Schlaf kennt viele Feinde. Schichtarbeit, Smartphones, Netflix, Grübeleien, Stress, Koffein und, und, und. Eine der effektivsten Waffen gegen unsere Ruhephase schuf Thomas Alva Edison mit der Kohlefadenlampe. 2000 unermüdliche Stunden soll er daran gearbeitet haben, mehrere Millionen erholsame Stunden hat er der Menschheit damit genommen. Denn die elektrische Glühlampe machte fortan die Nacht zum Tage. Licht hält wach. Dabei wäre es doch ein Leichtes, den Lichtschalter umzulegen, Ablenkungen auszublenden und für eine angemessene Zeit die Augen zu schließen – in der Theorie.
Die Realität zeigt jedoch, dass Schlafmangel keine Seltenheit ist. Laut einer Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Ipsos, schläft rund jeder zweite Deutsche zu wenig. Eine zu kurze Nacht dürfte jeder schon erlebt haben. Wahrscheinlich sogar mehrere. Doch wie viel Schlaf benötigen wir eigentlich?
Rund siebeneinhalb Stunden brauchen wir laut Fachmeinung, damit wir voll erholt sind. Die Mindestdauer beträgt sechs Stunden, erklärt der Schlafmediziner der Berliner Charité, Ingo Fietze. Alles darunter kann auf Dauer zu gesundheitlichen Konsequenzen führen.
Denn wenig Schlaf kann zum Beispiel unserem Immunsystem schaden. Sprichwort: "Schlaf dich gesund", auch wenn es etwas abgedroschen klingt. Bereits 2015 erläuterte die Immunologin Tanja Lange, wie Schlaf und Immunsystem miteinander verflochten sind. Demnach haben wir eine angeborene Immunkraft und ein angelerntes Immungedächtnis.
Schlaf soll die immunologische Gedächtnisbildung stärken. Unser Immunsystem lernt praktisch, wie es mit bereits bekannten Virentypen umgehen kann. Dass Schlafmangel die Immunabwehr schwächt, zeigt zudem eine Studie im Fachjournal "Sleep".
Menschen, die weniger als fünf Stunden pro Nacht schliefen, hatten ein vielfach höheres Risiko, sich mit Rhinoviren zu infizieren, als Menschen, die durchschnittlich mehr als sieben Stunden ruhten. Doch beim Immunsystem hört es nicht auf. So soll etwa das Risiko für verstopfte Venen oder auch für Infarkte bei einem Schlafpensum von unter fünf Stunden steigen.
Die gesundheitlichen Folgen spüren wir allerdings erst nach längerer Zeit. Gerade bei Schichtarbeitern ist das problematisch. Leiden sie doch aufgrund ihrer wechselnden Arbeitszeiten häufig für lange Zeit unter Schlafmangel. Schlafen wir hingegen mal eine Nacht zu wenig, leidet unser Gehirn.
Das geschehe im Schlaf. Zusätzlich brauche unser Gehirn die Ruhephase, um sich von sogenannten Stoffwechselabbauprodukten zu säubern, ergänzt Fietze. Bereits nach einer kurzen Nacht sinke zudem die kognitive Leistungsfähigkeit. Wir nehmen Informationen schlechter auf, verarbeiten sie langsamer und können sie uns gegebenenfalls nicht lange merken. Das passiert laut Fietze bereits nach einer Nacht, in der wir weniger als sechs Stunden geschlafen haben.
Fun Fact: Ein Powernap kann gerade in Lernphasen nützlich sein. Wenn wir etwa ein paar Stunden lernen und uns zwischendurch für zehn Minuten hinlegen, verarbeitet unser Gehirn die Informationen, wodurch sich das Gelernte besser einprägt, erklärt Fietze.
Schlafmangel bedeutet also Folgen für Gesundheit und Leistungsfähigkeit. Trotzdem gibt Fietze Entwarnung: "Nun wollen wir die Kirche im Dorf lassen. Wir schlafen alle zu kurz. Wenn man unter der Woche ein bisschen kürzer schläft und am Wochenende wiederum ausschläft, kann man das ausgleichen." Ein schlechter Tag lässt sich so zwar nicht vermeiden, dafür aber das Risiko für schwerwiegende Erkrankungen senken.
(tkr)