"Selbstbewusst, aber nicht überheblich in die Sendungen gehen", riet Günther Jauch den Mitwirkenden bereits vor Start der "Wer wird Millionär?"-Eventwoche. Die Fallhöhe auf dem Weg zur Rekordgewinnsumme von drei Millionen Euro sei "schon enorm", so Jauch, und "mit klassischem Sicherheitsdenken wird man es nicht sehr weit bringen". Hätte er das mal Michael Neuburger nahegelegt, gerne schon vor sechs Jahren, als der 41-jährige Controller damit anfing, zur Vorbereitung einer eventuellen Teilnahme die Wände seiner Wohnung mit Post-its zuzukleben.
Gesammeltes Halb- und Allgemeinwissen, Fun Facts auf einem Blättchenwald in Regenbogenfarben – die eigenwillige Deko machte Jauch an Tag zwei der Rekordjagd fassungslos: "Kann man das behandeln?" Und in der Tat erhoffte sich Neuburger von seiner Teilnahme auch, "dass sich das ein bisschen löst". Bis dahin schwor er jedoch: "Vorbereitung ist alles" – auch, wenn sich manchmal eine Dame in seinem Schlaumeier-Gewirr verzettelt. "Da sorge ich am Anfang lieber für neutralen Boden." Stimmt, sinnierte Jauch: "Auch die Briefmarkensammlung zeigt man ja nicht gleich beim ersten Mal."
Doch die Erleichterung blieb Michael Neuburger tragisch verwehrt. Er selbst schlug sich recht tapfer durch den Fragenkatalog, setzte an der entscheidenden 16.000 Euro Marke – sie entscheidet über das Wiedersehen im Finale am Donnerstag – aber auf die vermeintliche Expertise eines ehemaligen Kandidaten.
Der war als Zusatzjoker im Einsatz und "ziemlich" überzeugt davon, dass Eduard Zimmermann 1963 eigentlich Jurist beim ZDF war, dann aber die Moderation der Show "Tipps für Autofahrer" erhielt. Da dies aber den Karriereanfang von Alfred Biolek markierte, folgte für Neuburger der bittere Absturz auf 500 Euro und damit das Aus. Vor dem inneren Auge entstanden unweigerlich Bilder eines frenetischen Kahlschlags in der Wohnung des Post-it-Fetischisten.
Anlass zu mehr Leichtigkeit gaben die resolute Chef-Stewardess Anja Beyer aus Lampertheim, die den heimischen Swimmingpool renovieren will ("Je mehr ich hier gewinne, desto weniger gehe ich baden"), der Vertriebsmanager mit dem klingenden Namen Rogero Schwigon ("Was man hier will, ist alles, was geht") und vor allem der vertrauenerweckende und engagierte Realschullehrer Timo Zang aus München. Sein exotisches Hobby, das Padel-Tennis, teilt er mit einem bekannten Partner: Hin und wieder duelliert er sich mit dem früheren FC-Bayern-Star Arjen Robben, wie ein erstaunlicher Einspieler bewies.
Robben ist, wenn auch bis dato noch ungenutzt, auch einer von Zangs Telefonjokern ("Wenn er mich zu Fall bringt, kann er wenigstens zurückzahlen"). Über diese Wahlverwandtschaft kann Günther Jauch nicht genug staunen: "Robben, der hat einen tollen Körper. Hat er sich durchs Padel-Tennis beim Fußball verändert?" Das ausführliche Fachsimpeln mit Zang unterbrachen ein paar nebensächliche Quizfragen, die den Pädagogen bei Show-Ende bis 125.000 Euro und damit sicher ins Finale brachten.
Weil er auch wusste, dass Autos "posen" können und selbst schon mal auf Helgoland Dreizehenmöwen gesichtet hat, geht sein bisheriger Spaziergang durch die Rekordwoche am Mittwoch weiter – mit nicht nur einer Million im Blick. Mit einem Teil des eventuellen Gewinns will Zang Padel-Tennis an seiner Schule einführen. Ob das zu Begeisterung bei den Schülern führen wird, bleibt abzuwarten. Aber da hat ihr Lehrer, wie nun klar ist, einen ganz besonderen Joker an der Hand.