Es gab in den vergangenen Wochen viele Theorien über das Ende des "alten" Fortnite. Der britische "Let's Play"-Star DanTDM etwa spricht in einem Video über Berichte von fliegenden Lamas und von Löchern im Himmel, die als Vorboten des größten Updates auftauchen sollten, welches das gehypte "Battle-Royale"-Spiel je gesehen hat.
Am Ende erlebten Dan und rund 7 Millionen seiner Fortnite-Mitstreiter eine epochale Apokalypse. Erst schlugen dutzende Raketen ein, dann zog ein schwarzes Loch die Avatare der Spielerinnen und Spieler raus aus der virtuellen Baller-Arena. Die Gebäude verschwanden, die Bildschirme färbten sich schwarz, und dann? Ende Gelände.
Fortnite ist seit Sonntag offline. Wie lange es keinen Server-Zugriff gibt, ist unklar. Gerüchteweise könnte es erst am Dienstag mit dem nächsten Kapitel des Games weitergehen. Bitte einmal "Exit" drücken, dieses Spiel ist jetzt offline? Wow!
Was für ein bombastisches Ingame-Theater. Damit erzeugt Spieleentwickler Epic zweierlei: Auf der einen Seite schafft das Unternehmen einen frischen Hype um die Zukunft seines Produkts Fortnite. Weltweit spekulieren Fans, wie genau und wann es weitergehen wird. Auch dieser Artikel gehört ja dazu. Kurz um: Die PR-Maschine für das neue Kapitel von Fortnite rollt von ganz alleine.
Auf der anderen Seite ist der Stunt mit den eigenen Spielern aber auch riskant: Bisher gab es in der Videospielgeschichte wohl kaum einen Fall, bei dem sich ein solch einflussreiches Spiel einfach mal selbst abgeschaltet hat – und damit auch Millionen seiner Spielerinnen und Spieler.
Bei einem Umsatz von 300 Millionen Dollar im Monat, den Fortnite vor allem durch seinen Online-Shop einnimmt, muss dieser Ausfall auch finanzielle Ausfälle für Epic Games bedeuten.
Weil aber die Einnahmen für das Studio im Vergleich zum vergangenen Jahr um 52 Prozent zurückgingen, war es trotzdem höchste Zeit für ein Fortnite-Update. Anscheinend entschied man sich deshalb eben für eine radikale Erneuerungskur inklusive einkalkulierter Offline-Phase.
„Klar ist: Ist ein Spiel offline, kann es von seinen Fans nicht gespielt werden. Wollen die Fans in dem Moment trotzdem zocken, werden sie zu einem anderen Spiel greifen, also zur Konkurrenz", sagt Sebastian Klöß vom Branchenverband Bitkom gegenüber watson. Klöß ist Referent für "Consumer Technology" und beobachtet als Wirtschaftsexperte auch die Spielebranche genau.
Er ist überzeugt: Wenn Spielerinnen und Spieler erst einmal zu einem anderen Spiel gewechselt seien, könnten sie dort hängen bleiben. Auch dann, wenn ihr früheres Lieblingsspiel wieder online ist.
Epic Games riskanter Coup könnte das Unternehmen also zwar Millionen kosten, gleichzeitig das eigene Spitzenprodukt Fortnite aber wiederbeleben. Das Spiel hatte seinen größten Hype schon hinter sich. Ähnlich wie andere große Games mussten sich die Entwickler also etwas einfallen lassen, um die eigene Spielewelt gegenüber der moderneren Konkurrenz aktuell zu halten. Eine Möglichkeit ist in solchen Fällen immer ein komplett neuer Teil der Reihe. Andere Spiele wie World of Warcraft setzen auf stetige Updates, neue Ausrüstung, Charaktere und so weiter.
Epic hat sich für einen Schritt dazwischen entschieden. Kein neues Produkt, aber ein Relaunch mit spannender Pause. Zumal Epic in das gerade auf Dauerschleife laufende Bild des schwarzen Lochs im Spiel offenbar auch einige geheime Hints eingebaut hat. So können Spieler per einfachem Code ein old-school-shooter-Minispiel öffnen: Nach oben, oben, runter, runter, links, rechts, links, recht, B, A, Start (oder Enter beim PC).
Außerdem schreibt die Seite "MeinMMO" von einer geheimen Nachricht, die in der Dunkelheit versteckt liegt. Denn wer lange genug zuschaut, dem werden immer wieder folgende Zahlen angezeigt: 11, 146, 15, 62, 87, 14, 106, 2, 150, 69. Auch diese Zahlen befeuern die Gerüchte-Küche und den Hype ordentlich.
Dahinter könnte etwa der "Visitor" stecken, dessen Aufnahme-Tapes immer wieder im Spiel auftauchen. Zählt man mit den Zahlen die Wörter ab, und natürlich haben das Fans schon getan, kommt man auf den Satz: „Ich war nicht allein. Andere waren außerhalb der Schleife.“ Wer sich jetzt fragt, was das bedeutet, bei dem hat die PR-Strategie von Epic wohl schon funktioniert.
(mbi)