"Berlin trägt Kippa", "Köln trägt Kippa". Die beiden Städte setzen am Mittwoch ein Zeichen gegen Antisemitismus. In Berlin hatte die Jüdische Gemeinde zu einer Kundgebung aufgerufen. Die Veranstaltung wird von zahlreichen Politikern, Parteien und Organisationen unterstützt. Andere Städte wie Frankfurt am Main sollen folgen.
Schon am Dienstag hatte sich Katarina Barley geäußert. Die Justizministerin eröffnete in Berlin die Ausstellung "Der Volksgerichtshof 1934–1945. Terror durch 'Recht'" und sie nutzte die Gelegenheit für ein starkes Bekenntnis.
Vor kurzem waren in Berlin zwei junge Israelis, die Kippa trugen, überfallen worden. Der jugendliche Täter stellte sich der Polizei. Der Vorfall löste eine Debatte über Antisemitismus in Deutschland aus.
Zudem veröffentlichte die Recherche- und Informationsstelle Antisemitismus in Berlin (Rias) neue Zahlen zu antisemitischen Übergriffen. Demnach stieg die Zahl der Attacken in Berlin 2017 auf 947 antisemitische Zwischenfälle. Im Jahr zuvor hatte die Zahl der gemeldeten Übergriffe in der Hauptstadt noch bei 590 gelegen.
Zu den Vorfällen zählten aber nicht nur gewalttätige Angriffe:
Der Übergriff in Berlin wurde von palästinensischen Jugendlichen aus Syrien verübt. Dieser Hintergrund führte zu einer Debatte über einen vermeintlich neuen Antisemitismus unter muslimischen Zuwanderern. Dazu sagte Meron Mendel von der Anne-Frank Begegnungsstätte in Frankfurt am Main zu watson.de:
In einem Gastbeitrag für die Frankfurter Allgemeine Zeitung (FAZ) hatten zuvor schon Shimon Stein, ehemaliger Botschafter Israels in Deutschland, und der Historiker Moshe Zimmermann einen neuen Debatten-Ton in Deutschland beklagt:
Der Präsident des Zentralrates der Juden in Deutschland, Josef Schuster, warnte jetzt vor dem Tragen einer Kippa in Deutschland. Er rate Einzelpersonen davon ab, "sich offen mit einer Kippa im großstädtischen Milieu in Deutschland zu zeigen", sagte Schuster dem Sender Radioeins.
Schuster fügte hinzu, er habe jedoch das Gefühl, dass "man im Großteil der Gesellschaft verstanden hat, dass wir auch an einem gewissen Wendepunkt angekommen sind". Wenn es nicht gelinge, offenem Antisemitismus entgegenzutreten, "dann stellt dies letztendlich auch eine Gefahr für unsere Demokratie dar", sagte der Präsident des Zentralrats der Juden.
Organisiert wird die Solidaritätskundgebung am Mittwoch von der Jüdischen Gemeinde Berlin; Politiker, Parteien und Organisationen unterstützen die Aktion, darunter der Zentralrat der Muslime. Es gehöre zu seinen tiefsten islamischen Glaubensüberzeugungen, gegen jede Form von Menschenfeindlichkeit und Rassismus Gesicht zu zeigen, sagte der Vorsitzende des Zentralrats der Muslime Aiman Mazyek dem Redaktionsnetzwerk Deutschland.
Unter anderem werden Berlins Regierender Bürgermeister Michael Müller (SPD), der Präsident des Zentralrats der Juden, Josef Schuster, der evangelische Bischof Markus Dröge und der Grünen-Politiker Cem Özdemir sprechen. Auch der Vorsitzende der Türkischen Gemeinde in Deutschland, Gökay Sofuoglu, rief zum Tragen der Kippa als Zeichen der Solidarität auf.
(dpa, AFP)