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"Markus Lanz": Haseloff schiebt Corona-Verantwortung weg – "Aufgabe der Ampel"

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Die Talkshowrunde bei Markus Lanz am Dienstagabend.Bild: screenshot zdf
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"Markus Lanz": CDU-Politiker Haseloff schiebt Corona-Verantwortung weg: "Aufgabe der Ampel"

03.11.2021, 06:23
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Die Chance, so viele wie möglich von einer Impfung zu überzeugen, wurde verpasst – so der Konsens der Talkrunde bei "Markus Lanz" am Dienstagabend. Trotz allem reagiert Deutschland noch immer zu langsam, bemängelt Physiker Dirk Brockmann. Auch mit der neuen Welle scheint die Politik überfordert zu sein. Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Reiner Haseloff schiebt die meiste Verantwortung lieber von sich weg: Das ist jetzt Aufgabe der neuen Bundesregierung.

Mit diesen Gästen spricht Lanz am Dienstagabend über Impfskepsis und Freiheiten in der Pandemie:

  • Reiner Haseloff, Politiker (CDU)
  • Robin Alexander, Stellvertretender Chefredakteur "Welt"
  • Dirk Brockmann, Physiker
  • Alena Buyx, Ethikerin
  • Svenja Flaßpöhler, Philosophin

Zu Beginn der Sendung geht es zunächst um die Neuaufstellung der CDU, die für die Wahl ihres künftigen Vorsitzenden eine Mitgliederbefragung heranziehen will. Das ist nach der verlorenen Wahl sinnvoll, findet Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Reiner Haseloff. "Sie nervt das doch total, wie Sie diese Wahl verloren haben", stichelt Lanz hinterher. "Ja, das ist richtig", gibt Haseloff zu. "Wir hätten die Wahl gewonnen, wenn wir einen Kandidaten gehabt hätten, der von der Basis mehr getragen worden wäre als er es letztendlich wurde." Politikjournalist Robin Alexander analysiert, dass Haseloff im Endeffekt damit sagen will: Wenn man auf ihn gehört hätte, hätte man die Wahl gewonnen. Haseloff lacht – und widerspricht nicht.

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Politikjournalist Robin Alexander und Reiner Haseloff sprechen über die personelle Neuaustellung der CDU. Bild: screenshot zdf

Keine Frau, kein Vertreter aus dem Osten Deutschlands, nur mittelalte Herren aus NRW stehen dabei nun zur Debatte. "Wir hatten 16 Jahre eine Frau. Das muss uns erstmal jemand nachmachen", redet Haseloff sich heraus. Zudem gebe es ja keine Doppelspitze, geht er der Frage weiter aus dem Weg. Und dann: "Wir müssen als CDU kein Problem damit haben, dass wir auch mal einen Mann ranlassen." Lanz lacht nur. Die CDU stützt sich noch immer auf Merkel. Also blickt sie mit Friedrich Merz in die Zukunft? "Bei uns gibt es eine Präferenz für Friedrich Merz", bekennt sich Haseloff - aber mal abwarten.

Drei Millionen der über 60-Jährigen sind nicht geimpft

Drängender ist derzeit die Corona-Lage in Deutschland: Die Infektionszahlen sind auf demselben Niveau wie im letzten Jahr, als Deutschland in den Teillockdown ging. Immer mehr Krankenhäuser melden, dass die Intensivstationen volllaufen. Die Delta-Variante sei einfach zu stark, erklärt Physiker Dirk Brockmann. "Dafür reicht die Impfquote nicht", stimmt ihm Medizinethikerin Alena Buyx zu, auch nicht in den vulnerablen Gruppen. Über drei Millionen Menschen der über 60-Jährigen sind noch nicht geimpft und deswegen einem Risiko ausgesetzt, schwer zu erkranken.

"Ich hätte gedacht, dass sich mehr Menschen impfen lassen."
Medizinethikerin Alena Buyx

Ungeimpfte würden die Gesellschaft im Stich lassen, sagt Haseloff. Der Großteil der Patienten in den Krankenhäusern sei schließlich ungeimpft. "Ich bin schon enttäuscht, dass sich über ein Drittel nicht impfen lässt," so Haseloff, und wirft manchen Skeptikern Wissenschaftsfeindlichkeit vor. Doch viele würden sich nicht mehr überzeugen lassen können, das müsse man akzeptieren. "Wir müssen das als Demokraten aushalten, dass wir von manchen Bürgern gebremst werden", gibt Haseloff schließlich zu verstehen.

Philosophin Svenja Flaßpöhler findet es schwierig, den ganzen Unmut auf Ungeimpfte zu richten. Viel größer sei doch das Problem, dass in Deutschland so viele Pflegekräfte gegangen sind – die Bezahlung sei einfach zu schlecht. "Glauben Sie nicht auch, dass diese Leute nach der Pandemie einfach die Faxen dicke haben?", wirft Alexander ein. Buyx stützt seine These: Die Pflegekräfte seien auch moralisch erschöpft – und dabei kommt doch wieder die Impfquote ins Spiel. "Jetzt kümmern sie sich hauptsächlich um Patienten, bei denen sie wissen, dass das vermeidbar gewesen wäre", erklärt Buyx die tragische Situation, andere Patienten deswegen unbehandelt lassen zu müssen.

