Für viele Paare sind Kinder fester Bestandteil der Lebensplanung. Um so tragischer ist es, wenn es mit dem Kinderwunsch nicht klappt. Obwohl das laut dem Bundesfamilienministerium fast jedes zehnte Paar in Deutschland zwischen 25 und 59 Jahren betrifft, wird das Thema von Betroffenen als gesellschaftliches Tabu wahrgenommen.
Die moderne Reproduktionsmedizin bietet heute Möglichkeiten, von denen frühere Generationen nur träumen konnten. Besonders die In-vitro-Fertilisation (IVF) hat sich für viele als Hoffnungsträger erwiesen. Doch der Weg dorthin ist körperlich und psychisch belastend und mit finanziellen Hürden verbunden.
Ein amerikanisches Paar, das mehrere erfolglose IVF-Behandlungszyklen absolvierte, hatte nach 18 Jahren den Wunsch auf ein Kind schon beinahe abgeschrieben. Nun hat es doch mit der Schwangerschaft geklappt – mit der Hilfe von Künstlicher Intelligenz.
Wie CNN berichtet, hatte das Paar mehrere Kinderwunschkliniken auf der ganzen Welt für eine IVF aufgesucht. Dabei wird die Eizelle der Frau entnommen und in einem Labor mit Spermien kombiniert, um einen Embryo zu erzeugen, der dann in die Gebärmutter eingepflanzt wird.
Doch die Behandlungen waren nicht erfolgreich, da der Mann unter der seltenen Erkrankung Azoospermie leidet. Dabei lassen sich auch nach stundenlanger Suche unter dem Mikroskop im Ejakulat keine reifen männlichen Samenzellen finden, von denen es in einer typischen Spermaprobe hunderte von Millionen gibt.
Unverhoffte Hilfe erhielt das Paar, das anonym bleiben möchte, vom Fertilitätszentrum der Columbia University. Forscher:innen der Einrichtung haben die sogenannte STAR-Methode entwickelt. Dabei wird eine Spermaprobe unter dem Mikroskop von einer Hochgeschwindigkeitskamera aufgenommen, die mehr als acht Millionen Bilder in einer Stunde aufnimmt.
Eine KI-gestützte Software analysiert die Bilder und identifiziert einzelne Samenzellen, die ein Roboter innerhalb von Millisekunden nach der Entdeckung entnimmt. Diese können dann zur Befruchtung einer Eizelle genutzt werden.
Das Paar war gegenüber der Methode erstmal skeptisch: "Nach so vielen Enttäuschungen haben wir unsere Hoffnungen auf ein Minimum beschränkt", sagte die Frau gegenüber CNN.
Doch bei der Untersuchung einer Spermaprobe des Mannes fand das System drei versteckte Samenzellen. Die anschließende IVF war erfolgreich. Die Frau erwartet ihr Baby im Dezember. Es ist die erste Schwangerschaft, die die STAR-Methode ermöglicht hat.
Es habe zwei Tage gebraucht, um zu realisieren, dass sie tatsächlich schwanger ist, berichtet die Frau. "Ich wache immer noch morgens auf und kann nicht einschätzen, ob es wahr ist oder nicht", sagte sie weiter.
Zev Williams, Direktor des Fertilitätszentrum der Columbia University, hält das System für einen "Gamechanger". "Das wird für die Patienten einen großen Unterschied machen", sagte er. Bislang ist die Methode nur in der Einrichtung möglich, doch die Wissenschaftler:innen wollen ihre Ergebnisse publizieren und mit anderen Kinderwunschkliniken teilen.
Mit der STAR-Methode Spermien für einen Patienten zu finden, zu isolieren und einzufrieren, würde insgesamt etwas weniger als 3000 Dollar kosten, sagte Williams.