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Vegane Verhütungsmittel und nachhaltige Sextoys: So geht "Green Sex"

Concept sex, masturbation. Hand, fingers in grapefruit, vagina symbol on a red background
Natürlicher Sex funktioniert ohne Chemie und Plastik. Bild: iStockphoto / Alexmia
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Vegane Verhütungsmittel und nachhaltige Toys: So geht "Green Sex"

26.07.2022, 15:12
Mehr «Nachhaltigkeit»

Nachhaltigkeit ist in all unseren Lebensbereichen angelangt – sogar im Bett. Egal ob wir lieber alleine oder zu zweit Spaß haben, gewisse Produkte aus dem Nachttischschrank dürfen dabei nicht fehlen. Aber wie nachhaltig sind eigentlich die Kondome, Gleitgele und Sextoys, die wir verwenden?

"Green Sex" heißt ein neuer Trend, der unser Liebesleben und Umweltbewusstsein miteinander vereinen soll. Dabei geht es nicht (zwangsläufig) um Sex in der Natur, sondern viel eher darum, die Produkte, die beim Liebesspiel zum Einsatz kommen, nach nachhaltigen Kriterien auszuwählen: Zum Beispiel Dildos aus schädlichem Kunststoff und Peitschen aus Leder durch umweltfreundlichere Produkte zu ersetzen.

Verhütung: Sicher, fair, nachhaltig

Das beginnt schon bei der Verhütung. Die Antibabypille beispielsweise sorgt nicht nur für eine Unmenge an Plastikabfall, die in ihr enthaltenen Östrogene belasten außerdem unsere Gewässer, wie das Umweltbundesamt berichtet. Das synthetische Hormon 17α-Ethinylestradiol (EE2), also der Wirkstoff der Pille, "beeinträchtigt bereits im sehr niedrigen Nanogramm/Liter-Bereich die Reproduktion von Fischen nachhaltig", wie das Umweltbundesamt erklärt.

Wer auf Hormone verzichten und sich gleichzeitig vor sexuell übertragbaren Krankheiten schützen möchte und deshalb Kondome benutzt, lebt aber auch nicht unbedingt nachhaltiger. Zwar bestehen Kondome in der Regel aus Latex, welches als Naturstoff ziemlich umweltverträglich ist und auch in der Herstellung nicht viel Energie verbraucht – aber jedes Kondom ist einzeln in Plastik verpackt. Auch sind Kondome nicht automatisch vegan, denn viele Hersteller verwenden das Milchprotein Kasein (Milchprotein), um sie anzufertigen.

Zum Glück gibt es einige Unternehmen, die schon einen Schritt weiter denken. Vegane und nachhaltige Kondome gibt es zum Beispiel von Einhorn, Fair Squared und Releaf.

Auch der konventionelle Kondom-Hersteller Ritex hat seit Kurzem mit "Pro Nature" eine nachhaltige Kondom-Variante auf den Markt gebracht. In Kooperation mit dem Naturschutzbund (Nabu) gibt es derzeit sogar die Aktionspackung "Make Love – Save Nature" zu kaufen. Aus dem Verkaufserlös wird der Nabu mit 10.000 Euro beim Thema Insektenschutz unterstützt.

Ritex Sonderedition 2022: MAKE LOVE SAVE NATURE / Weiterer Text über ots und www.presseportal.de/nr/24487 / Die Verwendung dieses Bildes ist für redaktionelle Zwecke unter Beachtung ggf. genannter Nut ...
Mit der Aktionspackung unterstüzt Ritex den Naturschutzbund.Bild: obs / Ritex

Gleitgel: Vegan feuchtfröhlich

Genauso wie bei Verhütungsmitteln, gibt es auch bei Gleitmitteln einen großen Unterschied in Qualität und Nachhaltigkeit: So kann ihre Basis entweder aus Wasser, Fett oder Silikon bestehen. Im Öko-Test waren einige der 2017 getesteten Gleitgele mit Schadstoffen belastet, die sowohl für die Haut als auch für die Umwelt gefährlich werden können. Außerdem belasten silikonbasierte Gleitmittel die Kläranlagen bei der Filterung, weil sie nicht wasserlöslich sind.

Das CBD-Gel ist bio, recycelt und vegan.
Das CBD-Gel ist bio, recycelt und vegan. bild: nevernot

Umweltfreundliches Gleitgel in Bio-Qualität gibt es beispielsweise von der Berliner Marke Nevernot – sogar in drei Sorten. Besonders spannend: Eine der Gleitgel-Varianten ist mit CBD angereichert. Dieses kann schmerzlindernd wirken, zur Entspannung beitragen und sexuelles Verlangen steigern. Ein weiteres Plus: Alle drei Gele wurden in der EU hergestellt und sind mit Recyclingstoffen verpackt.

Sextoys: Holzdildos und Vibratoren aus Ozeanplastik

Auch auf der Amorelie-Website gibt es eine Vielzahl von veganen, natürlichen und biologischen Gleitgels zu kaufen. Hauptsächlich verkauft der Online-Versandhändler allerdings Sexspielzeuge. Aber wie steht es eigentlich um deren Nachhaltigkeit?

