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Lockdown in Österreich: Menschen berichten, wie die Stimmung im Land und Zuhause ist

ABD0048_20211115 - WIEN - ÖSTERREICH: ++ THEMENBILD ++ Zur Eindämmung der massiv steigenden Corona-Infektionen gilt ab heute ein "Lockdown für Ungeimpfte". Im Bild: Die Situation auf der Mar ...
In Österreich befinden sich Ungeimpfte gerade im Lockdown. Aber auch für Geimpfte beginnt ein Lockdown ab dem 22. November.Bild: www.picturedesk.com / GEORG HOCHMUTH
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Lockdown in Österreich: Menschen berichten, wie die Stimmung im Land und Zuhause ist

20.11.2021, 16:1722.11.2021, 18:47
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Jetzt kommt er doch, der Lockdown für alle in Österreich: Ab dem 22. November muss das ganze Land zehn Tage lang in den Lockdown. Ab dem 1. Februar plant die österreichische Regierung sogar die Einführung einer Impfpflicht. Der Lockdown werde laut Angaben von Bundeskanzler Alexander Schallenberg nach zehn Tagen bewertet und höchstens 20 Tage dauern. Schulen und Kindergärten sollen den Angaben zufolge aber offen bleiben. Ab spätestens 13. Dezember sei für Geimpfte und Genesene der Lockdown vorbei. Danach soll wieder die 2G-Regel gelten. Der Bundeskanzler bezeichnet diesen Schritt als schmerzhaft, sagt aber: "Wir wollen keine fünfte Welle, wir wollen keine sechste und siebte Welle."

Bereits seit diesem Montag gilt in ganz Österreich ein Lockdown nur für Ungeimpfte. Menschen ohne Impfung dürfen ihre Wohnung derzeit nur noch aus triftige, Grund wie die Arbeit, den Einkauf oder Arztbesuch verlassen. Doch die Corona-Lage im Nachbarland ist so dramatisch, dass der Lockdown nur für Ungeimpfte scheinbar als nicht ausreichend eingeschätzt wurde: Die 7-Tage-Inzidenz liegt derzeit bundesweit bei fast Tausend (990, Stand 17.11 nach AGES), das Land Salzburg – mit einer Inzidenz von fast 1.740 (Stand 18.11.) – bereitet derzeit Triage-Modelle für Krankenhäuser vor.

Die harten Maßnahmen der österreichischen Bundesregierung sorgen für Empörung bei den Betroffenen. Landesweit gab und gibt es bereits Proteste gegen die neue Regelung. Watson hat nachgefragt: Was fühlen junge Österreicher und Österreicherinnen angesichts der akuten Lage im Land?

In Wien kam es zu Protesten vor dem Kanzleramt wegen der Entscheidung eines Lockdown für Ungeimpfte.Video: YouTube/faz

"Es ist wahrscheinlich eh der einzige Weg, die Leute hier zum Impfen zu motivieren"

Vilma K., 32 aus Wien, befürchtet noch strengere Maßnahmen im Kampf gegen Corona.

"Ich finde – und hab das Gefühl, dass die Geimpften hier im Allgemeinen so empfinden – dass es gut ist, die Nichtgeimpften quasi in Hausarrest zu schicken. Es ist wahrscheinlich eh der einzige Weg, die Leute hier zum Impfen zu motivieren. Ein bisschen besteht trotzdem die Befürchtung, dass das nicht ausreichen wird, sondern es einen weiteren Lockdown für alle geben wird. Ich hab generell nicht so sehr Angst vor der Ansteckung, bin ja geimpft und vermeide Orte, wo ich (und vor allem mein Baby) mit vielen Menschen in Kontakt kommen könnte. Aber ich kenne auch Leute, die jetzt erleichtert sind, weil die Ungeimpften nicht raus dürfen."

"Man hat Angst, krank zu werden, weil man Angst hat, dann keinen Platz im Krankenhaus zu bekommen"

Jenny S., 34, wohnt in Vorarlberg. Sie zeigt Verständnis für ungeimpfte, unsichere Schwangere, fordert generell aber zum Impfen auf.

"Ich glaube, dass viele Leute in der Bevölkerung schon vorher für den Lockdown der Ungeimpften waren. Auf der anderen Seite kenn ich viele Mamis, die sich unsicher waren wegen der Datenlage. Die sind noch nicht geimpft und stillen gerade noch. Diese Mamis müssen jetzt zu Hause bleiben und sind, so wie die Papas, ziemlich sauer, dass die Regierung so vehement vorgeht. Schließlich sind ungeimpfte Menschen nicht nur 'Schwurbler', sondern manche sind halt auch in einer Situation, dass sie zum Beispiel frisch Mamas geworden sind und noch nicht auf die Empfehlung der Wissenschaft vertrauen. Ich finde, da ist die Unsicherheit gerechtfertigt.

Also ja, es gibt solche Einzelfälle, in denen auch geimpfte Personen sagen, jetzt einen Lockdown zu machen ist eine Frechheit. Die Grundstimmung ist, dass die Gesellschaft kein Verständnis mehr für ungeimpfte Menschen hat. Vorher war es eher so ein Leben und Leben lassen. Jetzt sind alle genervt von dem Thema und wollen, dass die Pandemie endlich vorbei ist. Gerade, dass die Zahl der belegten Intensivbetten steigt, sorgt für Grant: Man hat Angst, krank zu werden, weil man Angst hat, dann keinen Platz im Krankenhaus zu bekommen.

