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Insektenplage in Argentinien: Forscher warnt vor Plage durch Dürre auch in Europa

Following several days of warm weather, cicadas are making their presence felt in New York City. The insects, emerge by the millions every 17 years to mate and reproduce, only to then begin another cy ...
Werden sich durch den Klimawandel Insektenplagen häufen? watson hat bei der Deutschen Gesellschaft für Insektenkunde nachgefragt. (Symbolbild)Bild: Dennis Van Tine / Dennis Van Tine
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Käfermassen in Argentinien: "Mit steigenden Temperaturen kommen invasive Insektenarten auch nach Europa"– Insektenforscher warnt vor Plagen durch Dürreperioden

17.01.2022, 13:0317.01.2022, 17:05
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Die Situation erinnert an eine der biblischen Plagen aus dem Alten Testament: In Argentinien macht der Bevölkerung neben einer extremen Hitzewelle mit Temperaturen von über 40 Grad zusätzlich eine Invasion brauner Nashornkäfer zu schaffen. Die Plage hatte ihren Ursprung nach Angaben argentinischer Staatsmedien demnach in der von starker Dürre betroffenen Provinz La Pampa.

Bereits in den vergangenen Jahren gingen unterschiedlichen Insektenplagen weltweit längere Dürreperioden voraus, wie zuletzt auch im März 2021, als es zu einer desaströsen Heuschreckenplage in den ostafrikanischen Staaten Somalia, Äthiopien und Kenia kam.

Doch welcher Zusammenhang besteht zwischen Insektenpopulationen und extremen Wetterlagen? Und welche Auswirkungen hat die Klimakrise auf die Häufigkeit solcher Tierplagen auch in Deutschland?

Dürreperioden in Deutschland werden weiter zunehmen

Wie eine im vergangenen August veröffentlichte Studie von Forschenden des Helmholtz-Zentrums für Umweltforschung (UFZ) in Leipzig aufzeigt, werden die Häufigkeit und das Ausmaß aufeinanderfolgender Dürren weltweit, aber auch in Mitteleuropa, bis Ende des Jahrhunderts deutlich zunehmen. Dem Report zufolge gab es in Mitteleuropa seit 1766 keine zwei aufeinanderfolgenden Dürresommer, die das Ausmaß von 2018 und 2019 erreicht hätten. Nach Kalkulationen der Forschenden werde sich die Zahl zweier sommerlicher Dürreperioden in Mitteleuropa in der zweiten Hälfte des 21. Jahrhunderts bei einem weiteren Anstieg der Treibhausgas-Emissionen bis zum Jahr 2100 versiebenfachen.

Die durchschnittlichen Temperaturen wie auch der zeitliche Umfang von Trockenzeiten nimmt auch in Deutschland bereits zu. Doch welchen Effekt haben lange Trockenzeiten auf unsere (heimischen) Insektenbestände? Und kann es neben dem Artensterben auch bei uns vermehrt zu Insektenplagen kommen? Um das herauszufinden, hat watson bei der Deutschen Gesellschaft für allgemeine und angewandte Entomologie (DGaaE) – also Insektenkunde – nachgefragt.

"Günstige Entwicklungsbedingungen" durch Wärme und Trockenheit

"Die gestiegenen Temperaturen und auch die durch Wärme verursachte Trockenheit können für bestimmte Insektenarten die Grundlage für günstige Entwicklungsbedingungen bieten", bestätigt Jürgen Gross, Präsident der DGaaE, im Gespräch mit watson. "Die Wärme kann dabei ein Grund sein, weil sich Insekten generell bei warmen Temperaturen schneller vermehren und dadurch bei manchen Arten noch eine zusätzliche Generation entsteht. Das heißt, die Tiere, die schneller geschlüpft sind, legen dann wieder Eier ab und dann schlüpft noch eine Generation. Und natürlich legen Insekten gleich ein paar hundert Eier ab, womit ihre Anzahl schnell in die Höhe schießt", erklärt er den Zusammenhang.

Baumrinde, die vom Borkenkäfer befallen war, in der Nähe von Winterberg ( Hochsauerlandkreis NRW ).
Noch sind Insektenplagen in Deutschland selten: Am weitesten verbreitet ist bisher der Borkenkäfer, der für schwere Schäden in zahlreichen Wäldern sorgt.Bild: Goldmann / Goldmann

Aber auch die Dauer von Dürreperioden könne ein entscheidender Faktor sein. Das habe sich beispielsweise an der deutlichen Vermehrung der Borkenkäfer in deutschen Wäldern gezeigt: "Durch eine Kombination der Wärme mit geringen Niederschlägen hat die Trockenheit in vielen Forsten in Deutschland die Baumstruktur nachhaltig beschädigt, sodass die Käfer leichtes Spiel hatten, die Abwehr der Pflanzen zu überwinden und die Bäume in Massen befallen zu können", erklärt der Insektenexperte gegenüber watson.

Auch bei den unterschiedlichen Insektengruppen gilt "Survival of the Fittest"

Der "Wärmevorteil" gelte aber nicht für alle Insektenarten: "Es gibt aber bei uns viele Insektenarten, die besser an kühle Temperaturen angepasst sind und wenn es denen zu warm wird, dann können sie sich schlechter entwickeln, werden in Richtung Norden abgedrängt oder sterben aus." Gerade solche "Kälte-Spezialisten" könnten sich dann im Wettbewerb um Nahrung nicht mehr gegenüber eher "generalistischen" Insektenarten durchsetzen. Diese würden besser mit der Wärme zurecht kommen und wären dann die "Gewinner", so Gross.

"Mittlerweile findet man manche tropischen Insektenarten auch in Mitteleuropa und damit Deutschland. Diese Entwicklung wird natürlich auch begünstigt durch die steigenden Temperaturen"
Dr. Jürgen GrossPräsident der DGaaE

Zu den Gewinnern der Klimaerwärmung zählen dabei auch invasive Arten wie die Tigermücke. "Gebietsfremde Insektenarten werden durch den Menschen mit Flugzeugen oder Schiffen nach Europa gebracht und breiten sich auch hier aus. Zunächst im Süden Europas, wo es wärmer ist, aber mittlerweile findet man manche ursprünglich tropischen Arten auch in Mitteleuropa und damit Deutschland. Diese Entwicklung wird natürlich auch begünstigt durch die steigenden Temperaturen", so Gross.

Gebietsfremde Insektenarten können zu "Krankheitsvektoren" werden

Wo die Klimaerwärmung für manche Insektenarten das Aus bedeutet, profitierten andere übermäßig von den freiwerdenden Futtermöglichkeiten – was eine Überpopulation zur Folge haben kann. Im Falle der Tigermücke käme durch eine Plage aber auch ein weiteres schwerwiegendes Risiko auf:

"Bei jeder invasiven Art besteht zusätzlich die Gefahr, dass sie zum Krankheitsvektor wird"
Insektenforscher Jürgen Gross

"Bei jeder invasiven Art besteht zusätzlich die Gefahr, dass sie zum Krankheitsvektor wird, wenn durch die Insekten bestimmte Erkrankungen auch in umliegende Länder übertragen werden, in die sie eingewandert sind", ordnet Entomologe Gross die Situation für watson ein. Dadurch würden Insektenplagen neben ihren teils "verheerenden Auswirkungen auf die Landwirtschaft" auch zum gesundheitlichen Risiko für uns Menschen.

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