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"Hart aber fair": Cem Özdemir findet starke Worte – "Jedes Jahr kostet mehr"

Michael Hüther glaubt, dass Deutschland nur als gutes Beispiel taugt.
Michael Hüther glaubt, dass Deutschland nur als gutes Beispiel taugt. bild: screenshot ard
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Wirtschafts-Prof bei "Hart aber fair" zur Klimakrise: "Irrelevant, was wir tun"

24.08.2021, 13:45
Dirk Krampitz
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Nach neun Wochen Sommerpause ist Frank Plasberg zurück. Noch sind es fünf Wochen bis zur Bundestagswahl. Mit "Hart aber fair" will er in den verbleibenden Ausgaben die Fragen der Bürger zu verschiedenen Themenschwerpunkten klären. Den Anfang macht die Klimakrise. Zuschauer-Redakteurin Brigitte Büscher reist durch Deutschland und bringt eine handvoll Fragen mit, die auch im Studio diskutiert werden. Gäste sind diesmal:

  • Svenja Schulze, SPD, Bundesumweltministerin
  • Markus Blume, CSU, Generalsekretär
  • Cem Özdemir, B'90/Grüne, Bundestagsabgeordneter; Ausschussvorsitzender Verkehr und digitale Infrastruktur
  • Pauline Brünger, Studentin, Klima-Aktivistin, Sprecherin von "Fridays for Future"
  • Michael Hüther, Wirtschaftswissenschaftler, Direktor des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW Köln)
Klimaaktivistin Pauline Brünger kritisiert die Parteien wegen ihres fehlenden Klima-Programms.
Klimaaktivistin Pauline Brünger kritisiert die Parteien wegen ihres fehlenden Klima-Programms.bild: screenshot ard

Zu den Vertretern der Parteien und der Wirtschaft ist Studentin Pauline Brünger der Gegenpol in der Sendung. Die Sprecherin von "Fridays for Future" ist nicht zufrieden mit der Politik, "weil die meisten Parteien nicht ehrlich sind, wie groß die Krise ist, in der wir stecken". Plasberg versucht, ihr die Vokabeln "Einschränkung" oder "Verbot" in Hinblick auf das zukünftige Leben zu entlocken, aber dafür ist die Aktivistin mittlerweile zu rhetorisch erfahren.

"Natürlich werden sich wahnsinnig viele Dinge ändern. Natürlich auch im Leben jedes einzelnen Menschen."
Pauline Brünger

Diese Veränderung werde aber sowieso kommen, es sei nur die Frage, ob man sie im Rahmen gestalten könne oder nur noch reagieren. Aber als Plasberg nachhakt, gibt sie einen Einblick in ihre Erwartungen. "Es wird vom Individualverkehr weggehen, so etwas wie Inlandsflüge wird es nicht mehr geben."

Im Moment empfindet sie die Situation eher zerfahren: "Die Politik hat in diesem Wahlkampf die Verantwortung abgegeben." Sie müsse eher vermitteln. Brünger weiter: "Das ist eine soziale Krise. Wir stehen vor einem wahnsinnigen Problem, aber wir können das gemeinsam überwinden." Mit den Konzepten der Politik ist sie nicht zufrieden: "Sie haben ein CO2-Ziel festgelegt, aber ein viel zu hohes", sagt sie zu Umweltministerin Svenja Schulze und als diese versucht, zu parieren, legt Brünger nach: "Sie haben unfassbar viele Jahre mitregiert, warum sollten die Bürger ihnen vertrauen?"

Umweltministerin Svenja Schulze (SPD) bleibt blass.
Umweltministerin Svenja Schulze (SPD) bleibt blass.bild: screenshot ard

Schulze macht keinen guten Eindruck – besonders in dem Moment, als sie ein seltsames Beispiel wählt: Früher hätte es überall Telefonzellen gegeben, heute nicht mehr. Plasberg fragt sie, was sie meint. "Ich wollte beschreiben, dass es Veränderungen gibt." Die Botschaft: Das Leben werde anders, aber nicht unbedingt schlechter. "Es reicht nicht nur zu verzichten, wir müssen Dinge anders machen." Ansonsten bleibt die Bundesumweltministerin blass.

Özdemir lobt alle Umweltminster

Cem Özdemir erinnert daran, dass zögern kostet.
Cem Özdemir erinnert daran, dass zögern kostet.bild: screenshot ard

Cem Özdemir hingegen lobt erstmal pauschal alle Umweltminister, die fast immer gut gewesen wären. Das Problem liege woanders.

