Jachten, Mini-U-Boote und eigene Rugby-Mannschaft. Wie leben und denken eigentlich die Superreichen dieser Welt? Und wie schaffen sie es, so viel Geld zu bekommen – und auch zu behalten? Diesen Fragen sind die beiden Journalist:innen Jochen Breyer und Julia Friedrichs in ihrer neuen Dokumentation "Die geheime Welt der Superreichen" nachgegangen. Diese ist seit dem 11. Dezember in der ZDF-Mediathek und am 12. Dezember um 20.15 Uhr im ZDF zu sehen.
237 Milliardäre gibt es in Deutschland. Nur in zwei Ländern der Welt gibt es mehr Superreiche. Neu ist jetzt: Es sind sogar noch mehr, als offiziell bekannt ist. Zwar veröffentlicht das Manager-Magazin regelmäßig eine Liste der reichsten Deutschen, doch darauf fehlten bislang noch einige Namen.
Das sind nämlich die Namen der Menschen, die genug Geld hatten, sich aus dieser Liste rauszuklagen. Doch ein Rechercheteam des Netzwerks Steuergerechtigkeit hat nun selbst ermittelt, wer die fehlenden deutschen Superreichen Deutschlands sind.
Dazu gehört auch der Platz 1 der Superreichen: Die Familien Boehringer und von Baumbach, die mit ihrem Pharmaunternehmen Boehringer Ingelheim auf ein Vermögen von 50 Milliarden Euro kommen.
Jetzt könnte man sagen: Gut, dann haben wir eben in Deutschland mehr superreiche Menschen, als wir dachten. Entscheidender ist doch: Dafür haben wir doch auch mehr Steuergeld-Einnahmen als gedacht. Oder?
Die ZDF-Doku zeigt eine andere Wahrheit: Umso mehr Vermögen da ist, umso geringer ist die Steuerlast oftmals.
Diejenigen Superreichen, die noch in Deutschland wohnen, brüsten sich in der Doku damit, dass sie ja brav ihre hohen Steuern abdrückten. Harald Christ ist ehemaliger Schatzmeister der FPD und Chef der Beraterfirma Christ&Company Consulting. Auch ihm wurden schon "Steueroptimierungs-Modelle" angeboten. Doch er will sein Vermögen lieber stiften und "Verantwortung übernehmen". Christ sagt: "Keiner, der Geld hat, muss in diesem Land bleiben. Und die, die da sind, die (...) zahlen auch Steuern."
Der Journalist Jochen Breyer sprach in der Doku auch mit dem Multimillionär Rainer Zitelmann, dem Erben einer Privatbank-Familie Thomas Bscher, sowie Hans-Peter Wild, Gründer des Softdrinks Capri-Sonne. Sie selbst finden in den Gesprächen nichts falsch oder ungerecht daran, dass sie selbst reich sind und so viele andere arm. Wild sagt in seinem Privatjet zu Breyer: "Ich habe immer hart gearbeitet. Und dann braucht der Mensch etwas zum Loslassen. Und das ist fun. Und das ist auch dieses Flugzeug."
Aber alleine die Tatsache, noch in Deutschland zu wohnen, heißt nicht, dass man zwangsläufig hier auch seine Steuern zahlt – gerade als Superreicher gibt es viele Schlupflöcher. Wie diese am besten zu nutzen sind, lernen die Millionäre und Milliardäre offenbar oftmals in speziellen Seminaren.
In der ZDF-Doku geht es speziell um ein Steuervermeidungs-Seminar der Firma Flick Glocke Schaumburg (FGS) mit dem Titel "Aktuelle juristische und steuerliche Entwicklungen für familiy offices & Familienunternehmen".
Dort gibt es zahlreiche Tipps, wie Superreiche Steuern oder "schädliches Vermögen", wie es in diesem Umfeld genannt wird, vermeiden können. Ein FGS-Berater ist vor der Kamera zu sehen, wie er folgende Tipps gibt:
Einen besonderen Auftritt hat in der Doku von Breyer und Friedrichs eine gewisse Gerda Hoffmann, die hier in "privater" Funktion spricht. Sie ist beruflich Ministerialrätin im Bundesfinanzministerium und unter anderem verantwortlich für die Bereiche Erbschaftsteuer, Grundsteuer und Vermögensteuer. Ganz privat verrät dann also eine leitende Angestellte des Bundesfinanzministeriums den Superreichen ihre besten Steuer-Spartricks.
