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Experten bei "Lanz" mit klaren Worten: China und Russland nehmen Westen nicht ernst

Ulf Röller (l.) und Elmar Theveßen (r.) kommen bei "Lanz" zu klaren Urteilen über die USA und Eropa.
Ulf Röller (l.) und Elmar Theveßen (r.) kommen bei "Lanz" zu klaren Urteilen über die USA und Eropa.ZDF/Screenshot
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Experten bei "Markus Lanz" sind sich einig: China und Russland nehmen Westen nicht ernst

02.02.2022, 06:44
Deana Mrkaja
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Die Olympischen Spiele in China stehen trotz großer Menschenrechtsverletzungen im Land vor der Tür, in der Ukraine spitzt sich die Krise mit Russland zu und aus dem Westen werden keine eindeutigen Signale gesendet. Bei "Markus Lanz" am Dienstagabend debattierten Experten über den Einfluss der Großmächte. Dabei machten zwei Journalisten sehr deutlich, wie wenig China und Russland sich noch von den USA und Europa einschüchtern lassen.

"Die Olympischen Spiele finden in China statt, weil sie dorthin vergeben wurden", analysiert der neue Grünen-Chef Omid Nouripour nüchtern und erklärt, dass viele Athleten ihr Leben lang dafür trainiert hätten, um an diesen Spielen teilzunehmen. Deshalb sei es wichtig, dass sie auch stattfinden. Doch politisch findet er, sollte man nicht hingehen und macht somit seine Meinung sehr deutlich.

So überraschend deutlich, dass Moderator Markus Lanz noch einmal nachfragen muss: "Politisch nicht? Ist das politischer Boykott?" "Faktisch kann man das so verwenden." "Was ist es denn für Sie?", hakt der Moderator nach. "Es ist politischer Boykott, wenn man das so nennen will. Wenn man es nicht so nennt und niemand hingeht, wird es in China schon richtig verstanden."

Omid Nouripour (Die Grünen) macht deutlich, dass er es politisch falsch findet, zu den Olympischen Spielen zu fahren.
Omid Nouripour (Die Grünen) macht deutlich, dass er es politisch falsch findet, zu den Olympischen Spielen zu fahren. ZDF/Screenshot

Nouripour ist in jedem Fall deutlicher als seine Parteikollegin und Außenministerin Annalena Baerbock, ebenso wie Kanzler Olaf Scholz. Während er sie verteidigt und argumentiert, als Chefdiplomatin müsse sich sich einen Verhandlungsspielraum offenhalten, sagt er in Bezug auf Scholz: "Ich wurde nicht als Pressesprecher von Scholz gewählt!"

Für diese "Schwurbeligkeit", wie Lanz sie nennt, ist nach Meinung der Journalistin Helene Bubrowski die wirtschaftliche Abhängigkeit Europas von China verantwortlich. Die Ex-Kanzlerin sei außerhalb Europas in kein anderes Land häufiger gereist als nach China – stets mit einer Entourage von Unternehmensspitzen. China sei heute "sehr selbstbewusst" und von seinem eigenen System in seiner Überlegenheit überzeugt.

China kann europäische Entscheidungsprozesse lenken

Chinas Regierung sei sehr zufrieden damit, dass es offiziell keinen politischen Boykott aus Europa gibt, sagt Ulf Röller, der Leiter des ZDF-Studios Ostasien, der derzeit selbst in Peking ist. Für Präsident Xi Jinping gehe es stets darum, "das Gesicht zu wahren". Der Journalist macht deutlich: "Es gibt keine europäische China-Politik" – und auch deshalb sei das Land in Europa so einflussreich und könne selbst auf Entscheidungsprozesse einwirken.

