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Sparkasse empört mit Anti-Obdachlosen-Maßnahme – Filiale reagiert auf Kritik

ARCHIV - 11.06.2018, Baden-W
Eine Maßnahme der Sparkasse, um Obdachlose zu vertreiben, stößt bei vielen Menschen für Unverständnis.Bild: dpa / Bernd Wei
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Sparkasse München schockiert mit Anti-Obdachlosen-Maßnahme: Das sagt die Filiale

13.12.2022, 15:0413.12.2022, 16:44
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Offiziell leben in Deutschland 37.400 Menschen auf der Straße – etwa 20 Prozent weniger als bisher gedacht. Erst im September dieses Jahres hat eine Studie im Auftrag des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales (BMAS) dies erstmals erhoben. Allerdings dürfte die Zahl der "verdeckt Wohnungslosen" diesen Wert noch deutlich nach oben treiben.

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In Deutschland gibt es mehr als 37.000 Obdachlose.Bild: IMAGO/Michael Gstettenbauer

Obdachlose Menschen suchen sich im Winter warme Orte für die Nacht

Sie alle suchen sich für die Nacht einen sicheren Ort zum Schlafen. Zwar gibt es viele Einrichtungen für Obdachlose, in denen sie unterkommen können. Allerdings leidet ein großer Teil der wohnungslosen Menschen bekanntlich an psychischen Erkrankungen, aufgrund derer sie sich nicht an Einrichtungen wenden können oder möchten. Besonders bei Temperaturen jenseits der Minusgrade suchen sie nach warmen Orten, um die Nächte zu überstehen. Etwa U-Bahnhöfe oder Bankfilialen.

Das gefällt nicht jedem. Denn immer wieder werden Maßnahmen ergriffen, um es Wohnungslosen so unattraktiv wie möglich zu machen, dort zu übernachten.

In Bayern sorgt aktuell solch eine Maßnahme für extreme Kritik: Auf Twitter kursiert derzeit ein Foto von einer Sparkassen-Filiale, dessen Schalterraum mit sogenannten "Anti-Homeless-Spikes" ausgestattet wurde. Das sind im Boden befestigte Metallstacheln, die verhindern sollen, dass sich Menschen dort auf den Boden legen können.

Foto von "Anti-Homeless-Spikes" in Sparkassen-Filiale geht viral

Konkret veröffentlichte ein Autor der "Süddeutschen Zeitung", Ronen Steinke, ein Foto der Spikes im Schalterraum des Beratungs-Centers der Sparkasse am Max-Weber-Platz. An sie gerichtet, schreibt er in seinem Tweet: ⁩"Shame on you, für diese nachträglich angebrachten Zacken." Weiter fügt er hinzu: "Wenn ein Obdachloser nachts in eurem Schalterraum schlafen möchte, dann nicht, weil es ihm zu gut geht."

Der Tweet ging innerhalb weniger Stunden viral, erhielt Likes im fünfstelligen Bereich und wurde vielfach retweetet. Die Reaktionen darauf fallen zwar geteilt aus. Es überwiegend jedoch die Kommentare, die sich bestürzt über die Anti-Obdachlosen-Maßnahme zeigen.

User sind entsetzt von Sparkassen-Maßnahme

Man sollte lieber Obdachlosigkeit bekämpfen als die Obdachlosen selbst, meinen einige. Ein User bezeichnet die Aktion der Bank im Retweet als "schäbig" und "widerwärtig". Er fragt: "Euer Beitrag zu Weihnachten?"

Auch der bayerische Grünen-Politiker Peter Heilrath meldet sich in der Causa Obdachlosen-Spikes zu Wort: "Pünktlich zum Winteranfang werden Obdachlose von der Sparkasse München ausgesperrt. Ekelhaft", urteilt er. Ein anderer bezeichnet die Aktion gar als "Hass auf Menschen".

Einige können die Maßnahme der Sparkasse nachvollziehen und begründen dies mit der Sicherheit der Kunden. Diese würden sich vielleicht nicht trauen, dort Geld abzuheben, wenn ein Obdachloser vor den Automaten schläft.

Sparkasse verteidigt Maßnahme: "Mangelndes Sicherheitsempfinden"

Dies ist auch einer der Gründe, warum die Sparkasse die Vorrichtung in dieser Filiale errichten ließ, wie ein Sprecher gegenüber watson bestätigt. Demnach seien die Spikes bereits vor etwa fünf Jahren bei einem Umbau angebracht worden. Und: Es sei die einzige Filiale mit dieser Anti-Obdachlosen-Maßnahme im Raum München. "Denn an diesem Standort kam es in der Vergangenheit immer wieder zu größeren Kundenbeschwerden, nachdem der Geldautomatenraum von Obdachlosen und auch anderen Gruppen als Aufenthaltsort genutzt wurde", sagt der Pressereferent der Sparkasse München, Sebastian Sippel gegenüber watson.

Demnach beschwerten sich Kund:innen in der Vergangenheit mehrfach über mangelndes Sicherheitsempfinden bei der "Vornahme sensibler Geldgeschäfte", insbesondere in den Abendstunden. Und weiter:

"Wir wollen unseren Kunden saubere Foyers bieten, in denen sie sich zu jeder Tageszeit sicher fühlen. Wir sind dazu auch immer wieder im engen Kontakt mit der Münchner Polizei, die dieses Thema sehr gut kennt und uns in der Vergangenheit dazu angehalten hat, hier keinen Aufenthaltsort für andere Zwecke als Bankgeschäfte vorzuhalten."

Kein Einzelfall: Weltweit gibt es zahlreiche Maßnahmen gegen Obdachlose

Auch das Phänomen der "defensive architecture" ist kein Neues. Die "Anti-Homeless-Spikes" sind etwa längst nicht nur in München, sondern in ganz Deutschland und weltweit vertreten. So gibt es in regelmäßigen Abständen kontroverse Diskussionen über Maßnahmen gegen Obdachlose. Verkehrsunternehmen oder Kommunen geraten beispielsweise regelmäßig in die Kritik, weil sie etwa Bänke absichtlich so gestalten, dass man dort nicht ausgestreckt schlafen kann.

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