"Wir bräuchten mal eine Regierung, wo das, was die Umweltminister sagen, vom Wirtschaftsminister, vom Landwirtschaftsminister, vom Verkehrsminister nicht mehr ausgebremst wird."
Cem Özdemir

Und es gehe nicht nur um den ökologisch-moralischen Standpunkt, sondern auch um den wirtschaftlichen. "Jedes Jahr, das wir verpennen kostet mehr", mahnt Özdemir. Und wenn man die deutsche Autoindustrie jetzt nicht transformiere, gebe es bald keine mehr.

CSU-Generalsekretär Markus Blume
CSU-Generalsekretär Markus Blumebild: screenshot ard

Auf Innovation setzt auch CSU-Generalsekretär Markus Blume. "Ich halte es für falsch, wenn man den Menschen jetzt noch versucht, Angst zu machen." Man müsse den Menschen auch deutlich machen: "Mit neuen Technologien geht sehr viel". Und dann sagt er den überraschendsten Satz des Abends:

"Klimaschutz darf doch auch Spaß machen."

Er sei "nicht nur Askese und Entbehrung". Das klingt gut, aber die Details bleibt Blume leider schuldig. Was er wohl meint: Innovationen. Der viel gescholtene CSU-Verkehrsminister Andreas Scheuer habe in diesem Jahr ja dafür gesorgt, dass "mehr in die Schiene als in die Straße investiert" wurde. "Wir müssen sichergehen, dass der Klimaschutz nicht das Land spaltet, individuelle Mobilität muss auch in Zukunft ihren Platz haben."

Plasberg will von ihm wissen, ob er denkt, dass bei 2 Euro pro Liter Benzin Schluss ist. "Das kannst du von der heutigen Warte auch nicht beantworten." Den Vorschlag der Grünen, 1.000 Euro als Zuschuss für Lastenräder zu zahlen, tut er ab mit: "Ein nettes Programm für die grüne Bohème in der Großstadt, aber das hilft der Krankenschwester nicht." Dann lobt er noch seine Heimat: Bayern sei Spitzenreiter in erneuerbaren Energien – Plasberg neckt ihn. "Wir haben den Faktencheck, Herr Blume!"

Plasberg trotz Panne gut gelaunt

Frank Plasberg konnte nichts die Laune verderben.
Frank Plasberg konnte nichts die Laune verderben.bild: screenshot ard

Überhaupt ist Plasberg nach der Sommerpause erstaunlich gut drauf. Als Özdemir die Verdienste der Grünen lobt und Schulze die der SPD und Blume die der CSU, sagt Plasberg großzügig-spöttisch: "Ihr wart alle gut."

Als er bei Zuschauer-Redakteurin Brigitte Büscher am Tresen steht, will Plasberg mit seinem typischen Tippen auf den Monitor einen Beitrag starten, aber das klappt nicht und er lacht und erklärt: "Wir haben hier einen neuen Monitor, da steht jetzt 'Hier ist das neue Funktionsupdate' und es dreht sich ein Rad". Die Regie fährt den Beitrag dann ab.

Michael Hüther will, dass Deutschland Vorbild für den Rest der Welt wird.
Michael Hüther will, dass Deutschland Vorbild für den Rest der Welt wird.bild: screenshot ard

Wirtschaftswissenschaftler Michael Hüther versucht sich an einem globalen Blick auf die Lage: Im Weltzusammenhang sei der mögliche Klimaspareffekt von Deutschland ziemlich zu vernachlässigen. "Da ist nahezu irrelevant, was wir tun." Aber Deutschland könne als Vorbild für die Welt ein wichtiges Beispiel sein, dazu müsse man die Menschen allerdings mitnehmen. "Die Leuten wollen es gut gemacht haben, nicht kopfüber und kopflos. Wir sind in einer Demokratie, wir müssen dafür Mehrheiten gewinnen." Außerdem müsse man die neuen Lösungen komplett durchdenken. "Wir können so viele E-Autos fahren lassen, wie wir wollen, wenn die Stromproduktion so bleibt, ist nichts gewonnen." Denn bisher stammte 80 Prozent aus fossiler Energie. Und in China habe man in den vergangenen Jahren so viele Kraftwerke für fossile Energie neu gebaut wie ganz Europa bisher hat. Man müsse mit gutem Vorbild überzeugen.

"Wenn wir das nicht hinkriegen, haben wir unsere Moral beruhigt, aber das Klima nicht geschützt."
Michael Hüther
Klatsche für ProSieben-Konkurrenz: Joko und Klaas dominieren mit 24-Stunden-Programm

Am vergangenen Dienstag hatten Joko und Klaas ihren Sender in der Game-Show "Joko und Klaas gegen ProSieben" besiegt. Die Prämie fiel deutlich größer aus als bislang: In den Staffeln zuvor erhielt das Duo lediglich 15 Minuten Sendezeit zur freien Gestaltung. In der neuen Staffel dürfen Joko und Klaas in der Risikovariante spielen. Gewinnen sie, erhalten sie ganze 24 Stunden Sendezeit.

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