Außerdem kochen wegen der politischen Debatte zwischen ÖVP und Grünen gerade die Gerüchte hoch, ob es nicht doch zu einem Lockdown für alle kommen sollte. Es sind nach wie vor alle ein bisschen verwirrt auf Grund der unterschiedlichen Informationen: mal heißt es A, mal heißt es B. Aber solche Kontaktbeschränkungen würde gerade in der Vorweihnachtszeit für Frust sorgen. Oder wenn die Kinder nicht mehr in die Schule gehen dürften. Ich glaube, dann kocht es richtig hoch. "

Die österreichische Polizei muss künftig Impfnachweise kontrollieren.
Die österreichische Polizei muss künftig Impfnachweise kontrollieren. Bild: www.picturedesk.com / HANS PUNZ

"Ich finde das einfach nur noch erschöpfend"

Thomas (Name v.d.Red. geändert), 25, aus Wien, ist deprimiert angesichts der neuen Corona-Welle.

"Ich bin viel zu ausgebrannt, um wirklich zu sudern (Anm. d. Red., jammern), ehrlich gesagt. Das ist alles ein absolutes Trauerspiel – wir haben so hohe Zahlen wie noch nie und die nötigen Informationen werden nicht mal ansatzweise verständlich oder schnell genug an die Bevölkerung verteilt: Es ist Lockdown für die Ungeimpften, aber niemand kennt sich aus, wo und ab wann! Ist es nur in Oberösterreich? Ist es überall? Wer kontrolliert das überhaupt? Niemand weiß es! Die Infos ändern sich gefühlt auch alle drei Stunden, wenn dann überhaupt mal irgendwas gesagt wird. Ganz zu schweigen, dass ich persönlich der Meinung bin, dass wir zwei Dinge brauchen, um eine Chance zu haben, die Zahlen so halbwegs in den Griff zu kriegen: Einen harten Lockdown wie im März 2020 und zwar für ALLE und eine Impfpflicht. Beides werden wir aber nicht bekommen, weil diese Regierung inkompetent und an anderen Dingen interessiert ist. Ich finde das einfach nur noch erschöpfend, besonders wo ich weiß, dass sich für MICH nichts ändern wird – ich muss immer noch in die Arbeit, immer noch mit den Öffis fahren und ich mag einfach nimmer."

"Ich persönlich kann keine Empathie oder Solidarität gegenüber Ungeimpften mehr aufbringen"

Katharina Urban ist 32 und wohnt in Wien. Sie ist sauer, dass alle unter der Sturheit der Ungeimpften leiden müssen. Sie ist für eine Impfpflicht.

"Die Ausgangssperren für Ungeimpfte empfinde ich als wichtigen Schritt in die richtige Richtung – dass die Leute, die meinen, es besser zu wissen und uns aufhalten, endlich in die Schranken gewiesen werden. Mein Bruder ist Arzt in Oberösterreich – die Intensivstationen sind voll, er ist grade in der Orthopädie zur Facharzt-Ausbildung. Alle bis auf einen OP wurden geschlossen, er wurde zum 'Corona Arzt' gemacht und diese Zeit wird ihm auch nicht auf die Ausbildung zum Facharzt angerechnet. Wir sind alle einfach schon so sauer und ich persönlich kann keine Empathie oder Solidarität gegenüber Ungeimpften mehr aufbringen. Meiner Meinung nach gehört eine Impfpflicht her…"

Polizeipatrouillen sind derzeit vermehrt im Einsatz, um die Durchsetzung des Lockdowns für Ungeimpfte in Österreich zu überprüfen.
Polizeipatrouillen sind derzeit vermehrt im Einsatz, um die Durchsetzung des Lockdowns für Ungeimpfte in Österreich zu überprüfen.Bild: www.picturedesk.com / ZEITUNGSFOTO.AT

"Aus Sicht eines Geimpften ist es eher entspannt"

Philipp Kröll aus der Steiermark, sieht die Situation selbst gelassen. Er erzählt jedoch von zunehmenden privaten Konflikten durch die Impfdebatte.

"Aus Sicht eines Geimpften ist es eher entspannt, weil die Politik gerade mit allen Mitteln versucht, Ungeimpfte zum Impfen zu drängen. Ich hatte gestern Abend auch ein Gespräch mit einer ungeimpften Cousine, die als Hebamme im Krankenhaus arbeitet und bald nicht mehr ohne Impfung arbeiten darf. Sie hat mir erzählt, dass der Druck in der Gesellschaft immer größer wird und sich auch im privaten und familiären Bereich die Konflikte aufschaukeln. Ich habe aber auch gemerkt, wie weit wir davon entfernt sind, solche Menschen abzuholen, da sie von so vielen Informationen beziehungsweise Gerüchten eingenommen sind und nicht mehr einfach so auf rationaler Ebene abgeholt werden können. Das hat mir auch gezeigt, dass es hier für diese Menschen um viel mehr geht, als nur einfach einen kleinen Schritt zu tun. Aber ganz generell ist anhand der steigenden Zahlen vorhersehbar, dass für alle Einschränkungen kommen werden und ich bin gespannt, was es für einen Einfluss auf die Pandemiebekämpfung haben wird, auch welche Langzeitfolgen für die Gesellschaft."

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