Holzdildos und -vibratoren aus dem Odenwald, hergestellt im Familienbetrieb: Was klingt wie ein guter Scherz, ist tatsächlich eine lukrative und nachhaltige Geschäftsidee. Das Unternehmen WaldMichlsHoldi vertreibt seit 2006 Sexspielzeuge, die in Handarbeit gefertigt und medizinisch geprüft werden.

Zum Einsatz kommt dabei Fichtenholz aus zertifizierter Forstwirtschaft (FSC) – ein schnell nachwachsender Rohstoff aus der Natur. Wer Angst vor Splittern hat, kann aber durchatmen: Durch eine wasserbasierte GNH3-Beschichtung wird die Holzstruktur jedes Toys sicher versiegelt. Das Unternehmen schwört auf die natürlichen Kräfte des Holzes: "Dank seiner schwingungsfreudigen, langen Fasern leitet das Fichtenholz die Vibrationen des Motors nicht nur wunderbar weiter, sondern verstärkt sie dabei sogar."

Ganz neu auf dem Markt sind die Vibratoren der Marke Ohhcean. Sie sind die ersten Sexspielzeuge weltweit, die aus recyceltem Plastik aus dem Meer hergestellt wurden. Der Kunststoff, der unsere Ozeane verschmutzt, wurde dafür aus dem Wasser gefischt, in Granulat zerkleinert, mit einer Silikonschicht überzogen und in drei verschiedene Geräte verwandelt.

Nachhaltige Sextoys von Passion Fruit

Wer sich für nachhaltige Sextoys interessiert, ist bei Antonia und Nele von Passion Fruit an der richtigen Adresse. Die beiden ehemaligen Kommilitoninnen betreiben einen Online-Shop, der sich explizit auf Sexspielzeug von kleineren Unternehmen, die Wert auf Nachhaltigkeit legen, spezialisiert hat.

Nele Disselkamp und Antonia Mörtl von Passion Fruit.
Nele Disselkamp und Antonia Mörtl von Passion Fruit.

Bei Passion Fruit gibt es beispielsweise Toys aus Holz, Stein und Glas zu kaufen. Die Vorbehalte, die viele gegenüber diesen Materialien haben, seien unbegründet, erklären die beiden im Gespräch mit watson: "Die Kundinnen und Kunden befürchten, dass es beispielsweise zu Splittern kommen könnte. Aber in der Produktion wird sichergestellt, dass das nicht passiert. Die Produkte aus diesen Materialien sind absolut sicher und hochwertig."

Doch warum wird nicht herkömmliches Silikon verwendet, das bei den meisten Sextoys zum Einsatz kommt? Das Passion-Fruit-Team erklärt: "Oft geben Hersteller vor, Silikon zu verwenden. Wenn man genauer hinschaut, erkennt man allerdings, dass es PVC-Produkte sind, die hauptsächlich aus Plastik und Weichmachern bestehen. Diese Produkte können sich sogar auflösen, wenn sie nicht richtig verarbeitet sind." Auch das Recycling gestalte sich bei diesen Produkten als schwierig, weil der verwendete Kunststoff-Mix nicht wieder aufbereitetet werden könne. Deswegen sei es eine tolle Alternative, Sextoys aus nachwachsenden Rohstoffen wie Holz herzustellen.

Antonia und Nele weisen auf ein weiteres Problem hin: Die fehlenden Schadstoff-Grenzen. Anders als bei Kinderspielzeug, gibt es für Sextoys keine Regelungen, die festlegen, wie viele Schadstoffe höchstens in einem Produkt verwendet werden dürfen. "Das liegt wahrscheinlich daran, dass Sex und Masturbation noch immer Tabu-Themen sind, die auf politischer Ebene gerne ignoriert werden", sagen die Gründerinnen.

Nicht nur auf politischer Ebene müsse sich etwas verändern, auch in der Gesellschaft solle das Thema "nachhaltiger Sex" präsenter werden. "Es gibt gesellschaftliche Barrieren, die den offenen Dialog über dieses Thema erschweren. Deswegen versuchen wir auf unserer Website den Fokus auf Aufklärung zu legen und ein Bewusstsein dafür zu schaffen, dass Nachhaltigkeit auch bei Sextoys eine große Rolle spielt", erzählen Nele und Antonia im Gespräch mit watson.

Wer jetzt auf den Geschmack gekommen ist und mehr Natürlichkeit ins eigene Schlafzimmer bringen will, kann das beispielsweise mit einem Holz-Vibrator, einem Aprikosen-Knebel aus medizinischem Silikon oder einem Dildo in Maiskolben-Optik tun.

Deutsche Post: Änderung bei der Briefzustellung zum Wohle der Umwelt

Die Klimakrise zwingt uns, unseren Alltag radikal zu überdenken und unsere bisherigen Verhaltensweisen anzupassen. Machen wir das nicht, ist die Erderwärmung nicht mehr zu stoppen, warnen Expert:innen und Aktivist:innen seit Jahren.

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