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"Hart aber fair": Kipping irritiert Zuschauer – "unpassend"

Berlins Sozialsenatorin Katja Kipping (Linke).
Berlins Sozialsenatorin Katja Kipping (Linke).bild: screenshot ard
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"Hart aber fair": Kipping irritiert Zuschauer, ein anderer Gast muss in Plasbergs Büro

15.03.2022, 17:21
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Seit gut zwei Wochen führt Russland Krieg gegen die Ukraine, mehr als 2,5 Millionen Menschen befinden sich auf der Flucht. Frank Plasberg diskutiert das Thema: "Auf der Flucht vor Putin – wie können wir helfen?" mit folgenden Gästen:

  • Saskia Esken (SPD, Parteivorsitzende)
  • Katja Kipping (Die Linke, Senatorin für Integration, Arbeit und Soziales in Berlin)
  • Vassili Golod (WDR-Journalist mit russischen und ukrainischen Wurzeln; Podcaster)
  • Markus Kaim (Politikwissenschaftler; Leiter der Forschungsgruppe "Sicherheitspolitik" der Stiftung Wissenschaft und Politik)
  • Sergiy Osachuk, Gouverneur Chernowitz
  • Prof. Dr. Dirk Reinhardt (Direktor und Chefarzt der Kinderklinik am Universitätsklinikum Essen; hilft krebskranken Kindern aus der Ukraine)

Esken schließt Eingreifen der Nato nicht aus

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Die SPD-Parteivorsitzende Saskia Esken findet: "Wir müssen mit allem unterstützen, was wir können", gleichzeitig dürfe man nichts tun, um den Konflikt über die Grenzen der Ukraine hinaus auszuweiten. Ob sie ein Eingreifen der Nato grundsätzlich ausschließt, will Plasberg sogleich von ihr wissen. "Wir sind in einer Situation angekommen, dass wir zu nichts 'niemals' sagen sollten", antwortet Esken.

Da horcht Frank Plasberg auf: "Das ist kein 'Nein'", bohrt er nach. "Derzeit haben wir noch Hoffnungen", sagt Esken. Es gebe da noch weitere mögliche Maßnahmen und die bisherigen Sanktionen würden wirken. "Die russische Wirtschaft ist schwer geschädigt." Aber die Botschaft ist klar: Esken hält ein Eingreifen der Nato im weiteren Verlauf nicht mehr für ausgeschlossen.

Um eine diese Eskalation zu verhindern, hatte sich in der vergangenen Woche – ohne jeden offiziellen Auftrag der deutschen Regierung oder seiner Partei – Ex-Kanzler Gerhard Schröder auf den Weg zu Gesprächen mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin gemacht.

Plasberg fragt Esken, was alle umtreibt: Ob sie Neuigkeiten von Schröder habe. Sie reagiert kühl:

"Ich habe keine Informationen über die Reise von Herrn Schröder und auch nicht über die Rückkehr."
Saskia Esken

Kipping irritiert die Zuschauer mit ihrem Lächeln

Katja Kipping (Linke) irritiert die Zuscher mit ihrem Lächeln.
Katja Kipping (Linke) irritiert die Zuscher mit ihrem Lächeln. bild: screenshot ard

Die Berliner Sozial-Senatorin Katja Kipping berichtet, dass bisher 150.000 Geflüchtete nach Deutschland gekommen sind. Jetzt kämen auch immer mehr vulnerable Gruppen: Eingeschränkte, chronisch Kranke. Auch die krebskranken Kinder, die Dirk Reinhardt, Chefarzt der Kinderklinik am Universitätsklinikum Essen, betreut. Ihr Transport wurde durch Spenden bezahlt, die Kosten für die Behandlung würden "erstmal hinten angestellt".

Kipping betont, jeder Tag sei "ein Wahnsinnswettlauf. Es kommen sehr viele Menschen, und wir merken zugleich, das ist ja erst der Anfang. Die Bundesrepublik wird sich auf viel, viel größere Geflüchteten-Zahlen einstellen müssen als wir sie jetzt schon haben."

In Berlin würde man pro Tag 1000 Menschen über Landesstrukturen unterbringen, das sei das Maximum, was die 15 restlichen Bundesländer bisher täglich zusammen an Plätzen melden. Es sei eine "Aufgabe von nationaler Tragweite" und das "auf Langstrecke". Von einem schnellen Ende des Kriegs geht sie nicht aus. Darum müsse man die Kräfte einteilen, aber alles dafür tun, dass Kinder schnell in die Schule könnten und Erwachsene "unbürokratisch und schnell" Zugang zum Arbeitsmarkt bekommen. Das sei ja auch eine Chance, wo es Fachkräftemangel u.a. im Handwerk gebe.

Vielleicht ist es eine Art Mutmach-Versuch, vielleicht ist es persönliche Angewohnheit. Katja Kipping lächelt auffällig viel, auch wenn sie nicht spricht. Das wirkt irritierend bei diesem ernsten Thema, viele Zuschauer triggert es geradezu.

