Das Coronavirus ist nicht für alle Menschen gleich gefährlich. Besonders gefährdet sind bestimmte Risikogruppen, die sich immer klarer herauskristallisieren, je mehr Erkenntnisse man über das Virus sammelt. Eine Gruppe hatte jedoch bisher nicht zu den Risikogruppen gezählt: Junge Erwachsene galten bisher nicht als gefährdete Gruppe. Zumindest, solange sie nicht an Vorerkrankungen leiden.
Das Fachblatt "The New England Journal of Medicine" berichtet nun, warum junge Menschen dennoch nicht sorgenfrei mit dem Virus leben können.
Ein Ärzte-Team hatte in dem Fachblatt von fünf Fällen berichtet, bei denen Patienten im Alter zwischen 30 und 50 Jahren ins Krankenhaus kamen, weil sie einen Schlaganfall in der Folge einer Covid-19 Erkrankung erlitten haben. Zwei von ihnen hatten keinerlei Vorerkrankungen.
Dabei entwickelte sich die Krankheit immer ungefähr gleich. Eine der Patientinnen hatte zunächst mehrere Wochen lang Husten, Kopfschmerzen und Schüttelfrost. Erst spät verschlechterte sich der Zustand der 33-Jährigen. Dafür aber drastisch. Sie merkte, dass ihre linke Körperhälfte sich taub anfühlte, doch aus Vorsicht und Angst sich anzustecken ging sie nicht zum Arzt. Erst später stellte sich heraus, wie gefährlich diese Entscheidung für die junge Frau gewesen ist. Sie hatte einen Schlaganfall erlitten und sich schon vor Wochen mit dem Coronavirus infiziert.
Schlaganfälle kommen eigentlich sehr selten im Alter zwischen 30 und 50 Jahren vor. Das Durchschnittsalter in Deutschland liegt bei Frauen bei etwa 75 Jahren, bei Männern bei 68 Jahren.
Der Neurologe und Generalsekretär der Deutschen Gesellschaft für Neurologie (DGN) Professor Peter Berlit sieht einen Zusammenhang zwischen dem Coronavirus und den Schlaganfällen bei jungen Menschen. "Es gibt ähnliche Fallberichte auch aus China und Italien", sagt er dem "Stern". New York ist also kein Einzelfall. Allerdings sind in Deutschland keine Fälle dieser Art bekannt.
Es sei keine neue Erkenntnis, dass gewisse Infektionen das Schlaganfall-Risiko erhöhen können. Doch aufgrund der neuesten Ereignisse könnte auch das Coronavirus zu diesen Infektionen gehören, fürchtet Berlit.
Es gibt jährlich 270.000 Schlaganfälle in Deutschland, viele davon werden durch sogenannte Blutgerinnsel verursacht. Das bedeutet, dass Blutgefäße im Hirn verstopfen und platzen. Man spricht hier von einem Hirninfarkt. Das große Problem, das die Coronakrise verursacht, ist, dass sich Betroffene unter Umständen zu spät in medizinische Behandlung begeben. Bei Blutgerinnsel ist Zeit jedoch ein wichtiger Faktor.
Aus Angst vor Ansteckung riefen Betroffene mit leichten Schlaganfällen nicht mehr die 112 und gingen nicht mehr in die Notambulanz oder Praxis, warnt Neurologe Berlit.
Das Team um Thomas Oxlay vom Mount Sinai Krankenhaus hat daher eine wichtige Botschaft: "Wir versuchen den Leuten da draußen zu vermitteln: Wenn Sie Symptome eines Schlaganfalls haben, müssen Sie umgehend den Notarzt rufen", sagt er gegenüber der "Washington Post.