Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer stellt sich bei Maischbergerbild: screenshot ard
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dirk Krampitz
Sandra Maischberger blickt auf die Themen der Woche zurück. Mit ihren journalistischen Kommentatoren spricht sie über die Lage in Afghanistan. Daneben hat sie sich einen der wohl umstrittensten Minister der Bundesregierung eingeladen sowie einen Olympiasieger, der gegen seine Corona-Erkrankung ankämpfen musste. Ihre Gäste sind:
- Andreas Scheuer, CSU (Bundesverkehrsminister)
- Frank Stäbler (Olympia-Bronzemedaillengewinner im Ringen)
- Dr. Jördis Frommhold (Lungenfachärztin)
- Antonia Rados (Nahost-Expertin)
- Gabor Steingart (Journalist und Herausgeber)
- Hans-Ulrich Jörges (Journalist und Autor)
Sandra Maischberger macht es Andreas Scheuer nicht leicht. Aber der Bundesverkehrsminister ist Kritik gewohnt.bild: screenshot ard
Alle, die Andreas Scheuer vorwerfen, er sei uninformiert und treffe falsche Entscheidungen, kann der Bundesverkehrsminister erstmal mit einem geschickten Schachzug verblüffen: "Ihnen vorweg alles Gute zum Geburtstag", gratuliert er Sandra Maischberger zum 55. am Tag der Sendung. Charmant, freundlich und gut gelaunt, das kann der Minister.
Und das, obwohl Sandra Maischberger ihn äußerst uncharmant angekündigt hat: "Kein Mitglied der Bundesregierung, das häufiger mit Rücktrittsforderungen konfrontiert wird." Und dann wurden auch noch kabarettistische Beiträge über ihn gezeigt. Es waren vor allem Einspieler aus der "heute Show" – schon ein, zwei Jahre alt. Durch die Pandemie war der Pannen-Minister ziemlich aus der Schusslinie geraten. Ob ihn Kritik schmerze, will Maischberger zu Anfang wissen. Und Schauer lässt sogar einen kleinen Blick in sein Seelenleben zu.
"Es tut schon weh oder geht tief, aber das ist keine Kategorie in der Politik. Das muss man aushalten.“
Andreas Scheuer
Dass er Kritik widerstehen kann, hat er bewiesen. Immer wieder lädt er auch zum Bürger-Talk unter dem Hashtag #GrillDenScheuer. Was ihm helfe, sei die Überzeugung, dass er einen guten Job mache. "Das Urteil zur PKW-Maut hat sehr viel überlagert", sagt Scheuer, dabei arbeite er täglich an der "Mobilität der Zukunft", auch um sie "der jungen Generation vererben" zu können. In den letzten zehn Jahren hätten sich die Ausgaben für Infrastruktur von 9,7 Milliarden Euro auf 19.6 Milliarden verdoppelt. In 2022 würde zum ersten Mal mehr Geld für die Schiene als für die Straße ausgegeben. Außerdem habe es vor Corona Fahrgastrekorde bei der Bahn gegeben, sagt der oft als Auto-Minister geschmähte Verkehrspolitiker. "So schlecht kann die Schiene nicht sein." Den Ausbau von Schienenstrecken, etwa die Fehmarnbeltquerung, würden die Grünen behindern.
Die Methode Scheuer: Schuldige finden
Die Diskussion läuft nach einem bestimmten Muster ab: Maischberger fragt, Scheuer weist alle Schuld von sich, findet andere Schuldige oder Begründungen, warum alles ganz anders ist, stellt aber auch baldige Lösungen in Aussicht. Da geht es um Funknetzabdeckung und Scheuer, zu dessen Aufgaben auch die digitale Infrastruktur gehört, sagt, dass sie erst die Funklöcher finden müssten. Maischberger antwortet, die Bundesnetzagentur würde sie schon lange kennen. Scheuer entgegnet, dass die aber kein Förderprogramm habe. Und außerdem seien die Kommunen für Funkmasten zuständig und bräuchten 18 Monate für einen. Der Bund, also er, könne nur fördern, nicht selbst bauen. "Und bei 5G sind wir vor dem Ausbauplan."
Wenn ein Minster mit seinen Entscheidungen möglicherweise rund 500 Millionen Euro Schaden erzeugt, wie Scheuer bei der PKW-Maut, muss er dann zurücktreten? "Frau Maischberger, es stimmt einfach nicht", antwortet der Beschuldigte. Die 500 Millionen seien eine von den Betreiberfirmen genannte "Mondzahl". Außerdem habe er nach 14 Jahren den Streit um die LKW-Maut geschlichtet und dem Bund 1 Milliarde Euro gespart.
Andreas Scheuer ist nicht zu fassen. Da geht es um den Untersuchungsausschuss zur PKW-Maut. Maischberger sagt zur Beurteilung seiner politischen Entscheidungen: "Man kann ihnen nicht nachweisen, dass sie nicht vertretbar waren". Er hingegen behauptet, es sei "nichts zu beanstanden" gewesen. "Ich hätte diesen Vertrag auch privat unterschrieben", meint er schließlich auf Maischbergers beharrliches Nachhaken. Ob er alles richtig gemacht habe, will Maischberger wissen. "Nein, Frau Maischberger, wenn man mit einem Projekt scheitert ... ich bin ein Typ, ich bin verliebt ins Gelingen."