Der Journalist Elmar Theveßen macht deutlich, was passiert, wenn ein Land versucht, sich gegen das zu stellen, was China möchte. So hat Litauen Taiwan erlaubt, eine Auslandsvertretung in Vilnius zu eröffnen. China hat Litauen sofort erpresst und gedroht, alle Wirtschaftsbeziehungen zu beenden, wenn dieses Angebot nicht rückgängig gemacht würde. China versucht seit langer Zeit, gegen Taiwans Unabhängigkeit anzukämpfen und das Land wieder an China anzugliedern. Ebenso wurde in diesem Zusammenhang auch deutschen Firmen gedroht, die einen Sitz in Litauen haben, die Geschäfte mit China zu beenden.

Elmar Theveßen erklärt, welchen Einfluss China auf Europa hat.
Elmar Theveßen erklärt, welchen Einfluss China auf Europa hat. ZDF/Screenshot

Nouripour versucht die Ehre Europas zu retten und betont immer wieder, dass sich die Einigkeit der EU verbessert habe und dass es nichts bringe, immer nur zu betonen, wie schwach wir seien. Doch China "zeigt seine Muskeln", macht Röller deutlich. Gerade auch, wenn es um seine militärische Macht geht. So würde das Land mindestens ein Mal die Woche mit 50 bis 60 Flugzeugen in die taiwanesische Schutzzone eindringen. China wäre fähig, es im südchinesischen Meer mit den USA, die dort stationiert sind, aufzunehmen, sagt Theveßen.

Dass das Land hart durchgreifen kann, hat sich auch am Beispiel Hongkongs gezeigt. Das Land, das monatelang für Demokratie und Freiheit auf die Straße ging, ist verstummt.

"Hongkong ist eine normale chinesische Stadt geworden. Alle demokratisch gewählten Politiker sind auf der Flucht oder im Gefängnis. Führende Bürgerrechtler sind auf der Flucht oder im Gefängnis."
Ulf Röller

"Wir haben ganz viel davon verschlafen"

Der Westen habe Hongkong versprochen, an die Menschen dort zu denken, aber China habe längst eine "rote Linie überschritten", sagt Röller, indem es den Sonderstatus der Stadt nicht – wie auch mit Europa vereinbart – bis 2047 verlängert habe. "Europa hat Hongkong verraten", schließt der Journalist und meint damit die Untätigkeit.

Nouripour stimmt der Einschätzung aller anwesenden Journalisten zu und sagt, man müsse gerade auch gegen Menschrechtsverletzungen vorgehen, wie sie die Uiguren in China erleben müssen, und spricht sich für Abkommen mit deutschen Firmen aus, die ihnen untersagt, solche Art von "Sklavenarbeit" in China zu nutzen. Jedoch gebe es bereit Geschäfte mit der Zwangsarbeit – der Politiker nennt dabei Siemens.

Die USA haben bereits angefangen, klare Signale in Richtung China zu senden. Sie wollen sich unabhängig machen von der Chip- und Halbleiterproduktion in Asien und beginnen ihre eigenen Firmen im eigenen Land aufzubauen. Sie bauen sogar zwei Batteriefabriken und eine eigene Lithiumproduktion. "China ist aus Sicht der Amerikaner die größte Bedrohung für die Zukunftsfähigkeit der westlichen Welt", schlussfolgert Theveßen. Und wie sieht Deutschlands Antwort aus?

"Wir haben ganz viel davon geschlafen", gibt Nouripour zu. Der Politiker spricht von einer "Innovationsfaulheit". Viele Neuerungen würden zwar in Deutschland erfunden werden, jedoch nicht in Serie gehen. "Man muss Dinge ändern, reingehen, sich trauen." Für Roller ist klar, dass der Westen China zu lange falsch eingeschätzt habe. So wurde stets angenommen, China würde sich unserem System annähern: "Das ist diese typische westliche Arroganz." Dabei wollten das die Kommunisten nie. "Die Chinesen glauben, dass ihr Jahrhundert anbricht", erklärt der Journalist.

China wolle sich nicht belehren lassen, sondern Stärke beweisen. Für das chinesische System wird der amerikanische Traum in China verwirklicht und nicht mehr in den USA, wo das Land gespalten ist. Fast jeder in China habe eine Aufstiegsgeschichte. Dies sei auch ein Zeichen, dass ihr System funktioniere, während die Demokratie es nicht mehr tue.

