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"Markus Lanz": Insider packt über Putin-Palast aus – "Ohne jede Atmosphäre"

Rüdiger von Fritsch war deutscher Botschafter in Russland und saß schon an Putins berühmt gewordenen Riesen-Tisch.
Rüdiger von Fritsch war deutscher Botschafter in Russland und saß schon an Putins berühmt gewordenen Riesen-Tisch. Bild: ZDF
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"Markus Lanz": Botschafter verrät Details zu Putins Palast – "ohne jede Atmosphäre"

18.02.2022, 10:57
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Offiziell sollte es nur ein Antrittsbesuch von Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) bei Wladimir Putin werden, doch natürlich wurde es zum Treffen, auf das die ganze Welt guckte. Markus Lanz bespricht die Lage in der Ukraine-Krise, Scholz' Auftritt und Putins berühmt gewordenen Tisch mit folgenden Gästen:

  • Norbert Röttgen, CDU-Außenpolitikexperte
  • Rüdiger von Fritsch, ehemals deutscher Botschafter in Russland
  • Kerstin Münstermann, "Rheinische Post"-Redakteurin
  • Anna Lehmann, Leiterin des "taz"-Parlamentsbüros

Journalistin: Putin betreibt "Schikane"

Die Journalistin Kerstin Münstermann war mit Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) bei Wladimir Putin.
Die Journalistin Kerstin Münstermann war mit Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) bei Wladimir Putin. null / screenshot zdf

Zur Vorbereitung hat sie wie alle Reisenden drei PCR-Tests in vier Tagen gemacht. Und den vierten Test gab es dann in Moskau. Die Journalistin Kerstin Münstermann ("Rheinische Post") war Teil der Delegation, die Bundeskanzler Olaf Scholz zum Antrittsbesuch in Moskau begleitet hat. Dass Scholz den Test nicht von russischen Ärzten hat durchführen lassen, sondern einer Ärztin aus der deutschen Botschaft "mit einem mitgebrachten Laborkasten" ins Flugzeug bat, hat für Schlagzeilen gesorgt.

Warum überhaupt der vierte Test? "Wladimir Putin hat offenbar eine große Corona-Angst", sagt Münstermann ironisch. Denn eigentlich ist sie sicher: "Es ist Schikane". Doch andererseits mussten die russischen Kameraleute vor dem Termin zwei Wochen in Quarantäne gehen. Insgesamt hatte sie den Eindruck:

"Es war ein bisschen wie am Hofe, alles dient der Machtdemonstration."
Kerstin Münstermann

Scholz war sehr angespannt, aber auch sehr gut vorbereitet. Das Treffen sei "ein psychologisches Spiel, ein Wettkampf" gewesen. Aber Scholz am Ende zufrieden und erleichtert. "Er hatte auch für sich das Gefühl, er wurde auf Augenhöhe wahrgenommen."

Zeitgleich zu Scholz' Reise machte die Nachricht die Runde, dass Russland einen Teil seiner Truppen abzieht. "Es war eine Geste, aber ob es wirklich eine Friedensbotschaft war, da wäre ich vorsichtig", findet Münstermann.

Russland verstehen lernen

Journalistin Anne Lehmann meint, man solle versuchen, die russische Seite zu verstehen.
Journalistin Anne Lehmann meint, man solle versuchen, die russische Seite zu verstehen.bild: screenshot zdf

Anne Lehmann, Leiterin des "taz"-Parlamentsbüros, bemüht sich generell um Verständnis für die russische Seite. "Jetzt, da Putin seine Armee aufmarschieren lässt, hört man ihm zu." Davor habe der Westen Russland 30 Jahre "abtropfen lassen". Die Sowjetunion sei bei der Deutschen Vereinigung und dem folgenden Beitritt in die Nato "in Vorleistung gegangen".

"Man sollte sich stärker in die russische Perspektive hineinversetzen, man muss sie ja nicht teilen, aber man muss verstehen, wie Russland tickt."
Anne Lehmann

Die Diskussion um Nord Stream 2 sei hingegen "von allen Seiten bigott". Deutschland, die USA, Russland, die europäischen Länder, alle hätten ihre eigenen Interessen. Und fürs Engagement von Ex-Kanzler Gerhard Schröder im russischen Energie-Business nur 17 Tage nach seinem Abtritt als Bundeskanzler hat sie keinerlei Verständnis: "Es bleibt unanständig."

Röttgen übt harsche Kritik an Schröder

CDU-Außenpolitik-Experte Norbert Röttgen traut Wladimir Putin nicht.
CDU-Außenpolitik-Experte Norbert Röttgen traut Wladimir Putin nicht. bild: screenshot zdf

Der CDU-Außenpolitikexperte Norbert Röttgen geht ebenfalls hart mit dem Ex-Kanzler ins Gericht, der für Nord Stream und Rosneft tätig ist und bald auch im Gazprom-Aufsichtsrat sitzen soll.

"Er wird dafür bezahlt, dass er die politischen Interessen Wladimir Putins vertritt. Es ist beschämend und es ist unwürdig."
Norbert Röttgen

Mit der Fertigstellung von Nord Stream 2 wäre Russland nicht mehr auf die Pipeline angewiesen, die die Ukraine kreuzt. "Und das macht Nord Stream 2 zur Waffe", findet Röttgen. Weil Russland dann gar keine Rücksicht mehr auf die Ukraine nehmen müsse.

