Seit dieser Woche steht fest: Deutschland wird der Ukraine Leopard-2-Panzer zur Verfügung stellen. Zudem wird die Bundesregierung anderen Verbündeten genehmigen, ebenfalls diesen Panzertyp zu liefern. Der Verteidigungsminister bezeichnet die Entscheidung als "historisch". Wie wird der Einsatz der Kampfpanzer den Kriegsverlauf beeinflussen? Was sind die Motive des Westens?
Lange wurde gezögert und jetzt ist die Entscheidung gefallen: Deutschland liefert schwere Kampfpanzer an die Ukraine. Es wird jedoch noch ein paar Monate dauern, bis die Leopard-2-Panzer in der Ukraine eintreffen. Ukrainer:innen sind von der schleppenden Handlungsfähigkeit des Westens enttäuscht.
"Wieso hat es so lange gedauert?", fragt Moderatorin Anne Will bei Journalist Georg Mascolo nach. Dieser glaubt, dass bei vielen der Eindruck entstanden sei, Deutschland wolle nicht liefern. "Ich denke, Deutschland wollte einfach nicht alleine liefern." Derweil kritisiert der SZ-Journalist an Scholz' Panzer-Entscheidung, dass sie bloß zu spät komme. Gleiches gilt auch für die Ausbildung ukrainischer Soldaten an den Panzern.
Die Parteivorsitzende der Linken Janine Wissler argumentiert, dass sie diplomatische Lösungen anstrebe. Es ist keine Überraschung, dass sie sich gegen die Lieferung der Leopard-2-Panzer stellt. Dabei kritisiert sie die Politik der regierenden Ampel: "Die Ampel ist erst mal angetreten mit: 'Keine Waffen in Kriegsgebiete.' Für mich stellt sich jetzt die Frage: Was kommt denn jetzt noch?" Eine Eskalation des Krieges – auch über die Ukraine hinaus – sei ihre Befürchtung. Der Krieg würde sich nicht militärisch beenden lassen, betont sie wiederholt und warnt vor einem Abnutzungskrieg mit vielen Toten, wenn nicht nach diplomatischen Initiativen gesucht wird.
Der SPD-Generalsekretär Kevin Kühnert kann nachvollziehen, dass Außenstehende die Entscheidungen der Regierung verstehen wollen. "Olaf Scholz hat durchaus immer wieder dargelegt, was die Parameter sind und wie er seine Entscheidungen trifft." Dennoch sei es nicht realistisch, jeden Entscheidungsprozess offenzulegen, so Kühnert. Indes reagiert die Publizistin Marina Weisband direkt und fordert, die Strategie des Kanzlers darzulegen. Als Deutsch-Ukrainerin liegt ihr daran besonders viel: "Wir müssen gucken, wie kriegen wir den Krieg so schnell wie möglich beendet. Jeder Tag kostet so unfassbar viel."
Darüber hinaus stellt sie die Motive des Westens infrage: "Ich kann nicht sagen, dass das Ziel der USA und das Ziel von Deutschland darin liegt, dass dieser Krieg so schnell wie möglich endet." Sie geht noch weiter: "Meine Vermutung ist – aus reiner Beobachtung der Handlungen – dass das Ziel der USA und von Deutschland ist, dass die Ukraine sehr langsam – nicht verliert – aber dass dieser Krieg möglichst lange dauert. Vielleicht um Russland zu schwächen, ich weiß es nicht." Da die Strategie und Zielsetzung nicht kommuniziert werde, bringe es auch nichts in Talkshows zu sitzen und zu spekulieren, führt sie weiter aus.
Das Netz reagiert auf ihre Aussagen:
Marina Weisband wirft mit ihrer Haltung eine neue Frage in den Raum: Wird der Krieg mit Waffenlieferungen verlängert? Militärexperte Carlo Masala ist sich sicher: "Ja, natürlich verlängern sie diesen Krieg." Wären die Waffenlieferungen jedoch ausgeblieben, wäre der Krieg zu Ende. Dann hätte Russland den Krieg nämlich gewonnen. Mit den Lieferungen würde der Westen demnach ukrainische Leben retten, argumentiert er.
Marina Weisband gefällt die Wende in der Debatte nicht: "Ich bin überhaupt nicht einverstanden mit der Diskussionslinie dieser Sendung: Entweder sofort den Konflikt einfrieren oder den Krieg verlängern durch Waffenlieferungen. Das ist eine falsche Dichotomie." Carlo Masala nickt zustimmend. Der Krieg hätte kürzer sein können. Aber man habe Putin die Zeit für Teilmobilisierungen und Soldaten-Ausbildung gegeben, begründet Weisband. "Mir kann doch keiner sagen, dass es den Krieg länger gemacht hätte, wenn wir nicht sofort Waffen geliefert hätten. Das Ziel des Westens ist es, nicht diesen Krieg so schnell wie möglich zu beenden."
Damit provoziert Anne Will den SPD-Politiker Kevin Kühnert: "Das geht an Sie. Ist das die reaktive Politik, die Menschenleben kostet?" Dieser reagiert angriffslustig, widerspricht sofort und fällt in den Verteidigungsmodus. Ihm passe nicht, dass Scholz aus jeder Ecke für seine politischen Entscheidungen kritisiert wird. Er betont, Entscheidungen würden Zeit brauchen und verteidigt, dass die Politik innehalte und Entscheidungen abwäge. "Vielleicht wäre es eine Idee, wenn die SPD den Koalitionspartnern mit Informationen füttert, damit diese dann nicht medienwirksam an die Öffentlichkeit gehen", entgegnet Masala.