WDR-Journalist nimmt in Plasbergs Büro Platz

Überhaupt nicht zum Lachen ist dem russisch-ukrainisch verwurzelten WDR-Journalisten Vassili Golod zu mute. Er hat täglich mit den Bildern aus der Ukraine zu tun und er findet es "unerträglich."

WDR-Journaliust Vassili Golod musste in Plasbergs Büro Platz nehmen.
WDR-Journaliust Vassili Golod musste in Plasbergs Büro Platz nehmen.bild: screenshot ard
"Die Menschen kämpfen um ihre Heimat. Niemand in der Ukraine will von Wladimir Putin 'gerettet' werden. Die Menschen wollen einfach in Freiheit leben."
Vassili Golod

Für ihn steht fest: "Wir müssen lernen zu helfen. Es werden noch mehrere Millionen Menschen sein, die nach Deutschland und in andere EU Länder kommen."

Golod ist übrigens nur wenige entfernt vom Studio entfernt zugeschaltet: direkt aus Plasbergs Büro. Dort sitzt er am Rechner, im Hintergrund Plasbergs Lufthansa-Trolleys. “Es ist ein sehr schönes Büro, vielen Dank für das Asyl", bedankt sich der Gast beim Moderator. Eigentlich sollte er im Studio sitzen, aber 45 Minuten vor Sendebeginn schlug sein Corona-Test positiv an. So wurde er bei Plasberg quarantänisiert. "Schön saubermachen, wenn sie jetzt rausgehen", ruft der ihm am Ende zu.

Kaim nimmt Bundesregierung in Schutz

Markus Kaim befürchtet, dass bald Massenvernichtungswaffen zum Einsatz kommen.
Markus Kaim befürchtet, dass bald Massenvernichtungswaffen zum Einsatz kommen.bild: Screenshot ard

Was die wachsenenden Flüchtlingszahlen angeht, macht sich auch der Sicherheitspolitik-Experte Markus Kaim keine Illusionen. "Eine große Rücksichtslosigkeit gegen Zivilisten" und die völlige Zerstörung von Städten seien "die Handschrift der russischen Kriegsführung der letzten Jahre". Die Flüchtlingswelle sei für Putin "zumindest ein angenehmer, willkommener Nebeneffekt", um Europa zu spalten. Und so tapfer die Ukrainer auch verteidigen: Wenn Kiew umzingelt sei, würde es 10-14 Tage dauern, bis Kiew fällt, glaubt Kaim.

Aber was kann der Westen machen? Den Luftraum über der Ukraine zu sperren, wie von der Ukraine mehrfach verlangt wurde, findet er problematisch, da es dann auch dazu gehöre, russische Radaranlagen auf russischem Gebiet abzuschießen, und dann läge eine Eskalation des Krieges sehr nahe. Aber die Ukraine könne laut UN-Charta, wie jedes andere Land auch, andere Mächte einladen, bei der Verteidigung auf dem Gebiet der Ukraine zu helfen. Der geplante Einsatz von Massenvernichtungswaffen, von dem US-Dienste Kenntnis bekommen haben wollen, hält er dann aber doch für einen möglichen Wendepunkt hin zum Eingreifen der Nato.

Einen schnellen Putsch gegen Putin sieht er hingegen als unwahrscheinlich an. Dafür habe der Präsident noch zu viel Rückhalt in der Bevölkerung. Und wer denkt, dass ein bisschen Bibbern im eigenen Wohnzimmer Putins Gasexporte überflüssig mache, dem nimmt er die Illusion: "Das geht ein bisschen an den Dimensionen vorbei." Der Hauptkonsument sei die Industrie. Nur rund ein Drittel des Gases werden privat verbraucht. Darum will er die Bundesregierung "eher in Schutz nehmen", dass sie da vorsichtig reagiert.

Die unter Umständen mehrere Jahre geforderte Opferbereitschaft der EU-Bürger angesichts von steigenden Energiepreisen und Flüchtlingszahlen (er rechnet mit bis zu 12,5 Millionen) sollte man wohl wirklich nicht zu optimistisch einschätzen, wenn die erste Welle der Solidarität mit der Ukraine abgeebbt ist.

Sergiy Osuchuk sieht keine Alternative zum Kämpfen.
Sergiy Osuchuk sieht keine Alternative zum Kämpfen.bild: Screenshot ard

Fliehen kommt für Sergiy Osachuk, Gouverneur Chernowitz, nicht in Frage. "Es gibt keinen Ausweg, es gibt keine Alternative, denn Putin will uns umbringen, er akzeptiert die Anwesenheit des ukrainischen Volks nicht. Es ist ein Völkermord vor den Augen Europas." Er fordert Unterstützung vom Westen. "Das Haus brennt, bitte gebt uns ein Feuerlöschkommando und nicht Reinigungskräfte." Er meint damit nicht die Nato, sondern Waffenlieferungen und noch stärkere Sanktionen. Wenig versteckt wirft der ehemalige DAAD-Stipendiat in fließendem Deutsch dem Westen vor, dass dieser nicht alles tue, was in seinen Möglichkeiten steht. Polemisch fragt er:

"Wie viele Millionen Ukrainer müssen zum Opfer fallen, damit nach dem Krieg alle trauern und Kränze niederlegen?"
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