Xavier Naidoo ist derzeit als Juror Teil der RTL-Castingshow Deutschland sucht den Superstar.Bild: Getty Images Europe / Andreas Rentz
Deutschland
12.03.2020, 15:5612.03.2020, 17:42
Am Dienstag war auf YouTube ein Video aufgetaucht, in dem Sänger und "DSDS"-Juror Xavier Naidoo kryptisch über rechte Verschwörungstheorien spricht.
Er sagt unter anderem: "Eure Töchter, eure Kinder sollen leiden, sollen sich mit Wölfen in der Sporthalle umkleiden." An anderer Stelle wird er deutlicher und spricht davon, dass "fast jeden Tag ein Mord geschieht, bei dem der Gast dem Gastgeber ein Leben stiehlt".
Naidoo gibt damit dieselbe rechte Verschwörungstheorie wieder, die der Attentäter von Hanau verbreitet hat: "Angenommen pro Tag im Schnitt ist ein Deutscher getötet worden von einem Ausländer (...)"
Es folgte ein Aufschrei der Empörung angesichts der Aussagen Naidoos.
RTL wirft Naidoo mit sofortiger Wirkung raus
Nun zieht RTL die Konsequenzen. Der Sender wirft Xavier Naidoo mit sofortiger Wirkung aus der Jury von "Deutschland sucht den Superstar". Schon an kommenden Samstag wird Naidoo nicht mehr am Jurypult sitzen, wie der Sender mitteilte.
Im Statement von Jörg Graf, dem Geschäftsführer von RTL, heißt es:
"RTL steht für Vielfalt im Programm. Wir sind Verfechter der Meinungsfreiheit. Dazu gehört aber auch, das wir jede Form von Rassismus und Extremismus entschieden ablehnen. Die jetzt aufgetauchten Videos von Xavier Naidoo haben uns massiv irritiert. Unsere Bitte, seine Äußerungen im Dialog und live bei RTL persönlich und öffentlich zu diskutieren und zu erklären, hat er bislang unbeantwortet gelassen. Gerade diese Diskussion fänden wir wichtig, da für uns die Aussagen im Video und seine Kommentierung danach überhaupt nicht zusammen passen. Daher haben wir uns entschieden, ihn für die kommende Liveshow von 'DSDS' auszuschließen."
Schon nach Aufkommen des Videos hatte sich RTL auf Twitter von Xavier Naidoos Aussagen distanziert:
Am Donnerstagmittag erklärte RTL dann, dass Naidoos Ausscheiden aus der Castingshow "endgültig" sei. Man habe auf eine Erklärung und einen Diskurs mit dem Sänger gehofft – vergeblich.
"Xavier Naidoo ist auf unser Angebot, seine missverständlichen und widersprüchlichen Aussagen plausibel zu erklären, bis heute nicht eingegangen. Wir sehen an den vielen Reaktionen, dass das Thema bewegt, deshalb hätten wir eine unmittelbare, öffentliche Diskussion mit ihm gut gefunden. Das ist für uns Meinungsfreiheit. Dazu ist es aber nicht gekommen. Deshalb wird es für ihn keine Rückkehr zu 'DSDS' geben."
Xavier Naidoo weist Vorwürfe zurück
Naidoo indes hatte die Rassismus-Vorwürfe gegen ihn vehement zurückgewiesen. Er schrieb am Mittwoch bei Facebook, seine Aussagen seien absolut falsch interpretiert worden. Zu den Hintergründen und der Entstehung des Videos äußerte er sich aber nicht.
Rassenhass und Fremdenfeindlichkeit seien ihm völlig fremd, auch wenn er sich zuweilen emotional künstlerisch äußere, hieß es über Naidoo in einem Beitrag auf seiner Facebook-Seite vom Mittwoch. "Ich setze mich seit Jahren aus tiefster Überzeugung gegen Ausgrenzung und Rassenhass ein. Liebe und Respekt sind der einzige Weg für ein gesellschaftliches Miteinander", wurde der Sänger dort zitiert.
Das Statement des Sängers:
In den Kommentarspalten zu dem Video werfen zahlreiche Nutzer dem Sänger Rassismus vor. Wer das Video wann ins Netz stellte, ist unklar.
Das Video lässt den Eindruck entstehen, dass es sich auch bei den anderen Äußerungen um fremdenfeindliche Verschwörungstheorien handelt. Besonderen Applaus erhält Naidoo für sein Video daher auch aus rechten Kreisen, die seine "deutlichen Worte" loben. So schreibt ein User: "Der wohl beste Künstler im Land erhebt seine Stimme, obwohl er selbst mehrfach kritisiert wurde. Danke von ganzem Herzen", heißt es in den Kommentaren auf YouTube, unterzeichnet mit "patriotischen Grüßen."
Söhne Mannheims distanzieren sich von Xavier Naidoo
Naidoos Musiker-Kollegen von den Söhnen Mannheims haben sich mittlerweile von ihm, beziehungsweise seinen Aussagen, distanziert. Dort schreibt die Band unter anderem: "Xavier und wir gehen seit einiger Zeit getrennte Wege und als Musikerkollektiv stehen wir klar und konkret gegen Hass, Gewalt und Rassismus!"
Die Vorgeschichte um Xavier Naidoo
Es ist nicht das erste Mal, dass Xavier Naidoo mit rechten Verschwörungstheorien in die Öffentlichkeit tritt. Bereits seit einigen Jahren sind seine Texte versehen mit Systemkritik, die immer mehr in Richtung Verschwörungstheorien abdriften.
2009 veröffentlichte Naidoo mit "Alles kann besser werden" ein Album, bestehend aus drei CDs. Die CDs waren jeweils mit "hell 1", "hell 2" und "dunkhell" betitelt. Auf der dritten CD "dunkhell" wird bereits im Intro gewarnt, dass sich der Hörer jetzt in einen Bereich begibt, in dem unschöne Wahrheiten ausgesprochen werden würden. In seinem Lied "Schiff Ahoi" auf besagtem Album zweifelt Naidoo die Geschichtsschreibung an.
"Was, wenn wir nicht die erste Hochzivilisation sind
Was, wenn wir nur ein müder Abklatsch davon sind
Lass mich davon singen, lass mich dir nah bringen
Was, wenn die Pyramiden schon 70.000 Jahre alt sind
Und was, wenn viele Daten in den Schulbüchern
falsch sind/
Denn Geschichte ist nur das, worauf man sich einigt
Unschöne Wahrheiten alle bereinigt
Neue Grenzen gezogen und Völker vereinigt
Mythen geschaffen und ran an die Waffen
Es gibt Länder zu erobern und Reiche zu schaffen".
Der Mythos, dass die Pyramiden nicht von Menschen geschaffen wurden, sondern von einer außerirdischen Hochzivilisation, die vor mehreren Tausend Jahren auf der Erde gelandet ist, ist eine beliebte Verschwörungstheorie in rechten Kreisen.
Über die Jahre haben sich Naidoos Texte jedoch von esoterischen Verschwörungstheorien immer weiter nach rechts entwickelt. So fordert Naidoo 2012 in seinem mit Kool Savas veröffentlichten Song "Wo sind sie jetzt?" einen starken Führer:
"Wo sind unsere Helfer, unsere starken Männer?
Wo sind unsere Führer, wo sind sie jetzt?
Wo sind unsere Kämpfer, unsere Lebensretter?
Unsere Fährtenspürer, wo sind sie jetzt?"
2014 trat Naidoo schließlich bei einer Demonstration von Reichsbürgern vor dem Bundestag auf.
(lw)