Das dritte Entlastungspaket der Bundesregierung ist geschnürt, 65 Milliarden Euro will die Ampel-Regierung locker machen, um die finanziellen Sorgen der Menschen in der durch den Russland-Krieg verursachten Energiekrise zu lindern. Doch die Kritik aus der Opposition ist heftig, auch Teile der mittelständischen Wirtschaft bezweifeln die Wirksamkeit des Entlastungspakets. "Energie, Preise, Jobs – rettet uns das Rettungspaket?", fragte deshalb Maybrit Illner am Donnerstagabend in ihrer ZDF-Talkshow.
Mit folgenden Gästen diskutierte Maybrit Illner am 8. September:
Es ist noch kein Jahr vergangen, seit Jens Spahn selbst mächtig unter Druck stand. Immer wieder wurden die Politik und die Maßnahmen des damaligen Bundesgesundheitsministers in der Corona-Pandemie heftig kritisiert. Spahn weiß also ziemlich genau, wie es sich anfühlt, in schweren Zeiten Politik zu machen. Was den stellvertretenden Vorsitzenden der CDU/CSU-Bundestagsfraktion aber nicht davon abhält, nun als Vertreter der Opposition die aktuelle Bundesregierung mit deutlichen Worten für ihre Maßnahmen zu kritisieren.
"Wir haben einen ganzen Sommer vertrödelt“, erklärte Spahn. Niemand wisse aktuell, welche Unternehmen unter welchen Bedingungen Geld aus dem Entlastungspaket bekommen würden. Auch habe die Regierung offenbar erst jetzt festgestellt, dass auch die kleineren und mittleren Einkommen Unterstützung brauchen.
Arbeitsminister Hubertus Heil war angetreten, um die Ampelregierung zu verteidigen. Mit Jens Spahn sei er per Du, erklärte Heil zunächst, schließlich besetzten beide gleichzeitig Ministerposten im Kabinett Merkel. Angesichts der Meinungsverschiedenheiten gingen die beiden Politiker zwischenzeitlich aber wieder auf Distanz. "Lieber Hubertus Heil", formulierte Spahn spitz, während Heil plötzlich wieder von "Herr Spahn" sprach.
"Man kann so tun, als sei nichts passiert im Sommer", erklärte Heil, tatsächlich habe die Regierung aber drei wirksame Entlastungspakete geschnürt. Zum Gasproblem gebe es zwar jede Menge Vorschläge, entgegnete Spahn, außer dem Einsetzen einer Expertenkommission sei aber wenig Konkretes passiert. Die Volkwirtschaftlerin Karen Pittel stimmte in diesem Punkt dem CSU-Politiker zu, tatsächlich sei es ziemlich unsicher, was im Bereich Gas auf die Haushalte und Unternehmen zukomme. Viele der Privatpersonen würden erst nächstes Jahr merken, wie viel mehr sie zahlen müssen.
Tatsächlich haben aber schon jetzt viele Menschen Probleme, ihre Rechnungen zu bezahlen. "Wir haben in Deutschland eine steigende Zahl von Haushalten, die überhaupt kein Erspartes haben", berichtete VdK-Präsidentin Verena Bentele Beunruhigendes. Weiter erklärt sie: "Man geht von 40 Prozent der Haushalte aus, die keine großen Ersparnisse haben und jetzt im Herbst nicht schnell reagieren können."
Dazu passend zählte Spahn weiter auf, was die Regierung versäumt habe. Bei den entscheidenden Fragen Strom und Gas seien keine Entscheidungen getroffen worden, die Strompreisbremse komme vielleicht rechtzeitig zum Frühling, stichelte er weiter. Die Diskussion wurde immer energischer, auch weil Illner sich immer wieder einschaltete und weder Heil noch Spahn ausreden ließ. "Wir werden Gas- und Strompreise bremsen", versprach Heil in dem Stimmengewirr.
Als der SPD-Politiker versuchte, die umstrittene und ziemlich komplizierte Gasumlage zu erklären und dafür weit ausholte, unterbrach ihn Spahn erneut und merkte an, dass dies nicht der Punkt gewesen sei. "Man kann alles hämisch in den Dreck ziehen", ärgerte sich der mehr und mehr genervte Heil. "Der Bundeskanzler, der Finanz- und der Wirtschaftsminister haben großartige Arbeit geleistet, die Versorgungsicherheit dieses Landes zu sichern." Dass nun Talkmasterin Illner Heil unterbrach und anmerkte, dass er dies schon zum dritten Mal erzähle, trug nicht zur Entspannung der Situation bei.
Ziemlich sicher scheint, dass die Gasumlage in den nächsten Tagen und vielleicht sogar Wochen Gegenstand von Diskussionen bleiben wird. "Wir hätten die Gasumlage von Anfang an nicht gebraucht, wenn wir entschieden hätten, wir finanzieren das Ganze aus dem Steuersäckel und holen uns das Geld dann wieder", kritisierte der Finanzjournalist Hermann-Josef Tenhagen.
Tenhagen hatte noch einen praktischen Tipp, was das Wohngeld für ärmere Menschen angeht. Da viele der betroffenen Menschen nicht wüssten, wie sie an das bereitgestellte Geld kommen, könnten auch die Finanzämter aktiv werden. "Das Finanzamt weiß ja, welche Leute wenig verdienen. Die könnten einen schönen Musterbrief rausschicken", regte Tenhagen an. In einer Talkshow, die einmal mehr verdeutlichte, wie schwierig die Zeiten und die Themen der Politik gerade sind, hörte sich zumindest das nach einer einigermaßen einfachen und sinnvollen Lösung an.