Scheuer nimmt Rezo nicht mehr ernst
Rezo wirft Andreas Scheuer in seinem neuen Video Inkompetenz und/oder Unehrlichkeit vor.bild: screenshot ard
Dann holt Maischberger ihren letzten Trumpf raus: Rezo, der gerade wieder ein Abrechnungsvideo mit der Union online gestellt hat. Scheuer schaut nicht begeistert und seufzt: "Ehrlich gesagt, Frau Maischberger, ich nehme den nicht mehr ernst. Ich habe so viele Leute, die mir sagen, du machst deinen Job gut. Der Rezo kennt mich einfach nicht, und dann soll er es bleiben lassen."
Zum Abschied übt er noch ganz leise Kritik am Themenschwerpunkt des Gesprächs. "Beim nächsten mal komme ich und wir unterhalten uns über die Zukunft der Mobilität." Maischberger kontert: "An ihrem Geburtstag." Möglicherweise hatte Maischberger im Kopf, dass Scheuer ausgerechnet am Tag der Bundestagswahl 47 Jahre alt wird.
Situation der Willkür in Afghanistan
TV-Reporterin Antonia Rados macht sich Sorgen um die Frauen in Afghanistan.bild: screenshot ard
Mit ihren drei Kommentatoren spricht Maischberger die Lage in Afghanistan nach der Machtübernahme der Taliban durch. Die österreichische TV-Journalistin und Nahost-Expertin Antonia Rados findet: "Die Situation ist extrem dramatisch. Die Verlierer sind die, die große Hoffnungen in den Westen, in die Amerikaner, gesetzt haben." Aller Versicherungen der Taliban zum Trotz herrsche eine Situation der Willkür. "In einem Viertel darf eine Frau zur Arbeit gehen, in einem anderen nicht mehr raus. Es wird sich sehr viel ändern, es wird sich wahrscheinlich sehr dramatisch ändern."
Maischberger (re.) und ihre Kommentatoren.bild: screenshot ard
Journalist Gabor Steingart findet, dass sich Angela Merkel bei den afghanischen Ortskräften hätte entschuldigen müssen. Und überhaupt gebe es in Deutschland ein großes Versagen. "Wenn das hier ohne Rücktritte geht, läuft was falsch." Das sieht auch Journalist Hans-Ulrich Jörges so. Vor allem beim Bundesaußenminister: "Dieser Heiko Maas sollte überhaupt keiner neuen Regierung mehr angehören, in welcher Funktion auch immer. Irgendwann ist Schluss, wenn man so versagt. Das Auswärtige Amt ist sehr gefährlich, wenn es so geführt wird."
Frankreich habe bereits im Mai begonnen, seine Leute auszufliegen, Deutschland habe das bewusst nicht getan, glaubt er. "Um nicht mit hohen Flüchtlingszahlen im Wahlkampf aufzutreten." Für ihn nach Cum-Ex-Skandal, Corona-Management und Flutkatastrophe ein weiteres "Staatsversagen".
"Warum funktioniert in diesem Land eigentlich nichts mehr? Am Ende der Ära Merkel ist das Modell Deutschland nicht vorhanden."
Hans-Ulrich Jörges
Sportler verliert 20 Prozent Leistung wegen Corona
Olympia-Ringer Frank Stäbler litt unter Corona-Spätfolgen.bild: screenshot ard
Bronze-Ringer Frank Stäbler hatte seinen Rückzug aus dem Sport für 2020 schon bekanntgegeben, wegen der verschobenen Olympischen Spiele hing er dann doch noch ein Jahr dran. Im Oktober 2020 erkrankt er an Corona. "Wo ich mich angesteckt habe, bleibt mir bis heute ein Rätsel." Eine Woche war er "ein bisschen platt", hatte aber "nur leichte Erkältungssymptome". Als er das Training wieder aufnehmen wollte, nötigte ihn sein Trainer, einen Leistungstest zu machen. Auf dem Laufband erlebte Stäbler einen Schock. Erst dachte er, der Gurt des Messgeräts würde ihn einschnüren und darum konnte er nicht richtig atmen. "Aber der Gurt hatte fünf Zentimeter Spielraum und in dem Moment wusste ich: Es kommt von außen und nicht von innen." Der Test ergab: Ein Leistungseinbruch von 20 Prozent, obwohl er sich eigentlich fit fühlte. Diagnose: Belastungsasthma.
"Das war ein Schlag ins Gesicht."
Frank Stäbler
Doch mit einer Atemtherapie hat er sich zu 100 Prozent Leistungskraft zurück gekämpft. "Es ist möglich, man muss es nur wissen, wie es geht.“
Das bestätigt auch die Lungenfachärztin Jördis Frommhold, allerdings müsste man das immer im Einzelfall sehen. Bei ihr in die Klinik kamen zuletzt angeblich immer mehr auch körperlich fitte Menschen mit Spätfolgen. Taucher, Feuerwehrmänner, Sportler. Oft hätten sie einen milden Verlauf und dann überraschend Long- oder Post-Covid-Symptome. "10 Prozent der Infizierten haben mit Long-Covid zu kämpfen", weiß Frommhold. Allerdings würde diese Gruppe fast immer vergessen, dabei sei es eine erhebliche Zahl. "Sie können auch zu einem volkswirtschaftliches Problem werden", prognostiziert sie sogar.