Weniger Corona, mehr Wahlkampfvorbereitung: So sieht es diese Woche bei "Markus Lanz" aus. Dort sitzen aktuell vermehrt Politiker, die der Gastgeber wahlweise zur Kanzler-Frage oder zum Parteiprogramm für die Bundestagswahl im September in die Mangel nimmt. Am Mittwochabend traf es nun SPD-Chef Norbert Walter-Borjans – er musste sich von Lanz den Vorwurf gefallen lassen, er betreibe Wahlkampf gegen die Union, den eigenen Koalitionspartner. Der Vorsitzende der Sozialdemokraten kritisierte unter anderem das Corona-Management von CDU-Gesundheitsminister Jens Spahn.
Das waren die Gäste bei "Markus Lanz" am 7. April 2021:
Anders als CDU und CSU hat die SPD die Frage nach ihrem Kanzlerkandidaten bereits geklärt. Olaf Scholz soll für die Partei im September als Nachfolger von Angela Merkel ins Rennen gehen. Während SPD-Parteichef Norbert Walter-Borjans hinter Scholz als Kandidat für die SPD steht, hielt er bei "Markus Lanz" beide mögliche Kandidaten der Union für ungeeignet.
Bei Armin Laschet fehle ihm "das Organisatorische, das Verlässliche" und Markus Söder würde zu sehr Kleckern statt Klotzen. Zwar lege Söder stets einen starken Auftritt hin, jedoch habe Walter-Borjans den CSU-Chef auch immer wieder als jemanden erlebt, "dessen Stärke darin liegt, vorher zu wissen, was ist das Thema des Abends, womit ich morgen schon einen Termin im Morgenmagazin habe".
Die harte Arbeit dahinter sei nicht Söders Stärke.
Im Kritisieren der Politik der Anderen zeigt sich Norbert Walter-Borjans an diesem Abend bei "Markus Lanz" ganz groß. Den Vorschlag Armin Laschets (CDU), einen "Brückenlockdown" zur Eindämmung der dritten Corona-Welle einzuführen, hält der SPD-Mann für ein Strohfeuer.
Dieser sei "eine typische Laschet’sche Wortschöpfung – als Befreiungsschlag geplant, der nicht so richtig zündet". Mit dieser Einschätzung war Norbert Walter-Borjans in der Talkrunde nicht allein. "Spiegel"-Journalistin Melanie Amann meinte: "Es ist deprimierend, dass das jetzt die neue Erkenntnis und die perfekte Lösung sein soll."
Philosoph Prof. Julian Nida-Rümelin erklärte, es sei ein Irrtum zu glauben, dass unsinnige Maßnahmen einen sinnvollen Beitrag zur Corona-Bekämpfung leisten könnten. Ein Brückenlockdown, so fügte der Philosoph später hinzu, müsste mindestens bis Ende Mai gehen, bis die Impfungen einen bestimmten Stand erreicht hätten.
"Die Brücke setzt voraus, dass es ein anderes Ufer gibt, das man kennt", fügte Melanie Amann erklärend hinzu. Norbert Walter-Borjans kritisierte den Vorschlag Laschets entsprechend erneut: "Das ist eine Brücke, die mitten auf dem Wasser aufhört. Das ist das Problem."
Bei all der Kritik, die Norbert Walter-Borjans an diesem Abend an CDU-Parteichef Armin Laschet und auch am Handeln der Regierungsmitglieder in der Corona-Pandemie äußerte könnte man glatt meinen, die SPD sei selbst nicht Teil dieser Politik. "Sind Sie noch in der Regierung oder nicht?", fragte Markus Lanz diesbezüglich etwas provozierend.
Norbert Walter-Borjans jedoch gab sich sicher: Eine Regierung müsse es aushalten, dass auch der Koalitionspartner Kritik äußere. Außerdem gehe das vermasselte Impfstoffmanagement nun mal auf den CDU-Gesundheitsminister Jens Spahn zurück – und nicht auf SPD-Mann Olaf Scholz.
Als der Moderator Walter-Borjans mit einem Tweet konfrontierte, in dem dieser schrieb, die SPD-Minister seien besser als die der Union, fragte Lanz: „Was soll das sein? Glauben Sie das wirklich – die sind alle besser als die Konkurrenz?“
Laut Norbert Walter-Borjans handle es sich dabei um „die Wahrheit“ und es gebe kaum einen besseren Fall, bei dem man das mit einer solchen Überzeugung sagen können, wie der SPD-Chef es an dieser Stelle tat.
"Wenn Sie das alles dermaßen grottoid und unterirdisch finden, was passiert ist, und sie die besten sind, warum stehen sie dann nicht auf und sagen, wir lassen Sie Regierung platzen?“, wollte Lanz wissen. Erstens sei dafür laut Walter-Borjans vergleichsweise zu viel erreicht worden und zweitens müsse man sich überlegen was die Alternative sei, so kurz vor einer Wahl.
Journalistin Melanie Amann kommentierte, an Norbert Walter-Borjans gerichtet:
Hätte Walter-Borjans die Unionspolitik in Sachen Corona in dieser Sendung nicht derart klar kritisiert, hätte Lanz ihm allerdings vermutlich vorgeworfen, er rede die Dinge in feinstem Politiker-Sprech schön. Insofern hätte es da wohl einen dritten Weg gebraucht, aber der wurde hier nicht gefunden.