Es war zu erwarten, dass Anke Engelke die Chance nutzen würde, aus "ihrer" Version der originellen ProSieben-Quizsendung "Wer stiehlt mir die Show?" einen ganz besonderen Fernsehabend zu machen. Was sie letztlich ablieferte, war dennoch eine große Überraschung – und große TV-Unterhaltung.
"Danke, Anke", hieß es von den Mitstreitern in der Sendung. Und ein knapperes, dankbareres Fazit hätte man nicht ziehen können. Allerdings: Angemessenere Worte fand Peter Urban, den treue "Grand Prix d'Eurovison"- und neuerdings natürlich "Eurovison Song Contest"-Fans als vertraute Stimme bestens kennen. Ihn hatte Anke Engelke für "ihre" Show verpflichtet. Und als Dank sprach Urban das Schlusswort, das allgemeingültig war: "Was für ein herrlicher Abend", sagte er. "Danke fürs Zuschauen – und bleiben Sie musikalisch!"
Tatsächlich hatte Anke Engelke alle nur denkbaren Register gezogen, um der Joko-Show ihren Stempel aufzudrücken. Und in ihrer Sprache hieß das: Sie verzauberte Publikum und Mitspieler mit ganz viel Eurovisions-Magie! Kein Wunder, der "ESC" ist die Fernseh-Sternstunde, die einst Anke ihre größten Moderationserfolge beschert hatte. 2011 begrüßte sie – selbstverständlich dreisprachig auf Englisch, Französisch und Deutsch – einst in Düsseldorf das Welt-Publikum, als Deutschland Gastgeber von Europas größter Musikparty war. "Ein Traum war in Erfüllung gegangen", sagte sie im Rückblick. Und bei ProSieben ließ sie ihren Traum noch einmal aufleben.
So durften im Berliner Studio Feuer-Fontänen nicht fehlen. Das begeisterte Publikum schwenkte Fahnen. Die Showband, die plötzlich nicht mehr "The Mighty Winterscheidts", sondern jetzt stilecht "Douze Points" hieß, spielte die berühmten, hochemotionalen Hymnen-Hits an. Und Anke Engelke, die sich in Windeseile in eine Glitzer-Robe nach der anderen schmiss, stimmte selbst am Mikrofon einen der berühmtesten Sieger-Songs an: "Rise Like a Phoenix", mit einem frech umgedichteten Text. ESC-Legende Conchita Wurst höchstpersönlich kam an ihre Seite – zum Duett im Scheinwerferlicht.
Es war Emotion, Glamour, ESC-Ekstase pur. Und der Phoenix-Funke sprang natürlich über. "Ich hatte Tränen in den Augen", jubelte Riccardo Simonetti nach dem starken Intro, der Ouvertüre zu einem hochmusikalischen Festabend. Und auch Joko Winterscheidt, der ja eigentlich schmollen musste, weil Anke Engelke ihm die Moderation "gestohlen" hatte, staunte mit offenem Mund, was da über ihn und ProSieben hinwegdonnerte. "Ich habe nicht eine Sekunde Wehmut im Herzen", sagte er voller Bewunderung.
Die Krönung im stimmigen Gesamtkonzept: Sogar Steffen aus Hannover, der diesmal sehr aufgeweckte sogenannte "Wildcard-Kandidat", erwies sich als Fan wuchtiger (Musik-)Emotion. "Ich bin der größte ESC-Fan", applaudierte er Anke Engelke vom Start weg. "Ich bin durchgedreht gerade eben."
Gelegenheit zum "Durchdrehen" hätte Steffen allerdings noch öfter gehabt. Er schlug sich grandios in der Sendung. Aber als Mann des Publikums, der gleichermaßen auf Hochzeiten wie auf Trauerfeiern zu sprechen weiß, bewahrte er auch in Momenten größter Triumphe Haltung. Er schaffte, was zuvor noch kein "No Name" vor ihm geschafft hatte: Steffen stieß bis hin die dritte Gewinnstufe vor und ließ zunächst Mark Forster, dann auch noch Riccardo Simonetti hinter sich. Respekt!
Während der kleine Pfälzer mit dem sonst so unerschütterlichen Selbstbewusstsein zugeben musste, dass dieser Dienstag kein Mark-Forster-Glückstag war, hätte man zumindest Riccardo Simonetti einen Erfolg erwünscht. Der sympathische Star-Influencer verpasst bedauerlicherweise einmal mehr die Chance, ins Finale vorzustoßen und eines Tages endlich selbst "WSMDS" umzukrempeln. Besonders traurig wirkte seine einstige Mitstreiterin, die Show-Moderatorin Anke Engelke. "Das ist falsch", klagte sie, als sie Riccardo (diesmal mit Pudellocken-Frisur) vorzeitig entlassen musste. "Der Plan war, dass du heute gewinnst."
Im Endkampf stand sie dann doch wieder Joko Winterscheidt gegenüber. Der musste aufgrund seines enormen Punktevorsprungs nicht mal mehr ins Teleprompter-Hochzeitsantrag-Duell, sondern war sichtlich erpicht darauf, sich seine Show zurückzuholen – mit den üblichen Tricks und Manipulationsversuchen. Doch auch Anke kann Bluffen wie blöde. Nur nach einer Moderations-Marathonleistung wirkte sie im Finale plötzlich doch fast ein wenig erschöpft. Kein Wunder.
Und vielleicht schwante ihr auch, dass es wohl keine gute Idee gewesen wäre, sich selbst unter Druck zu setzen: Hätte sie die Show gleich im Anschluss nächste Woche noch einmal moderieren können, wäre es wohl nicht leicht gewesen, sich erneut selbst zu überbieten. So wirkte es fast, als gönnte sie Joko den Sieg. "Ich gebe dir deine Show zurück", sang Anke. Ein schöner Schluss eines wunderschönen Abends!