Lobende Worte hat er hingegen für Bundeskanzler Olaf Scholz übrig, der seinen Antrittsbesuch "gut" gemacht habe, nur am Abzug der Truppen zweifelt er noch. "Genährt worden ist vor allem ein bisschen Hoffnung, aber vielleicht wird auch genau damit gespielt. Der Westen, der müde ist und Hoffnung will." Denn es habe am selben Tag massive Cyberattacken auf die Ukraine gegeben und das russische Parlament hat sich für eine offizielle Anerkennung der Unabhängigkeit der Separatistengebiete in der Ostukraine ausgesprochen. Nach Frieden klingt das wirklich nicht.

Es wird deutlich, dass er Putin nicht über den Weg traut. Und das glaubt er auch von den ehemaligen Sowjet-Republiken, die mittlerweile Nato-Mitglieder sind. Es seien alles unabhängige Staaten, die den "Schutz der Nato zu ihrem eigenen Schutz gesucht haben". Das sei keine Nato-Expansion gewesen, sondern "ein Freiheits- und Emanzipationsprozess der Staaten". Das Ende der Sowjetunion war eine schwierige Zeit für viele ehemalige Sowjetbürger. Als dann im Jahr 2000 Putin an die Macht kam, sei er vor allem beliebt gewesen, weil er das Land wieder geordnet habe.

"Er hat den Nationalstolz wieder hergestellt." Doch die Unzufriedenheit unter den Russen wächst. Was Putin da am wenigsten gebrauchen könne, sei noch eine ehemalige Sowjetrepublik vor der eigenen Haustür, die ihren Weg gehe. "Die Ukraine darf kein Erfolg werden, sonst kommt der Druck vom russischen Volk."

Ex-Botschafter mit Details zu Putin-Palast

Ex-Botschafter Rüdiger von Fritsch glaubt, dass Putin vor allem "Respekt" will.
Ex-Botschafter Rüdiger von Fritsch glaubt, dass Putin vor allem "Respekt" will.bild: screenshot zdf

Von 2014 bis 2019 war Rüdiger von Fritsch deutscher Botschafter in Russland. Er hat auch schon am inzwischen legendär gewordenen, weißen Sechs-Meter-Tisch gesessen. Der steht in einer von Putins Residenzen, dem Palast Nowo-Ogarjowo rund 30 Kilometer westlich vom Kreml. Hier wohnt und empfängt er nach Einschätzung des Diplomaten am liebsten, wenn er nicht in seiner Heimatstadt St. Petersburg weilt.

"Im Kern ist es ein alter Palast, den man klobig umgebaut hat. Er wirkt unpersönlich, grau und braun, nicht modern. Es ist ein eigentümlicher Palast ohne jede Atmosphäre", findet der Diplomat. Eine deutsche Landesministerin, mit der er dort zu Gast war, vermutete: "Hier hat nie eine Frau Hand angelegt."

Als der Diplomat am ovalen Tisch Platz genommen hat, saß er Putin an dem lang gestreckten Oval übrigens viel näher als neulich Olaf Scholz, weil sie sich da an den langen Seiten gegenüber saßen statt an den weit entfernten Enden.

Putin ist ein Mann, der auf Symbole Wert legt. Das hat von Fritsch vom ehemaligen deutsche Außenminister Hans-Dietrich Genscher gelernt. Als die beiden Putin einmal sahen, sagte Genscher: "Haben Sie gesehen, wie der Mann durch die Tür gekommen ist? Dem müssen sie zwei Ehrenformationen hinstellen."

Aber wenn es nach von Fritsch geht, war Deutschland Russland nach der Wende ein respektvoller und verlässlicher Partner. Man sei immer "besonders auf Russland eingegangen", nur auf Drängen Deutschlands sei aus dem Zusammenschluss der sieben wichtigsten Industrienationen durchs Hinzustoßen von Russland G8 geworden. Von russischer Seite habe es hingegen wenig Entgegenkommen gegeben.

Die Vorhergehensweise Russlands in der Ukraine-Krise findet von Fritsch charakteristisch:

"Das ist typisch russische Politik: Massiv zehn Schritte vorpreschen, dann einen halben zurück und sagen: 'Sind wir nicht Friedensengel?'"
Rüdiger von Fritsch

Jetzt, mit dem Scholz-Besuch sei aber "eine kleine Gelegenheit geschaffen worden für Diplomatie". Dass Russland sich durch einen Nato-Beitritt der Ukraine bedroht fühlen könne, lässt er nicht gelten, gerade angesichts des eigenen Umgangs mit ehemaligen Sowjet-Republiken. "Russland hat Befindlichkeiten, die hat aber Estland auch. Warum nimmt sich das größte Land der Erde ständig die Befindlichkeiten heraus, beleidigt zu sein?"

Russland stehe vor einem erheblichen Problem, weil sein Wirtschaftsmodell, der Export von fossilen Brennstoffen, nicht mehr ewig funktioniere. Und wenn es sich weiterhin vom Westen abgrenze, werde es "mehr und mehr zum Juniorpartner von China", bei dem man aufpassen müsse, "nicht freundschaftlich so umarmt zu werden, dass einem die Luft weg bleibt".

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