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Medizinethikerin Alena Buyx zeigt wenig Verständnis für Ungeimpfte.Bild: screenshot zdf

Nur zwei Prozent der Ungeimpften ziehen die Impfung noch in Erwägung

Lediglich zwei Prozent der bislang Ungeimpften in Deutschland denken noch darüber nach, sich möglicherweise in Zukunft impfen zu lassen – der Rest lehnt sie weiter ab. Dieses Virus und das Risiko betreffe viele unterschiedlich, versucht Flaßpöhler eine Erklärung zu finden. Zudem sei das Vertrauen in die Politik bei vielen nicht mehr da, die Impfung betreffe außerdem die Sensibilität der Menschen.

"Wir haben auch in anderen Bereichen das Recht, jeden Eingriff in unseren Körpern erstmal abzulehnen."
Philosophin Svenja Flaßpöhler

"Es muss doch möglich sein, diese Impfung als sinnvoll darzustellen", redet sich Alexander in Rage. Brockmann habe mit rationalen Erklärungen persönlich gute Erfahrungen gemacht: "Es gibt Menschen, die vor etwas, das sie nicht kennen, einfach Angst haben." In familienorientierten Ländern wie Portugal und Spanien habe man besser vermittelt, dass die Impfung auch andere schütze, stellt er fest.

Physiker Dirk Brockmann
Physiker Dirk Brockmann versucht, mit rationalen Argumenten für die Impfung zu werben.Bild: screenshot zdf

Buyx stimmt zu, doch diese Chance habe Deutschland bereits verpasst. "Bestimme Menschen wird man mit dem Narrativ Solidarität nicht erreichen", sagt die Vorsitzende des Deutschen Ethikrats. Man müsse nun verschiedene Möglichkeiten ausprobieren: Einerseits niedrigschwellige Angebote wie eine Bratwurst für eine Impfung, andererseits rationale Erklärungen sowie das Vorantreiben der Boosterimpfungen.

Haseloff schiebt Verantwortung auf neue Regierung

Und was sagt Haseloff? Er versucht, das meiste von sich wegzudrücken – über eine Impfpflicht für einzelne Berufsgruppen müsse der Ethikrat nachdenken, über stärkere Einschränkungen für Ungeimpfte die neue Bundesregierung. Letzteres sei demnach "Aufgabe der Ampel". Die Entscheidung, ob Testangebote doch wieder kostenlos verfügbar sein sollen, müsse schließlich der nächste Finanzminister, "vermutlich Herr Lindner", treffen. Zwischen den Zeilen sagt Haseloff jedoch, dass die Politik mittlerweile an einem toten Punkt angekommen ist, wenn es darum geht, Menschen noch von der Impfung zu überzeugen.

Pandemie ist keine Privatsache

Buyx widerspricht Haseloff: Die Politik ist natürlich gefragt – "die Wissenschaft hat doch grundsätzlich geliefert" und sowohl die Impfung als auch die Wirkung von Schutzmaßnahmen ausreichend erklärt. Nun müsse man sich bemühen, genug Maßnahmen für den Winter "grundrechtsschonend" Schritt für Schritt durchzusetzen, um die Situation beherrschbar machen.

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Philosophin Svenja Flaßpöhler sagt, man solle nicht den ganzen Unmut auf Ungeimpfte schieben.Bild: screenshot zdf

Eine Impfung betrifft den eigenen Körper – doch ist die Pandemie wirklich Privatsache? Nein, lautet der Konsens in der Runde. "Aber auch", wirft Flaßpöhler ein. Brockmann versucht es erneut mit einer rationalen Erklärung: "Eine Virusinfektion hat immer mit zwei Menschen zu tun." Eine Pandemie ist immer ein kollektives Phänomen, bei dem es um Kontakte geht - keine Privatsache also.

"Impfung ist doch nicht das Gegenteil von Freiheit, sondern der Lockdown"

Trotz allem werde aber noch immer zu langsam reagiert, bemängelt er, als wäre man "in einem stationären Zustand", der einem lange Zeit gibt. Auch mit dieser Welle scheint Deutschland überfordert zu sein – diesen Eindruck teilen viele. Viele Ungeimpfte noch von der Impfung zu überzeugen, wurde offensichtlich verpasst. Dabei betont Alexander im Hinblick auf die Argumente der Impfskeptiker: "Die Impfung ist doch nicht das Gegenteil von Freiheit, sondern der Lockdown." Buyx stimmt ihm zu und ergänzt: Der Trotz vieler Ungeimpfter ist eine erstaunlich "selbstbindende Reaktion".

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