Vor eineinhalb Wochen ereignete sich am Set des Westernfilms "Rust" ein tragischer Unfall: Der Hollywoodschauspieler Alec Baldwin erschoss die Kamerafrau Halyna Hutchins versehentlich mit einer Requisitenwaffe, die mutmaßlich mit scharfer Munition geladen gewesen ist. Die Pistole sei ihm zuvor von einem Regieassistenten mit den Worten "cold gun" übergeben worden, was eigentlich bedeutet, dass sie ungeladen ist.
Seit dem Vorkommnis werden in den USA über Beschränkungen von Waffen bei Filmproduktionen diskutiert, auch Baldwin sei an einer dazu laufenden Kampagne "sehr interessiert". Auch hoffe der Darsteller, der ebenfalls als Produzent an "Rust" beteiligt war, dass sich die Umstände des dramatischen Ereignisses aufklären lassen, um festzustellen, wie es dazu kommen konnte.
Die "Los Angeles Times" konnte nun mit insgesamt 14 Crewmitgliedern sprechen sowie E-Mails und Nachrichten sichten. Durch die anonymisierten Berichte zeichnet sich nun ein detailliertes Bild des Unfalls, der sich am 21. Oktober am frühen Nachmittag Ortszeit ereignete.
Wie die "Los Angeles Times" berichtet, habe Baldwin sich Sekunden vor dem versehentlichen Schuss auf die zu drehende Szene vorbereitet. In dieser sollte er die Requisitenpistole aus dem über Kreuz aus dem Holster ziehen ("cross draw") und auf die Kamera zielen. Der 63-Jährige habe während dieser Übungen gedacht, dass die Waffe nicht geladen sei. Während sich die Crew noch in Position brachte, habe Baldwin während des Probens gesagt:
Beim Ziehen der Waffe habe sich plötzlich keine Platzpatrone, sondern scharfe Munition gelöst, die Hutchins traf. Sie sei daraufhin laut des Berichts nach hinten in die Arme eines Set-Beleuchters gefallen und habe stark aus der Brust geblutet. Gleichzeitig sei auch der Regisseur Joel Souza zu Boden gegangen, der von der Kugel an der Schulter verletzt worden sei. Er sagte kurz nach dem Unfall: "Was zum Teufel war das? Das brennt!"
Einige Crewmitglieder hätten danach sofort Sanitäter gerufen, andere seien zur verletzten Hutchins gelaufen. Ein Ton-Angler habe zu ihr gesagt: "Oh, das war nicht gut." Die Verletzte habe laut der Schilderung der Set-Mitarbeiter geantwortet:
Wenig später äußerte sie noch, dass sie ihre Beine nicht mehr spüren könne – noch im Hubschrauber, der sie schnellstmöglich in ein Krankenhaus transportieren sollte, sei Hutchins ihren Verletzungen erlegen.
Auch bekannt ist, wie Baldwin nach dem unerwarteten Schuss reagiert und was er gesagt habe. Der Schauspieler habe die Waffe niedergelegt und immer wieder die Worte wiederholt: "Was zur Hölle ist gerade passiert?" Momentan befindet sich Baldwin mit seiner Familie in Vermont, wo er die tragischen Ereignisse versuchen soll, zu verarbeiten.
Der Bericht der Newsplattform geht noch weiter zu den Umständen vor dem Unfall ins Detail. So sei die Unerfahrenheit der erst 24-jährigen Waffenmeisterin Hannah Guiterrez-Reed seit Beginn der Dreharbeiten von Crew-Mitgliedern bemängelt worden. Lediglich 21 Tage sollte die Produktion von "Rust" in Anspruch nehmen – laut des US-Beleuchters Robert Vuolo, mit dem watson vergangene Woche über den Vorfall gesprochen hat, sei das sehr knapp bemessen. Normalerweise gingen seiner Einschätzung nach Drehs eher acht bis zehn Wochen.
Entgegen der Sicherheitsbestimmungen für Filmproduktionen sei scharfe Munition nicht nur am Set gewesen, auch Requisitenwaffen seien damit geladen worden. Guiterrez-Reed habe sich das nicht erklären können und wies Vorwürfe durch eine Mitteilung ihres Anwalts zurück, dass sie die betreffende Munition ans Set gebracht habe.
Die Produktionsfirma hinter "Rust" veröffentlichte ebenfalls ein Statement nach Hutchins' Tod, in dem beschrieben wird, dass die Sicherheit der Crew oberste Priorität genossen habe. Man wolle auch in einer internen Untersuchung die Umstände des Unfalls ergründen: "Obwohl uns keine offiziellen Beschwerden bezüglich der Waffen- oder Requisitensicherheit am Set bekannt wurden", wie es in der Mitteilung hieß.
Teilen des Statements widersprach Lane Luper, die als Kamera-Assistentin tätig gewesen ist, in einem Interview mit "Times": "Es fühlte sich immer so an, als ob das Budget wichtiger war, als die Crew-Mitglieder. Alles drehte sich um den Zeitplan und das Budget."
Derzeit wird rund um den Fall noch auf Hochtouren ermittelt. Bislang ist noch keiner der Beteiligten von einer Anklage ausgeschlossen. Auch Baldwin steht im Fokus der Behördenarbeit, da er als Produzent von "Rust" auch für die Sicherheit am Set mitverantwortlich gewesen ist. Die Dreharbeiten werden aller Voraussicht nach nicht fortgesetzt werden.
(cfl)