Hasan Salihamidžić trifft als Sportdirektor des FC Bayern täglich elementare Entscheidung für den Verein. Jetzt erzählte er, wie Transfers hinter den Kulissen ablaufen und welche Fehler er schon gemacht hat.
In einem Interview mit dem "Zeit Magazin" wurde Salihamidžić auf vieles rund um den FC Bayern angesprochen. Unter anderem wurde er mit dem Vorwurf der mangelnden Wertschätzung und unzureichenden Kommunikation konfrontiert. Das soll einer der Gründe gewesen sein, weshalb sich David Alaba 2021 dafür entschieden hat, den FC Bayern zu verlassen und zu Real Madrid zu wechseln. Dem entgegnet Salihamidžić, dass er mit seinen Spielern fast jeden Tag spreche.
Zu Alaba fügte er jedoch noch hinzu, wie der Abgang zustande kam. Der FC Bayern habe mit dem Verteidiger verlängern wollen und dafür aus seiner Sicht viel Geld geboten, an welches er jedoch auch eine Deadline knüpfte. Das hätte nicht sein müssen, verriet Salihamidžić:
Dennoch könne er die Position des FC Bayern, "Stärke demonstrieren zu wollen, immer noch gut verstehen". Nach einer anderen Lösung würde er aus aktueller Perspektive trotzdem suchen. Zudem betonte er, dass das Weglassen eines Ultimatums die Verlängerung nicht garantiert hätte, "weil die finanziellen Vorstellungen empfindlich auseinanderlagen".
Neben dem eingestandenen Fehler sprach Bayerns Sportdirektor aber auch über das Zustandekommen von Spielerverpflichtungen in München. Salihamidžić verrät, dass er sich außerhalb der Transferperioden einmal pro Monat mit dem gesamten Scouting-Team treffe. In der Transfer-Hochzeit kommuniziere er mit dem Team hingegen permanent.
Außerdem erklärt er: "Mit Oliver [Kahn] gibt es das ganze Jahr über jede Woche einen Jour fixe, in dem wir über unsere Mannschaft reden." Danach ergänzt er: "Plus Julian Nagelsmann, unser Trainer, und Marco Neppe, unser Technischer Direktor." In dieser Runde würden sie sich austauschen, welche Spieler sich gut oder schlecht entwickeln.
Bei der Möglichkeit eines Neuzugangs werde zudem nicht abgestimmt, die Entscheidung ergebe sich immer aus der Diskussion heraus. Manchmal komme es später dann auch dazu, dass einer der vier sagt, er habe von Anfang an gewusst, dass ein bestimmter Spieler nicht funktionieren werde.
In Bezug auf die Kommunikation mit Beratern sei es unterschiedlich, wer sich zuerst bei wem melde. Außerdem würden letztendlich nur zehn bis fünfzehn große Agenturen den Markt schmeißen, erklärt Salihamidžić:
Im Schnitt seien es etwa zehn Spieler pro Woche, die ihm so von unterschiedlichen Agenturen angeboten werden, schätzt der Bayern-Boss.
Wichtig sei ihm dabei auch, die Familie eines Spielers kennenzulernen. Oft geschehe das auch automatisch, da Familienmitglieder auch immer wieder gleichzeitig als Berater fungieren. Die Familie von Sadio Mané habe er aufgrund der Distanz jedoch noch nicht kennengelernt, betont aber, dass er sich das noch wünsche.
Angesprochen auf Robert Lewandowski, der bei laufendem Vertrag wechseln wollte, räumte er ein, dass er das "wirklich null Komma null" verstehe. Ähnlich wie der Spieler selbst betont auch er, dass Wertschätzung keine Einbahnstraße sei, und fügt an, wie er selbst gehandelt hätte:
Allgemein lässt der selbst ehemalige Bayern-Spieler die Dinge offenbar nicht zu nah an sich heran. In seiner Rolle als Sportdirektor des FC Bayern verspüre er "keinen besonderen Druck", da es einfach nur Fußballgeschäft sei. Druck ist für Salihamidžić viel mehr "das, was die Menschen in der Ukraine gerade erleben – und nicht die Frage, ob Lewandowski bleibt oder Mané kommt".
Das Interview wurde bereits am 13. Juni – also vor dem feststehenden Abgang Lewandowskis – geführt, allerdings jetzt erst veröffentlicht.
(crl)