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Urlaub in Europa: Gepäckprobleme an Flughäfen auf Rekordhoch

Flughafen Frankfurt Main. Gep
Hoffentlich kommt er an. Bild: imago images/ STAR-MEDIA
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Kofferkrise in Europa: Gepäckprobleme an Flughäfen auf Rekordhoch

Verspätete Koffer sind mehr als ein Urlaubsärgernis, sie sind Symptom eines überlasteten Systems. In Europa liegt die Quote der fehlgeleiteten Gepäckstücke deutlich höher als anderswo. Christoph Waltz hat das persönlich erlebt.
13.06.2025, 13:1513.06.2025, 13:15
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Christoph Waltz hat alles versucht, doch der Koffer blieb verschwunden. Ein nagelneuer Rimowa. Aufgegeben am 16. Dezember 2022, im Wortsinn mittlerweile, auf dem Weg von München nach Berlin, einer der zuverlässigsten Verbindungen, sollte man meinen.

"Man wird in einen digitalen Stoffwechsel eingespeist und vom Algorithmus verdaut", sagte Waltz in einem Interview mit der "Süddeutschen Zeitung". "Man ist vereinzelt, wartend, herumirrend, verirrt in einem digitalen Labyrinth."

Urlaub in Europa kann ohne Koffer enden

Was nach Kafka klingt, ist statistisch belegbar. Laut einem Bericht (PDF) von Sita, einem Dienstleister für Kommunikations- und Informationstechnologie im Luftverkehr, wurden im vergangenen Jahr weltweit 33,4 Millionen Gepäckstücke fehlgeleitet. In Europa sind es besonders viele: 12,3 pro 1.000 Passagiere. Mehr als doppelt so viele wie in Nordamerika (5,5) und fast viermal mehr als in der Region Asien-Pazifik (3,1).

Ganze 41 Prozent der verspäteten Gepäckstücke gehen laut Sita auf fehlerhafte Übergaben bei Umsteigeverbindungen zurück. Trotz eines Rückgangs um fünf Prozentpunkte seit 2018 bleibt das der Hauptgrund für Gepäckprobleme. Besonders bei knappen Umsteigezeiten oder beim Wechsel zwischen Airlines zeigt sich hier eine strukturelle Schwäche im System.

Und gerade in Europa ist das Problem ein systemisches. Die Region weist nicht nur das höchste Passagieraufkommen auf, sondern auch eine besonders hohe Dichte internationaler Umsteigeverbindungen mit komplexen Schnittstellen zwischen Airlines, Allianzen und Verkehrsträgern.

Verstärkt wird das durch infrastrukturelle Engpässe, Personalmangel und digitale Rückstände an zentralen Flughäfen. Zwar setzen viele Airlines inzwischen auf moderne Tools wie Airtags und Echtzeit-Tracking, doch diese Lösungen sind nicht überall integriert. Das Resultat: ein überlastetes, fragmentiertes System, in dem die Koffer oft schneller reisen als die Informationen über sie.

Was Asien und Nordamerika besser machen

Während Nordamerika und Asien ihre Fehlleitungsquoten durch Investitionen in Technik, Automatisierung und Datenintegration weiter senken konnten, bleibt Europa im globalen Vergleich Spitzenreiter bei den Gepäckproblemen. Die Sita-Zahlen zeigen: Auf internationalen Flügen kommt es fast sechsmal so häufig zu Fehlleitungen wie auf Inlandsverbindungen.

Weitere Ursachen sind das Nichtverladen von Gepäck (17 Prozent), Ticketfehler, Sicherheitsprobleme und Verwechslungen (16 Prozent), sowie operationale Faktoren wie Wetter, Zoll oder Gewichtsbeschränkungen (10 Prozent). In acht Prozent der Fälle passierten Verladefehler, vier Prozent entfielen jeweils auf fehlerhafte Anhängerkennzeichnung oder Pannen bei der Ankunft.

Die Folge: Koffer wie der von Christoph Waltz werden zu Aktenzeichen in einer globalen Statistik. Und obwohl laut Bericht 75 Prozent der betroffenen Gepäckstücke innerhalb von 48 Stunden wieder auftauchen, bleibt das Erlebnis für Reisende wie Waltz ein prägender Kontrollverlust.

Mehr "intelligentere Zusammenarbeit" in Europa

Rund acht Prozent der fehlgeleiteten Koffer wurden laut Sita-Bericht jedoch gestohlen oder gingen ganz verloren, 18 Prozent waren beschädigt oder geplündert, ein Anstieg gegenüber dem Vorjahr.

Der wirtschaftliche Schaden ist immens: Rund fünf Milliarden US-Dollar jährlich kostet die Branche das Gepäckchaos, unter anderem durch Kuriere, Entschädigungen und Ersatzleistungen.

Es brauche eine "intelligentere Zusammenarbeit und einen nahtlosen Informationsfluss entlang der gesamten Gepäckreise", heißt es in dem Bericht. "Denn wenn Gepäckstücke die Hand wechseln, Informationen aber nicht, geraten sie schnell aus dem Takt und aus dem Blickfeld."

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