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Alltags-Mythen: Ist Spinat aufwärmen wirklich schädlich?

Spinat aufwärmen? Das solltet ihr im Bezug auf Nitrat und Nitrit beachten.
Spinat ist nicht jedermanns Sache – aber ist er auch giftig, wenn man ihn wieder aufwärmt?Bild: E+ / PeopleImages
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Gemüse-Gerüchteküche: Spinat ist nach dem Aufwärmen giftig – das steckt dahinter

07.10.2020, 16:5311.01.2022, 17:24
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Spinat hat ein Imageproblem, die goldenen Tage des Gemüses sind gezählt. Galt es früher noch als Eisenbombe mit 35 Milligramm des Spurenelements, ist es heute nicht mehr als eine Eisenknallerbse mit rund 2,7 Milligramm. Ein Rechenfehler verhalf dem Spinat zu Ruhm, der wurde dann aufgedeckt, die steile Karriere des Gemüses war beendet. Werbekampagnen von Verona Pooth ("Blubb!") oder Cartoon-Haudegen Popeye konnten die Situation nicht kitten. Es schmerzt, Sterne fallen zu sehen.

Leider machen weitere Gerüchte die Runde. So häuften sich in der Vergangenheit Berichte, in denen es heißt, aufgewärmter Spinat sei giftig.

Das eigentlich unbedenkliche Nitrat

Das ist zumindest in Teilen richtig. Spinat enthält, ähnlich wie Rucola oder Grünkohl, einen hohen Nitratanteil. Die Stickstoffverbindung ist für sich zwar nicht gefährlich. Im Körper wird es jedoch zu Nitrit umgewandelt, das für Menschen, allen voran Säuglingen, schädlich sein kann.

Dies hängt damit zusammen, dass Nitrit, sobald es ins Blut gelangt, den roten Blutfarbstoff Hämoglobin verändert. An sich transportiert er Sauerstoff von der Lunge durchs Blut ins Gewebe. Kommt Nitrit ins Spiel, funktioniert das nicht mehr richtig und das Gewebe bekommt "keine Luft". Anzeichen dafür sind blau gefärbte Schleimhäute und Haut. Betroffene können zudem ersticken. Erwachsene produzieren jedoch ein Enzym, das den veränderten Blutfarbstoff in seinen Ursprungszustand zurückversetzt. Keine Gefahr also. Säuglinge produzieren von diesem Enzym jedoch zu wenig.

Ein Angriff auf Kinder?

Viele wissen, die Beziehung zwischen Spinat und Kindern ist vorbelastet. Es gab unzählige Schlachten an unzähligen Küchentischen. Ist der Nitratanteil also ein Vergeltungsakt für jedes nicht verzehrte Blatt, eine Art Rachefeldzug in Form von chemischer Kriegsführung? Vielleicht könnte sich dahinter noch mehr verbergen, frei nach dem Schema: Ihr nehmt mir meinen Ruf, ich eure Kinder.

Falsch! Wir setzten uns mit der Anatomie des Spinats auseinander und stellten fest: Nitrat ist für die Pflanze lebenswichtig. Wie auch viele andere Gemüsesorten braucht er es für seinen Stoffwechsel. Ein großes Missverständnis also. Außerdem ist er, etwa frisch aus einem Gläschen, für Kinder unbedenklich. Selbiges gilt, wenn er frisch zubereitet ist. Außerdem fühlt er sich im Kühlschrank am wohlsten, dort hält er sich lange.

Die Menschen sind schuld

Außerdem ist Spinat selbst nicht der Übeltäter. Vielmehr sind es die Menschen, die ihn aufziehen und durch ihre Vorgehensweise den Nitratgehalt im Spinat erhöhen können. So prüfte "Öko-Test", wie es tiefgekühltem Blattspinat unter verschiedenen Bedingungen geht. Das Ergebnis war erschreckend.

Der "Bio Inside Blattspinat" von Demeter hatte etwa einen Nitratgehalt, der knapp über dem vorgeschriebenen Höchstwert der EU-Kontaminantenverordnung liegt. Testurteil: Ungenügend. Zudem leidet der Spinat in manchen Bereichen an Verwahrlosung, Hygienemängeln und zu langer Lagerung vor dem Frosten, was sich durch einen hohen Nitritanteil auszeichnet – der dürfte an sich nicht da sein. Das gilt etwa für den "Bio Bio"-Blattspinat von Netto (ungenügend) sowie den "Blattspinat" von Edeka. Auch Pestizide tauchten auf, etwa im "Beste Wahl Blattspinat" von Rewe.

Noch immer steckt Gutes im Spinat

An dem Gerücht war also etwas dran, der Spinat ist dafür aber nicht verantwortlich. Außerdem hat er weiterhin einen hohen Eisenanteil. Denn selbst der reale Wert ist rund viermal höher als der von Rotkohl oder Kopfsalat. Zudem hält er jede Menge Vitamin C, Vitamin B6 sowie Provitamin A für uns bereit. Um ihn bedenkenlos genießen zu können, sollte man bei Kleinkindern auf das Aufwärmen des Spinates verzichten.

Erwachsene können ihren Spinat hingegen ohne Bedenken aufwärmen. Beim zweiten Erwärmen gilt jedoch, den Spinat über 70 Grad Celsius zu erhitzen, um Keime und Bakterien abzutöten. Dreimal sollte er nicht erwärmt werden, da der Nitritanteil in dem Fall zu hoch sein kann.

Und dennoch beweist unsere Recherche: Es ist egal, was über Helden gesagt wird, es kommt darauf an, was in ihnen steckt.

(tkr)

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