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Bayern: Klub überbrückt seine Nachwuchssorgen gerade mit einer simpler Strategie

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"Mia san mia" – aber gilt das auch in der Jugendarbeit des FC Bayern? Nicolas Kühn, Joshua Zirkzee und Leon Dajaku (v.l.n.r.).bild: imago images/köhn/jan hübner/taeger/watson montage
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Der FC Bayern überbrückt seine Nachwuchssorgen mit einer simplen Strategie

25.01.2020, 12:49
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Er ist 20 Jahre jung, spielt seit der U15 für die Nachwuchsnationalteams des DFB, im vergangenen Jahr verlieh ihm der Verband die Fritz-Walter-Medaille in Gold für besondere sportliche Leistungen im Jugendbereich. Nicolas Kühn gilt als eines der größten Fußballtalente Deutschlands.

Der FC Bayern hat den Offensivallrounder nun von Ajax Amsterdam ausgeliehen. Er soll sich im Reserveteam in der 3. Liga unter Trainer Sebastian Hoeneß beweisen, aber auch als Backup für die Bundesliga empfehlen. Unter Hoeneß spielte Kühn bereits für die U17 von RB Leipzig, bevor er aus der U19 der Sachsen im Januar 2018 für zwei Millionen Euro nach Amsterdam wechselte.

"Wir verfolgen den Weg von Nicolas schon seit ein paar Jahren und freuen uns, dass er nun für ein halbes Jahr das Bayern-Trikot tragen wird. Diese Ausleihe ist für alle Seiten eine sehr interessante Geschichte", sagte Jochen Sauer, Leiter des FC Bayern Campus, der Nachwuchsakademie der Münchener.

Nicolas Kühn spielt aktuell für die deutsche U20-Nationalmannschaft.
Nicolas Kühn spielt aktuell für die deutsche U20-Nationalmannschaft.bild: imago images / Köhn

Aber warum trägt eines der größten Talente Deutschlands eigentlich nicht schon längst das Trikot des größten Fußballklubs Deutschlands? Sollte das nicht der Anspruch des großen FC Bayern sein?

FC Bayern konnte zuletzt kaum Talente aus dem NLZ integrieren

Das Nachwuchsleistungszentrum (NLZ) des FC Bayern hat in den vergangenen Jahren kaum Talente aus dem eigenen Campus ins Profiteam integrieren können. Positive Beispiele waren zuletzt Thomas Müller, der 2008 unter Jürgen Klinsmann debütierte, und der Österreicher David Alaba, dem Louis van Gaal im Jahr 2010 erstmals die große Bundesligabühne ermöglichte. Davor waren es Bastian Schweinsteiger und Philipp Lahm, die es aus der Bayern-Jugend zu den Profis schafften. Müller, Schweinsteiger und Lahm brachten als waschechte Bayern zudem regionalen Bezug mit, der auch zum "Mia san mia"-Selbstverständnis des Vereins passt.

Nicht jedes Top-Talent schafft den Sprung
70 Spieler aus den insgesamt 56 Leistungszentren Deutschlands schaffen jährlich den Sprung in die 1. oder 2. Bundesliga. Diese Zahl gab die Deutsche Fußball Liga in Frankfurt/Main im Juli 2019 bekannt.

Zehn Jahre und mehr ist es nun aber schon her, dass das Münchener NLZ einen selbst ausgebildeten Spieler hervorgebracht hat, der dann auch bei den Herren Fuß gefasst hat. In den vergangenen Jahren scheiterten zum Beispiel Lucas Scholl, Gianluca Gaudino und Patrick Weihrauch am Sprung aus dem Nachwuchs in die erste Mannschaft. Scholl spielt nun in der Regionalliga bei Wacker Nordhausen, Gaudino bei Young Boys Bern in der Schweiz, Weihrauch in der 2. Liga bei Arminia Bielefeld.

Das soll sich ändern. Der Vorstandsvorsitzende des FC Bayern München, Karl-Heinz Rummenigge, versprach im Jahr 2019: "Ich sage heute voraus: In den nächsten zwei Jahren werden Spieler nach oben kommen aus dem Campus." In den vergangenen Jahren investierte der FC Bayern rund 100 Millionen Euro in den Nachwuchsbereich, um die Durchlässigkeit zum Profiteam mittel- bis langfristig zu erhöhen.

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Auf dem Campus des FC Bayern sollen die ganz großen Stars mit "Mia san mia"-Identität herangezüchtet werden. Bild: imago images / ActionPictures

FC Bayern setzt aktuell auf externe Talente wie Nicolas Kühn

Bis die neue Nachwuchsoffensive Früchte trägt, setzt der FCB verstärkt auf externe Talente, die für die Jugend- und Herrenteams verpflichtet werden. Der Klub shoppt seine akuten Nachwuchssorgen einfach weg, so scheint es.

Leon Dajaku.
Leon Dajaku.bild: imago images/Jan Huebner/Taeger

Im Sommer kaufte Bayern den 18-jährigen Leon Dajaku, U19-Nationalspieler, vom VfB Stuttgart. Kostenpunkt laut "Transfermarkt": 1,5 Millionen Euro. Bayern-Trainer Hansi Flick schenkte dem gebürtigen Waiblinger in zwei Kurzeinsätzen bereits zehn Bundesligaminuten in dieser Saison.

