Immer weniger Menschen in Deutschland essen Fleisch, was aber nicht nur aus moralischen Überlegungen geschieht, sondern seit dem russischen Angriffskrieg in der Ukraine vermehrt auch aus ökonomischen Gründen.
"Die Schnitzel-Frage im Supermarkt: billig, Bio oder besser gar nicht?“, fragte Moderator Louis Klamroth am Montagabend bei "Hart aber fair" seine Gäste.
Cem Özdemir versucht über die gesamte Sendung hinweg seine neuen Gesetzesvorschläge zu Tierhaltung und Besteuerung von Lebensmitteln zu verteidigen. Handelsvertreter Stefan Genth und CDU-Politiker Albert Stegemann bleiben skeptisch, während sich Landwirtin Gesa Langenberg generell mehr politische Unterstützung für die Bauern bei der landwirtschaftlichen Transformation wünscht.
Moderator Louis Klamroth will schon zu Beginn der Sendung von Bundesminister Cem Özdemir wissen, ob nicht vegetarische Ernährung die beste Lösung wäre. Der Grünen-Politiker, der selbst Vegetarier ist, reagiert sehr diplomatisch: "Jeder muss für sich selbst entscheiden." Er betont die Wichtigkeit von Fleisch für die Kreislaufwirtschaft, beispielsweise für Dünger.
Landwirtin Gesa Langenberg hält 3400 Schweine auf ihren Hof und hält inzwischen einige Tiere in der sogenannten Haltungsform 4. Klamroth hakt zu Recht nach, was diese Haltung überhaupt bedeutet, woraufhin die Landwirtin die Maßnahmen auf ihren Hof erklärt, beispielsweise gibt es doppelt so viel Platz, wie in Haltungsform 2 und einen Frischluftzugang für die Tiere.
Als zusätzliche Erläuterung hat die Redaktion von "Hart aber fair" Profikoch Ralf Zacherl zu zwei Höfen geschickt. Der erste Hof entsprach der höheren Stufe. Der Bauer des Betriebs machte aber klar deutlich, dass damit hohe Investitionen verbunden sind. Beim zweiten Landwirt, der Schweine nach Haltungsnorm 2 hielt, wurde dem Gastronomen deutlich mulmiger, als er ein Mutterschwein auf Plastik liegend ihre Ferkel füttern sah. "Es bricht einem das Herz", so der Fernsehkoch.
Viele Menschen kaufen allerdings zu wenig Fleisch aus höheren Haltungsformen. Die Bauern haben viel investiert, tragen ein unternehmerisches Risiko, betont auch Landwirtin Langenberg. Die Bauern sind bereit für mehr Tierwohl, benötigen aber Unterstützung vom Staat. Özdemir will mit einer Anschubfinanzierung zusammen mit dem Handel helfen, diese Finanzierung wird von Stegemann in der Luft zerrissen. Der Agrarpolitiker behauptet, dass der Minister zwar Handeln verspricht, aber viel zu wenig Geld bereitgestellt werde, erst recht seit der Inflation.
Özdemir möchte neben dem finanziellen Anschub vor allem ein neues zusätzliches Label, das laut ihm mehr Transparenz verspricht, einführen. Insbesondere Landwirtin Langenberg sieht Schwierigkeiten in der Umsetzung, findet die Ansätze des neuen Labels aber gut.
Als es um die Vergrößerung der Haltungsfläche von Schweinen geht und Moderator Klamroth zwei Holzplatten als Vorstellungsmodelle hervorholt, geht insbesondere CDU-Politiker Stegemann aus dem Sattel und wirft dem Landwirtschaftsminister vor, dass er sein eigenes Gesetz nicht kennen würde. Özdemir könne sich außerdem in der eigenen Koalition nicht mit dem Vorschlag durchsetzen. Der Minister möchte die Fläche um 20 Prozent erhöhen, im Gespräch sind bisher nur 12,5 Prozent.
Louis Klamroth begibt sich kurz zu Ursula Sachs. Sie tut sich zunehmend schwer mit ihrer kleinen Rente ihre Einkäufe zu erledigen, verzichtet auf viele Produkte und ist dabei selbst ehrenamtliche Leiterin einer Tafel in Berlin. Moderator Klamroth hat Probleme damit, ein zielführendes Gespräch zu führen, entlockt der Rentnerin gegen Ende dennoch eine wichtige Aussage. Denn ihr Gefühl ist, dass die Politik zu wenig gegen die aktuelle Preisentwicklung tut.
Der Vorschlag von Grünen-Politiker Özdemir, die Mehrwertsteuer auf gesunde Lebensmittel wie Obst, Gemüse oder Hülsenfrüchte zu erlassen, wird in der Runde sehr kritisch gesehen. CDU-Politiker Stegemann spricht von einem staatlichen Griff in den Kühlschrank. Handelsgeschäftsführer Genth sieht in der Lösung eine falsche Lenkungspolitik, da es eben nicht nur den Menschen mit geringen Einkommen hilft. Für die Landwirtin geht der Vorschlag deutlich zu weit, während TV-Koch Ralf Zacherl damit leben kann und es nicht als direkten Eingriff sieht.
Cem Özdemir darf im Anschluss noch ausführlich seine Geschichte erzählen, wie er mit 17 zum Vegetarier wurde und sich gegen seine Eltern durchsetzen musste. Gastronom Zacherl stellt klar, wie sehr sich das Bild vom Vegetarismus gewandelt hat, er macht nun ein Drittel seines Umsatzes mit vegetarischen Gerichten. "Etwas weniger Fleisch auf dem Teller bedeutet nicht gleich weniger Genuss, vegetarisch kann genauso sexy sein", so der Fernsehkoch. Auf Twitter wird bemängelt, dass kein einziger veganer Gast eingeladen wurde:
Zum Abschluss der Sendung wird noch das mögliche Werbeverbot für Lebensmittel, die explizit an Kinder gerichtet sind, diskutiert. Der Handel befürchtet hier große Einschränkungen, Genth ist aber beruhigt, dass Özdemir bei seinem ersten Vorschlag inzwischen etwas zurückgerudert ist. Für Stegemann ist diese Idee des Grünen-Politikers eine neue Verbotskultur. Özdemir ist sicher: "In 20 Jahren werden wir auf Werbung für Zuckerbomben draufschauen wie jetzt auf den Marlboro-Man." Eine Werbefigur, die das Rauchen gefeiert hat.
Für Stegemann ist es anmaßend, Süßigkeiten mit Zigaretten zu vergleichen. Ralf Zacherl sieht keinen massiven Eingriff, wünscht sich aber zugleich mehr Ernährungsbildung. Einer Schulklasse hat er zuletzt Gemüsesorten gezeigt und viele Schüler erkannten beispielsweise nicht mal eine Zucchini, denn es wird immer seltener zu Hause gekocht, so der Gastronom. Als sich HDE-Geschäftsführer Genth und Özdemir noch über die sogenannte Quengelware im Supermarkt in die Haare bekommen und über Kindererziehung philosophieren wollen, unterbricht Moderator Klamroth mit dem nicht ganz ernstgemeinen Hinweis auf eine eigene Sendung zum Thema Kindererziehung abrupt und gibt über zu den "Tagesthemen".