In Berlin ist am Mittwoch der Prozess zwischen Rapper Bushido und seinem früheren Manager Arafat Abou-Chaker in die inzwischen 71. Runde gegangen. Dieses Mal mit einer wirklich ungewöhnlichen Dramaturgie: Erst passierte lange nichts, dann auf einmal sehr viel und schließlich lief die Sitzung relativ unspektakulär aus.
Weil eine Schöffin aus gesundheitlichen Gründen fehlte, verzögerte sich der eigentlich für 9.30 Uhr angesetzte Prozessbeginn um eine Stunde. Die Prozessbeteiligten hatten unter Ausschluss der Öffentlichkeit noch einige Formalien zu klären. Um 10.30 Uhr öffneten sich aber schließlich die Türen des Gerichtssaals, in dem der Vorsitzende Richter Martin Mrosk mit einer großen Nachricht aufwartete.
Nach dem derzeitigen Stand der Beweisaufnahme soll Nasser Abou-Chaker, der älteste der vier Brüder, freigesprochen werden, empfiehlt das Gericht. Durch die bisherigen Zeugen konnte weder der Tatbestand der räuberischen Erpressung, Freiheitsberaubung oder Körperverletzung nachgewiesen werden, so die Einschätzung der Kammer. Bei der Verkündung war Bushido, wie schon bei den letzten Gerichtsterminen, nicht anwesend.
Wegen des schriftlichen Vertrags zwischen Bushido und seinem früheren Manager Arafat Abou-Chaker könne nicht von Erpressung die Rede sein, da Arafat deshalb "einen Zahlungsanspruch für sich ableiten konnte", sagte der Richter. Und ja, der Raum, in dem es zu den Auseinandersetzungen gekommen sein soll, sei zwar abgeschlossen worden, doch daraus ergebe sich "nach bisherigem Kenntnisstand nicht der Tatbestand der Freiheitsberaubung".
Gleiches gilt für angebliche Körperverletzung: Es konnte nicht nachgewiesen werden, dass Nasser Abou-Chaker Anis Ferchichi, wie Bushido bürgerlich heißt, an jenem Tag geschlagen habe, so Richter Mrosk. Nach den bisherigen Erkenntnissen habe dieser eher deeskalierend auf seinen Bruder Arafat eingewirkt.
Im zweiten Teil der Sitzung ging es dann um die Wohnanlage Bergmannsglück in Rüdersdorf, die Bushido und Arafat 2010 gemeinsam kauften. Als Zeugen geladen waren ein Mitarbeiter und eine Ex-Mitarbeiterin von der Hausverwaltung, die sich im Namen von Bushido und Arafat um die 98 Wohnungen fassende Anlage gekümmert hatten.
Die Vernehmungen der Hausverwaltungs-Angestellten drehten sich vor allem um die Frage, was sie über die vermeintliche 180.000-Euro-Transaktion wissen, die laut Bushido ohne sein Wissen von dem Immobilienkonto abgebucht worden sei, das er sich mit Arafat geteilt hatte.
Der Mitarbeiter, der von August 2018 bis September 2019 für die Wohnanlage Bergmannsglück zuständig war, gab an, dass er von der Transaktion über einen Vorgesetzten gehört habe. Er selbst sei dafür aber nicht zuständig gewesen. Seine Ex-Kollegin, die nach ihm in den Zeugenstand berufen wurde, hatte von der Abbuchung nichts gehört, sagte sie.
Beide gaben an, mit Bushido und Arafat wegen der Wohnanlage kaum bis gar keinen Kontakt gehabt zu haben. Rommel Abou-Chaker habe sich um viele der zu klärenden Fragen gekümmert, bestätigen sie. Mit ihm mussten sie auch Rücksprache halten, wenn in den Wohnungen Reparaturen anstanden, die über 1000 Euro kosteten. Dieser habe dabei frei entscheiden können, ohne sich groß mit den Eigentümern, also Bushido und Arafat, abstimmen zu müssen.
Was die genauen Aufgaben von Rommel Abou-Chaker bei der Verwaltung der Wohnanlage in Rüdersdorf waren, ist in dem Prozess deshalb wichtig, weil er es ist, dem Bushido vorwirft, die 180.000 Euro ohne Absprache vom gemeinsamen Konto abgehoben zu haben.
Arafat zufolge sei das Geld für Bauarbeiten auf dem gemeinsamen Grundstück in Kleinmachnow genutzt worden. Bushido entzog Rommel daraufhin den Zugriff auf das Konto. Laut eines Polizeibeamten, der in dem Prozess auch schon vernommen wurde, hatte Bushido Arafat circa 126.000 Euro geboten, um ihn aus dem gemeinsamen "Immobilienprojekt zu drängen".
Am Ende der Sitzung ging es nochmal um die Tonspur, die die Auseinandersetzung am 18. Januar 2018 dokumentieren soll und deren Echtheit Bushidos Anwalt, Steffen Tzschoppe, anzweifelt. Richter Martin Mrosk hatte schon zuvor verkündet, dass die Audiodatei im Gerichtssaal angehört werden wird.
Bushidos Anwalt wollte nun wissen, wie der Richter sich das technisch vorstelle. Schließlich sei der Ton so leise, "dass man dafür Kopfhörer brauche". Oberstaatsanwältin Petra Leister schlug den Einsatz von Verstärkern vor. Die Verteidigung brachte einen Umzug in den Nebenraum ins Spiel, wo es einen "deutlichen Unterschied in der Abspielqualität" gebe.
Auch Bushido selbst soll nochmal als Zeuge aussagen. Wann genau, das steht noch nicht fest. Laut des Richters war dafür ursprünglich Ende Juni vorgesehen. Bushidos Anwalt hat bestätigt, das an seinen Mandanten weitergegeben zu haben. Dieser habe aber bislang noch keine Antwort gegeben.
Wenn nichts dazwischen kommt, geht der Prozess am 15. Juni weiter.