Auch begabte junge Kicker aus dem Ausland stehen im Fokus

Auch ausländische Talente stehen im Fokus des FC Bayern: Stürmer Joshua Zirkzee, 19, wechselte 2017 von Feyenoord Rotterdam in die Bayern-Jugend; der gleichaltrige Alphonso Davies, gelernter Linksaußen, kam im Januar 2019 aus Kanada von den Vancouver Whitecaps nach München. Beide sorgen in der Bundesliga schon für Furore: Davies hilft aktuell als Linksverteidiger aus, macht seine Sache hervorragend. Zirkzee entschied zweimal mit einem Jokertor das Spiel.

Im vergangenen Sommer verschlug es auch schon die 16-jährigen Chelsea-Talente Jamal Musiala und Bright Akwo Arrey-Mbi an die Isar. Beide sind in Deutschland geboren, besitzen aber auch die englische Staatsbürgerschaft.

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Die Zukunft: Alphonso Davies (l.) mit Joshua Zirkzee.bild: bild: imago images/jan huebner/taeger

Arrey-Mbi durfte sogar kürzlich am Wintertrainingslager der Profis in Katar teilnehmen. Ebenso nahm Flick den 18-jährigen Deutsch-Brasilianer Oliver Batista-Meier, der 2016 aus der Jugend des 1. FC Kaiserslautern kam, mit in den Wüstenstaat. Auch Chris Richards, 19-jähriges US-Talent, vor einem Jahr vom FC Dallas verpflichtet, war im Trainingslager dabei.

Nachwuchs beim FC Bayern: Wo bleibt das "Mia san mia"?

Die Bayern-Talente kommen aus Dallas, Kaiserslautern, London, Stuttgart, Rotterdam, Vancouver. Oder in der jüngeren Vergangenheit auch aus Kopenhagen (Pierre Emile Højbjerg, mittlerweile beim FC Southampton), Frankfurt (Emre Can, Juventus) oder Gladbach (Sinan Kurt, vereinslos). Das ist nichts Verwerfliches, fast alle europäischen Topklubs werben national wie international Talente von der Konkurrenz ab. Aber wo bleibt da das "Mia san mia", der regionale Bezug, den sich der FC Bayern so gerne auf die rot-weiße Fahne schreibt?

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Bright Arrey-Mbi (r.) im Testspiel gegen den 1. FC Nürnberg mit Fiete Arp, Michaël Cuisance und Lars Mai (v.l.n.r.).bild: imago images/Sven Simon/frank hoermann

Der designierte Nachfolger von Rummenigge, der langjährige Bayern-Kapitän Oliver Kahn, will den bajuwarischen Leitspruch wieder fest in der Nachwuchsförderung verankern: Im Interview mit dem Vereinsmagazin "51" forderte er neulich: "Wir wollen und müssen wieder Spieler aus dem eigenen Haus zu den Profis bringen." Dies sei wichtig, um bei der fortschreitenden Internationalisierung den "regionalen, bayerischen Charakter" des Vereins zu erhalten.

Aufrückende Fußballer aus dem Nachwuchs könnten zu Identifikationsfiguren reifen, und "diese Spieler braucht es mehr denn je", betonte Kahn: "Spieler wie David Alaba, Philipp Lahm, Bastian Schweinsteiger und natürlich Thomas Müller haben Epochen beim FC Bayern mitgeprägt und stehen für diesen Verein."

ARCHIV - 23.05.2001, Italien, Mailand: Torwart Oliver Kahn (M) vom FC Bayern M�nchen jubelt mit seinen Teamkollegen und dem CL-Pokal nach dem Sieg im Champions League Finale gegen FC Valencia. Der 50- ...
Legende: Oliver Kahn im Mai 2001 mit dem Champions-League-Pokal.Bild: dpa

Vielleicht dauert es auch gar nicht mehr so lange, bis der nächste Profi mit urbayerischer Identität und "Mia san mia"-Gen reif für die Profis ist: Adrian Fein, momentan an den Hamburger SV und vergangene Saison an Jahn Regensburg verliehen, zeigt in der 2. Bundesliga gute Leistungen – und er zeigt mit Stolz, wo er herkommt: Der gebürtige Münchener hat auf seinem linken Arm das Stadtwappen tätowiert.

Doch bis die nächsten lokalpatriotischen Talente wie Adrian Fein aus dem Campus-Ei schlüpfen, muss der FC Bayern offenbar mit Externen überbrücken. Zum Beispiel mit Nicolas Kühn, übrigens gebürtig aus Wunstorf, nahe Hannover. Andererseits muss man gar kein waschechter Bazi sein, um irgendwann als Ur-Münchener wahrgenommen zu werden, "Mia san mia" kann man auch lernen: Vereinslegende Oliver Kahn kommt aus Baden und dürfte wie kaum ein Zweiter für "Mia san mia" stehen.

(as)

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