Theveßen erzählt dazu noch eine Anekdote: So sei Xi in den 80er Jahren als junger Parteifunktionär zu einer Gastfamilie in die USA gekommen, um sich genau anzuschauen, wie alles funktioniert. Er fasste den Beschluss, diesen amerikanischen Traum auch in seinem Land zu ermöglichen. 2012 reist er erneut in die USA, um seine Freunde zu besuchen. Diesen soll er damals schon gesagt haben, China sei das einzige Land, das noch liefern könne, während in den Demokratien die Ungerechtigkeit wachse.

China greift mit aller Härte gegen Kritiker im eigenen Land durch. Das Land kreiert ein Image von sich, das es mit allen Mitteln durchsetzen will, erklärt Röller. Der Journalist beschreibt, dass er für einen Dokumentarfilm einen Bürgerrechtler interview habe, der kurze Zeit später verschwunden sei. Solche Situationen würden einen sehr betroffen machen, weil man "plötzlich zum Täter" würde, indem man jemanden in eine gefährliche Lage bringt.

"Wenn man in einer Diktatur lebt, merkt man, wie sexy Freiheit und Demokratie sind!"
Ulf Röller

Nouripour: "Wir stehen an der Seite der Ukraine"

Doch nicht nur China ist an diesem Abend Thema, sondern auch Russland. An der Krim spitzt sich die Lage zwischen Russland und der Ukraine zu. "Wir stehen an der Seite der Ukraine", sagt Nouripour. "Mit 5000 Helmen?", fragt Lanz provokant nach und meint damit, dass Deutschland der Armee in der Ukraine 5000 Helme schicken möchte. Der Grünen-Politiker hält dagegen, das Land solle sagen, was es brauche. Bubrowski hingegen sagt, die Forderungen seien seit Wochen bereits auf dem Tisch. Darauf geht der Politiker nicht direkt ein, sondern meint, man würde der russischen Aggression nicht einfach zuschauen.

Was denn nun mit der Gas-Pipeline Nord Stream 2 sei, möchte Lanz wissen. Kanzler Scholz hatte das Projekt kürzlich noch als "privatwirtschaftlich" beschrieben und damit für Diskussionen gesorgt. "Ist es ein privatwirtschaftliches Projekt?" "Nein, nein, ist es nicht." In Bezug auf dieses Projekt habe er immer schon einen Dissens mit der SPD gehabt. Bubrowski fragt sich, wie Putin ein solches Verhalten ernst nehmen solle.

Die Journalistin versteht kein Argument, das gegen eine Waffenlieferung an die Ukraine getroffen würde. Niemand glaube, dass diese Waffen viel ausrichten könnten, jedoch gehe es um ein Zeichen der Solidarität. Der Grünen-Politiker bleibt bei dabei: Die Aggressionen durch Russland müssen sanktioniert werden. Doch auch in diesem Fall gibt es keine einheitliche europäische Position. Putin würde dasitzen und dabei zuschauen, wie der Westen sich zerstreitet.

Helene Bubrowski kritisiert, dass es keine einheitliche Position der EU in Bezug auf Russland gebe.
Helene Bubrowski kritisiert, dass es keine einheitliche Position der EU in Bezug auf Russland gebe. ZDF/Screenshot

Bubrowski betont, es sei "naiv" zu glauben, Putin würde Ruhe geben. Dieser träume von alten Machtfantasien und davon, die Sowjetunion wieder aufzubauen. Eines ist insbesondere den anwesenden Journalisten an diesem Abend klar: Putin wird als einer der wenigen ranghohen Politiker nach China reisen, um die Olympischen Spiele zu besuchen. Dabei würde die enge Beziehung öffentlichkeitswirksam zelebriert, sagt Röller. "Der Feind Amerikas ist mein Freund", beschreibt der Experte diese Freundschaft und spricht von einer strategischen Partnerschaft. Einer Partnerschaft, die sich insbesondere gegen den Westen richtet, der von Putin und Xi, sind sich die Experten einig, nicht ernst genommen wird.

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