Und dem nächsten geht die Luft aus: Leihradanbieter Ofo gibt in Deutschland auf
16.07.2018, 13:4816.07.2018, 13:48
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Der chinesische Leihradanbieter Ofo will sich
nach einer dreimonatigen Testphase in Berlin vom deutschen Markt
vorerst zurückziehen.
Ofo kündigte an, Berlin als bislang einzigen Standort in Deutschland "in den kommenden Wochen verantwortungsvoll verlassen" zu wollen.
Die gelb-schwarzen Fahrräder würden von den Straßen entfernt und in andere europäische Märkte verlagert.
Gewohnt blumig hieß es von einer Unternehmenssprecherin: "Es handelt sich hierbei um eine
strategische Entscheidung, welche auf der jeweiligen Marktleistung
basiert." Eine
Rückkehr nach Deutschland sei aber nicht ausgeschlossen.
Ofos kurzes Leben in Berlin:
Das Unternehmen hatte nach eigenen Angaben zuletzt rund 3000 Räder in Berlin stehen. Eigentlich waren dort noch deutlich mehr Ofo-Bikes im Gespräch. Verkehrsstaatssekretär Jens-Holger Kirchner (Grüne) hatte zum Jahresanfang erklärt, dass mehrere Anbieter ihr Angebot ausbauen wollten. Ofo beabsichtige, 10 000 Fahrräder zu verleihen, antwortete Kirchner auf eine parlamentarische Anfrage der AfD.
In der vergangenen Woche hatte ein anderer Anbieter seinen Rückzug verkündet:
Lange Zeit teilten sich die traditionellen Anbieter Nextbike und DB Connect den Leihradmarkt in den deutschen Städten untereinander auf – häufig unterstützt mit öffentlichen Geldern.
Die Ankunft asiatischer Anbieter wie Ofo im vergangenen Jahr wirbelte den Markt kräftig durcheinander. Ihre Räder zeichnen sich vor allem durch eine farbenfrohe Gestaltung und die leichte Bauweise aus.
Wie aus dem Nichts tauchten sie vor allem in Großstädten auf. Allein der Dienst Obike platzierte über Nacht Tausende Fahrzeuge in München.
Falsch geparkt, mal wieder
Die neuen Dienste betreiben ihr
Angebot als sogenanntes Free-Float-Modell. Die Nutzer können die
Fahrräder also an jeder beliebigen Stelle wieder abstellen. Feste
Stationen, wie teilweise bei DB Connect und Nextbike, gibt es nicht. "Um einen solchen Sharingdienst anzubieten, muss man erst eine große
Menge an Bikes auf den Markt bringen", sagte Mobilitätsexperte
Andreas Nienhaus vom Beratungsunternehmen Oliver Wyman. Nur so sei
sichergestellt, dass auch immer und überall ein Fahrrad zur Verfügung
stehe.
Der Rückzug
Wenn ein Dienst jedoch seine Räder vernachlässigt und diese
Gehwege und Einfahrten versperren, löst das Unmut aus. "Die Menschen
gehen dann dazu über, die Räder gezielt zu beschädigen", sagte
Nienhaus. "Bei manchen Anbietern waren bis zu 90 Prozent ihrer Flotte
betroffen." Auch Obike erging es in München nach dem Start ähnlich.
Zuletzt beklagten sich zudem mehrere Städte über Probleme mit dem
Anbieter - vor allem weil sie dort niemanden mehr erreichten, die
silber-gelben Räder aber vielerorts im Weg stünden und Ziel von
Vandalismus seien.
Andere Anbieter gehen behutsamer vor. Mobike etwa ist zwar
inzwischen nach eigenen Angaben der größte Leihraddienst in Berlin
mit mehreren Tausend Rädern. Begonnen hatte das Unternehmen im Herbst
2017 demnach aber mit rund 700 Fahrzeugen. Das scheint Erfolg zu
haben. Während Ofo sich aus dem deutschen Markt zurückzieht, fasst
Mobike hier zunehmend Fuß und bietet seinen Dienst inzwischen auch in
Düsseldorf und Köln an - auch hier zunächst mit wenigen Hundert
Rädern. Mit den Städten spricht sich das Unternehmen eng ab.
Mobike und Ofo haben mit den chinesischen IT-Riesen Alibaba und
Tencent mächtige, aber auch seriöse Investoren im Rücken. Auch der
Fahrdienstvermittler Uber ist inzwischen mit der Tochterfirma Jump
auf dem Leihradmarkt aktiv. An PR-Desastern wie bei Obike dürften
solche Investoren kein Interesse haben