"Stern TV" steht für einen wilden Themen-Mix. Und in dieser Sendung treiben sie es auf die Spitze. Da geht es erst um wachsende Probleme bei der Unterbringung von Flüchtlingen und dann um den "Barbie"-Film. Und das Ganze auch noch mit Studiogästen wie zum Beispiel der Rapperin und Sprachwissenschaftlerin Reyhan Şahin und dem Film-Bösewicht Claude-Oliver Rudolph.
Zu Beginn widmet sich die Sendung aber der Politik. Angesichts weltweiter Krisen und Kriege und der daraus resultierenden Fluchtbewegungen ächzen viele Kommunen unter der Aufgabe, weitere Geflüchtete unterbringen zu müssen.
Aber nicht nur das. Auch die Bereitschaft der deutschen Bevölkerung scheint abzunehmen: So stieß ein Bauunternehmer auf massive Gegenwehr der Bevölkerung, als er in Oeventrup bei Dortmund in einem ehemaligen Kloster 450 Geflüchtete unterbringen wollte. Als er schließlich aufgab und auf einer Versammlung verkündete, von seinen Plänen abzulassen, gab es gewaltigen Jubel der Anwesenden.
In Borg im Kreis Unna gibt es hingegen seit Kurzem eine Zeltstadt für Geflüchtete. Die Anwohnerin Melanie Offermann berichtet zuerst in einem Beitrag, dann als Gast in der Sendung, dass sie morgens beim Spazierengehen in gewisser Weise überrascht worden sei.
Man habe ihnen ukrainische Familien angekündigt, vor die Nase gesetzt hätte man ihnen aber 700 Männer aus Syrien und Afghanistan. "Es sind viele nette dabei", betont sie. Aber ihre Tochter im Teenager-Alter habe leider auch unangenehme Begegnungen mit Geflüchteten erleben müssen. So unangenehm, dass sie nun nicht mehr allein im Dunkeln vor die Tür darf.
Aber vor allem kritisiert die Anwohnerin die Politik und die "nicht wirkliche Transparenz in der Kommunikation".
Journalist und RTL-Politikchef Nikolaus Blme warnt daraufhin: "Jede Art von Verunsicherung und Frust spielt der AfD in die Karten, sie lebt davon." Als Folge gibt Mario Löhr, SPD-Landrat im Kreis Unna, zwar zu, dass man die Menschen "mehr mitnehmen" müsse, konkreter wird er aber nicht.
Der Bundesprecher der Grünen Jugend, Timon Dzienus, hat für die Klage der Anwohnerin hingegen "relativ wenig Verständnis". Die Unterscheidung von Geflüchteten anhand der Herkunft findet er nicht zulässig. Man müsse mit den Gegebenheiten umgehen. Auch, als Moderator Dieter Könnes fragt, ob man nach österreichischem oder dänischem Vorbild nicht durch eine andere Politik die Zahlen der Geflüchteten verringern könne.
Journalist Blome wirft dem Grünen daraufhin Ignoranz vor. "Unser Asylrecht belohnt die Falschen und bestraft die, die wirklich Hilfe brauchen und das wissen Sie, aber Sie tun nichts, weil es gegen die DNA der Grünen geht."
Eine Umfrage unter den Zuschauer:innen der Sendung endet jedenfalls alarmierend: Auf die Frage "Steigende Flüchtlingszahlen – Vertrauen Sie darauf, dass die Regierung es in den Griff bekommt?" antwortet die absolut überwiegende Mehrheit von 93 Prozent der Abstimmenden, dass sie sich große Sorgen mache. Sechs Prozent haben Zweifel am Handeln der Regierung und und nur ein Prozent ist voller Zuversicht.
Einen größeren Themawechsel könnte man sich wohl nicht vorstellen, als vom Umgang mit Flüchtlingen zum "Barbie"-Film, aber dieses Themenspektrum ist typisch für Stern TV.
"Barbie" ist einer der großen Blockbuster 2023. 130 Millionen Dollar hat er gekostet, fürs Marketing standen sogar 150 Millionen Dollar bereit.
Reyhan Şahin aka Lady Bitch Ray ist zwar in Barbie-Rosa erschienen, sieht sich aber eher als "Barbitch" denn als Püppchen. Ganz anders hingegen die Ex-Frau des österreichischen Bauunternehmers und Alters-Playboys Richard "Mörtel" Lugner: Cathy Lugner kommt ebenfalls in Pink.
Auch ihr Auto ist pink, wie sich auf einem eingeblendeten Foto zeigt. "Ich habe jeden Tag stundenlang mit einer Barbie gespielt", erinnert sich Lugner an ihre Kindheit. Aber sie habe "keinen psychischen Schaden davon getragen". Schauspieler Claude-Oliver Rudolph hat da seine Zweifel: "Wenn man das Auto sieht – weiß ich nicht."
Das Schauspiel-Enfant-Terrible witzelt und provoziert sich durch die Sendung. Er erzählt, dass er sich als Junge mit seiner Cousine eingeschlossen und Ken und Barbie untersucht habe. "Die hatten kein Schniedel und keine Vagina." Das hätte sie so sehr enttäuscht, dass sie die Köpfe abgezogen und verkehrt herum wieder aufgesteckt hätten. Ergebnis: "Das erste Transgenderpaar."
Die Unternehmerin Tijen Onaran hat hingegen mit ihren Barbies ihren späteren Erfolg geplant, wie sie im Studio erzählt:
Doch es soll ja nicht nur um heitere Kindheitserinnerungen gehen, sondern um den Einfluss von Barbie auf die Gesellschaft und den Wert der Verfilmung.
Und dafür fühlt sich Reyhan Şahin zuständig. Sie beklagt "die Kommerzialisierung von feministischen Inhalten" im "Barbie"-Film. Der Herstellerkonzern der Barbie-Puppen trage zudem eine Bürde: "Mattel hat etwas gut zu machen. Sie haben uns Jahrzehnte lang geschadet mit diesen falschen Maßstäben.“ Und damit meint sie neben sozialen Klischees und Verhaltensweisen, die Mädchen vom Spiel mit den Barbie-Puppen auf sich übertragen haben, auch die völlig unnatürlichen Proportionen der Puppe:
Jede zweite Frau habe eine Essstörung – nicht allein wegen Barbie, stellt Reyhan Şahin klar, aber die Puppe präge mit. Und dann richtet sie auch Kritik an die "Barbie"-Regisseurin Greta Gerwig, die sich vor einen Kommerz-Karren habe spannen lassen: "Wenn man genau mit der feministischen Brille raufguckt – die Feministin hat sich ein bisschen verkauft."
Zustimmung erhält sie dabei ausgerechnet von Macho Claude-Oliver Rudolph, der einen "Tsunami an Marketing" bemklagt hat und es als "völligen Quatsch" bezeichnet, feministischen Anspruch im "Barbie"-Film zu entdecken. Er glaubt, dass die Film-Verantwortlichen nur ein Ziel hatten: "Hauptsache, man macht Geld."
Vom "Stern TV"-Publikum wird Rudolph an diesem Abend auf X (ehemals) Twitter für seine Ansagen und Geschichten übrigens gefeiert:
(Ark)