz" sollen kontroverse Themen auf unterhaltsame Weise diskutiert werden, und dabei darf natürlich jeder Gast seine Meinung äußern. Aber rückblickend ist uns klar: Bei so einem sensiblen Thema hätten unbedingt auch Menschen mitdiskutieren sollen, die andere Perspektiven mitbringen und/oder direkt davon betroffen sind. Wir lernen daraus und werden das besser machen."
(lau)
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