So erzählt sie den anwesenden Hochvermögenden und ihren Berater:innen während die versteckte Kamera läuft beispielsweise, dass sie erst vor wenigen Tagen erfahren habe, dass bald das Ende eines Steuerschlupfloches drohe. Doch die Superreichen sollten sich nicht sorgen, so weit werde es nicht kommen: Sie, Gerda Hoffmann, habe da ja immer noch ihren "Werkzeugkasten".
SPD-Generalsekretär Kevin Kühnert zeigt sich vom Video geschockt und sagt wörtlich: "Das ist ein dickes Ding. Wut ist ein zu kleiner Ausdruck, für das, was ich da gerade gehört habe." Er betont gegenüber dem ZDF-Journalisten: "Das kann nicht ohne Konsequenzen bleiben." Was Gerda Hoffmann sage, baue auf dienstlich erlangtem Wissen auf. Es entstehe der Eindruck, sie ziehe aus der Tätigkeit für die Regierung und das Gemeinwesen Wissen heraus, das für Kapitalinteressen an anderer Stelle eingesetzt wird.
Es gibt offenbar großen Kanzleien, deren Geschäft es ist, dass Superreiche möglichst wenig Steuern zahlen müssen. Sie beschäftigen hoch spezialisierte Berater:innen, die komplexe Steuersparmodelle für Hochvermögende konstruieren. Ein Informant aus der Branche verrät den beiden Journalist:innen in der Doku während eines anonymen Interviews: Durch aggressive Steuergestaltung sei es auf legalem Wege möglich, den Steuersatz auf Vermögenserträge auf unter ein Prozent zu drücken
Der absolute Profi-Trick, um gar keine Steuern zu zahlen, wird dann auch noch an einem Beispiel erklärt: Es geht um ein "Geschenk", das Friede Springer 2020 dem Axel-Springer-Vorstandsvorsitzenden Mathias Döpfner machte. Sie schenkt ihm ein Aktienpaket des Medienunternehmens Axel Springer im Wert von 1 Milliarde Euro. Schön für Döpfner und schön für das Bundesland Brandenburg, dem damit als Döpfners Wohnsitz eigentlich 300 Millionen Euro Steuern zustehen würden.
Bisher hat das Finanzamt Brandenburg laut Angaben der ZDF-Doku jedoch keinen einzigen Cent gesehen. Und das ist ganz legal. Und zwar mit der Verschonungsbedarfsprüfung.
Die Verschonungsbedarfsprüfung gestattet es also "armen" Milliardären, keine Steuern auf Erbschaften oder Milliardengeschenke zu zahlen, wenn sie das gerade nicht können.
Und Mathias Döpfner hat, was für ein Zufall, kurz vor dem Erhalten seines Geschenks der Springer-Erbin selbst um die 270 Millionen Euro Anleihen von Axel Springer gekauft. Hups, damit war das eigene Vermögen plötzlich weg. Und damit musste Döpfner ganz offiziell und legal auf ein Geschenk von 1 Milliarde Euro null Prozent Steuern zahlen.
Viele Millionäre und Milliardäre lassen sich gerne in Ländern wie der Schweiz nieder, wo sie wenig Steuern zahlen müssen. Aber auch diejenigen, die das nicht tun, müssten oft gar nicht so viel Steuern zahlen, zeigt die Doku. Warum? Sie hätten ein Druckmittel gegenüber der Politik: Entweder Steuersenkung oder sie verlassen das Land und müssten dann gar keine Steuern mehr bezahlen. Und die Politik? Die würde einknicken, heißt es in der Doku.
Tatsächlich wurden in den letzten Jahrzehnten in Deutschland die Vermögenssteuer, die Unternehmenssteuer sowie der Spitzensteuersatz gesenkt. Während ein normaler Angestellter an die 48 Prozent Steuern zahlt, zahlt ein Superreicher im Schnitt nur halb so viel: nämlich 24 Prozent.