Vor dem Berliner Landgericht startete am Freitag der 80. Prozesstag gegen Arafat Abou-Chaker und drei seiner Brüder. Bushido sagte zuletzt vergangene Woche zu der umstrittenen Audiodatei aus, über die zuerst der "Stern" berichtete. Darüber hinaus wurde bekannt, dass erst am 23. Januar 2023 mit einem Urteil gerechnet werden kann. Somit sind weitere zehn Termine hinzugekommen.
Zum Programm sagte der Vorsitzende Richter Martin Mrosk, dass eine Videovernehmung mit Veysel K. geplant sei, der im März 2021 in die Türkei abgeschoben wurde. Da ihm die Behörden schließlich eine Einreise nach Deutschland verwehren, kann der Zeuge nicht in Berlin persönlich erscheinen. Er war bei dem Treffen am 18. Januar 2018 teilweise anwesend, sodass seine Aussage von besonderer Bedeutung ist.
Wann es dazu kommt, wollte der Richter noch bekannt geben. Am Montag wurde im Rahmen der Anklage übrigens eine Polizeibeamtin gehört, die im Januar 2019 dabei war, als Bushido bei der Polizei aussagte. Doch wirklich neue Erkenntnisse gab es hier nicht, da sie die Aussage des Rappers punktuell wiedergab.
Beim heutigen Prozesstag wurden keine weiteren Zeugen angehört. Auch wurde nicht mitgeteilt, wann letztlich Veysel K. aussagen soll. Vielmehr wurden Erklärungen vonseiten der Verteidigung verlesen, bei denen es vor allem um das Anzweifeln der Glaubwürdigkeit Bushidos ging und inwiefern er Aussagen anpasse. Im Zuge dessen ging es auch um die Frage, ob am 18. Januar 2018 einmal versucht worden sei, bei Veysel K. anzurufen oder mehrmals. "Zu hören ist ein einmaliger Anruf bei Veysel K. bei Minute 35", sagte die Verteidigung.
Eine weitere Erklärung bezog sich auf das Interview zwischen Bushido und der "Zeit". Vor seiner Aussage am 77. Prozesstag, bei der er zu der Aufnahme befragt wurde, reichte er dem Gericht eine Kopie eines E-Mai-Verlaufs vom Januar 2018 ein, den er mit einer "Zeit"-Redakteurin wegen des Interviews hatte. Hier gab es Klärungsbedarf, weil Zweifel aufkamen, wann Bushido mit ihr Kontakt gehabt haben soll.
Über dieses Interview soll sich Arafat damals aufgeregt haben, zu hören sei in dem Gespräch am 18. Januar 2018 allerdings nichts. Hier merkte die Verteidigung nun an, dass der Nebenkläger kontextualisieren würde, Ereignisse verschiebe, um seine Glaubwürdigkeit zu attestieren.
Zudem wurden weitere mögliche Ungereimtheiten verlesen, die sich auf Bushidos Aussagen bezüglich seiner damaligen abgesagten Tour bezogen. Anfang Dezember 2017 wurde bekannt, dass er seine "Black Friday"-Tour verschiebe. Bushido teilte vor rund einer Woche mit: "Ein Gespräch über die Tour-Absage am 18. Januar ergibt für mich keinen Sinn, da zu diesem Zeitpunkt alles für die Tour bereits geklärt war." Die Verteidigung reichte zwei "Spiegel"-Zitate ein, die an Bushidos Aussage Zweifel hegen.
In jedem Fall machte Bushido am 6. Februar 2018 Werbung für seine Tour auf Instagram, die im Mai stattfinden sollte und im April erneut abgesagt wurde. Der "Spiegel" zitierte am 27. April 2018 folgende Mitteilung dazu: "Sicherlich ist eine Woche vor Tourstart ziemlich kurzfristig, aber wir haben wirklich alle Möglichkeiten in Betracht ziehen wollen, um eine Durchführung der Tour realisieren zu können. Euch nun ein zweites Mal zu enttäuschen, fällt mir sehr schwer, seid sicher, dass die Gründe gravierend waren." Und weiter:
Im Anschluss wurde der Anstellungsvertrag zwischen Bushido und dem damaligen Kindermädchen vorgelesen, der aus dem Jahr 2015 stammte. Die Nanny sagte bereits im Mai 2022 aus und gab an, bis 2018 für Familie Ferchichi gearbeitet und "natürlich im Haushalt gelebt" zu haben. Als Arbeitsauftrag habe allerdings nicht Kindermädchen gestanden, sondern Buchhaltungskraft.
Genau so wurde es nun vom Richter vorgetragen. 1400 Euro Netto habe sie laut dem unbefristeten Arbeitsvertrag monatlich verdient, 24 Tage Urlaub seien ihr eingeräumt worden. Die Verteidigung betonte mit Blick auf die Anstellung als Buchhalterin: "Es handelt sich hier um die Nanny. Man kann davon ausgehen, dass sie ein engagiertes Kindermädchen gewesen ist."
Abschließend ging es übrigens um die Frage, ob die Tonbandaufnahme im Gericht gänzlich erneut angehört werden soll. Zur Erinnerung: Der Dolmetscher von vergangener Woche bezeichnete sein Gutachten im Anschluss als mangelhaft. Daher soll das Prozedere wiederholt werden. Oberstaatsanwältin Petra Leister meinte nun: "Ich würde gerne vermeiden, dass wir die Datei noch mal hören müssen." Schließlich könne sich der Sachverständige diese auch außerhalb des Gerichtssaals anhören und seine Ergebnisse der Untersuchung im Anschluss mitteilen.
Die Verteidigung warf ein, dass zumindest Teile angehört werden müssten, um Bushido weiter befragen zu können. Inwiefern die Mitschnitte vor Gericht erneut zum Einsatz kommen, blieb erstmal offen. Die Verhandlung wurde nämlich kurz danach unterbrochen. Am 19. September geht es weiter.
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