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Fußball-Kolumne

Bundesliga-Start: Wie sich unser Blick auf den Fußball verändert hat

Team's players line up prior the German Bundesliga soccer match between Eintracht Frankfurt and Bayern Munich in Frankfurt, Germany, Friday, Aug. 5, 2022. (AP Photo/Matthias Schrader)
Zur neuen Bundesliga-Saison schauen die Fans anders auf den Fußball wie bisher, sagt Fanforscher Harald Lange. Bild: AP / Matthias Schrader
Fußball-Kolumne

Bundesligastart: Wie sich unser Blick auf den Fußball verändert hat

In seiner wöchentlichen Kolumne schreibt der Fanforscher Harald Lange exklusiv auf watson über die Dinge, die Fußball-Deutschland aktuell bewegen.
06.08.2022, 10:1028.01.2023, 09:32
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Am Freitagabend haben Bayern München und Eintracht Frankfurt eine Bundesliga-Saison eröffnet, in der die Erwartungen an vermeintlich "guten Fußball" im Vorhinein noch nie so hoch waren.

Nach zwei Saisons, in denen Fans coronabedingt entweder gar nicht oder nur unter strengen Auflagen und unregelmäßig ins Stadion gehen durften, steht nun die erste Saison mit der Aussicht auf wirklichen, atmosphärischen Fußballerlebnissen an.

Ganz so, wie wir es am Ende der letzten Saison in fast allen Stadien der Liga beobachten konnten. Vor einigen Monaten sind während der letzten Saisonspiele überall Dämme gebrochen. Fans feierten ausgelassen wie seit vielen Jahren nicht mehr und wir alle hatten den Eindruck, dass die lange Coronaphase mit all ihren sozialen Beschränkungen dazu geführt hat, dass wir nachholen wollen und Erlebnisdefizite der letzten zwei Jahre ausgleichen müssen. Was bietet sich hierfür besser an als der Fußball?

Kolumnist Harald Lange
Fanforscher Harald LangeBild: uni würzburg
Über den Autor
Harald Lange ist seit 2009 Professor für Sportwissenschaft an der Universität Würzburg. Er leitet den Projektzusammenhang "Fan- und Fußballforschung" und gilt als einer der bekanntesten Sportforscher in Deutschland. Der 53-Jährige schreibt und spricht täglich über Fußball, auch in seinem Seminar "Welchen Fußball wollen wir?"

Fans mit neuer kritischer Haltung gegenüber Kommerzialisierung

Neben dem Genuss und Erlebnis, dem Feiern und dem Ausleben fußballbezogener Emotionen haben wir in den zurückliegenden Jahren aber auch eine weitere gewichtige Erwartung aufgebaut: Wir gehen überaus kritisch mit der zügellosen Kommerzialisierung des Fußballs um. Gerade deutsche Fans sehen die Qualität des Fußballs nicht allein im 1:0 und seinem technischen und konditionsbedingten Zustandekommen, sondern achten auf die Vorbildfunktion der Liga.

"Guter Fußball" ist inzwischen wertebasiert. Ungerechtigkeiten, Abzocke und die Verletzung von Menschenrechten werden von den Fans nicht (mehr) toleriert.

Immer dann, wenn der Fußball in den Verdacht gerät, auch die sportbezogenen Werte – Chancengleichheit, Solidarität, Fairplay, Wettkampfprinzip – mit Füßen zu treten, dann sind neben verschiedenen Formen des Fanprotests auch Tendenzen der Abwendung zu beobachten. Die Klubs bleiben auf ihren Tickets sitzen und die in der Vorweihnachtszeit stattfindende WM wird von vielen Fans boykottiert. Diese Entwicklung ist neu und wird auch den Sponsoren und Geldgebern im Fußball nicht verborgen bleiben.

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Außenseiter-Vereine bei Fans immer beliebter

Wir dürfen also gespannt sein, wie der Bundesligafußball aus der Sommerpause kommt und welche neuen Akzente wir beobachten können.

Inzwischen wissen wir zwar, dass Geld auch Tore schießt und damit letztlich im Kampf um die Deutsche Meisterschaft seit Jahren zuallererst eine gewisse Langeweile provoziert. Aber wir wollen das nicht mehr.

Wir setzen mehr und mehr auf den Außenseiter und entwickeln Opposition gegenüber Vereinen, die den Fußball zu einem Geschäft ihrer firmeninternen PR-Abteilung machen. Deshalb lagen im vergangenen Jahr die Sympathien auch bei Klubs wie dem SC Freiburg oder Union Berlin. Das könnte bereits in dieser Saison, aber spätestens in den kommenden Jahren anders werden und durchaus auch die ganz großen Vereine in das Zentrum unserer Sympathiebekundungen holen. Achtet einfach mal auf das, was den Fußball im Kern ausmacht: Werte, Emotionen und Authentizität.

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So gesehen drücke ich in dieser Saison den Mannschaften die Daumen, die es schaffen, Werte wie Leidenschaft, Hingabe und Risikobereitschaft auf dem Spielfeld zu entfalten. Ich binde mich auch emotional an Spieler, die keine Angst vor großen Gegnern haben und alle Möglichkeiten, die der Fußball zu bieten hat, ausschöpfen, um dem übermächtigen Favoriten ein Bein zu stellen.

Und wir alle hoffen: Falls es dieses Mal nicht klappt, dann aber in der kommenden Saison. Wir sind bereit, zu leiden. Für und mit unserer Mannschaft. Genau darin zeigt sich im wahrsten Sinne des Wortes die Leidenschaft wirklicher Fußballfans. Alles andere ist Klamauk.

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