Es gibt sie immer wieder, diese kleinen Alltagsmythen. Auf fast jeder Party, auf der Alkohol fließt, sagt zum Beispiel jemand, dass wir Bier nicht auf Wein trinken sollen: "Bier auf Wein, das lass sein", weil, ja wieso eigentlich?
Das fragen sich vermutlich auch die paar Gäste, die nicht bei jeder Kleinigkeit zustimmend nicken, bloß damit Ruhe ist. Und diejenigen heben den Finger, wollen sich äußern. Doch kaum haben sie das Wort, fehlen schon die Argumente. Dabei haben sie doch irgendwo gehört, warum es egal ist, wann man was trinkt. Wie war das noch gleich? Keine Sorge, wir frischen euer Wissen ein wenig auf.
Trinken wir nach einem Gläschen Wein ein Pils, soll am nächsten Tag ein unangenehmer Kater folgen. Dabei hat es wenig damit zu tun, was wir wann trinken. Vielmehr liegt es an unserem Körper. Wie er mit Alkohol umgeht, kann individuell schwanken.
Manchen schmerzt der Kopf, bei anderen grummelt der Bauch. Dem dröhnenden Schädel kann man mit ausreichend Wasser vorbeugen, da er meist aufgrund von Dehydration auftritt. Und wir werden wohl alle jemanden kennen, der säuft wie ein Loch und am nächsten Tag frisch wie aus dem Urlaub scheint.
Das fand auch eine Gruppe Wissenschaftler der Universität Witten/Herdecke heraus. Ja, es gibt Forschung zu dem Thema. Und ja, sie wurde sogar publiziert: im "American Journal of Clinical Nutrition". Ihre Probanden teilten sie in drei Gruppen ein. Eine Gruppe trank bei einem ersten Experiment erst Bier, dann Wein, die zweite machte es umgekehrt, und die dritte musste sich auf ausschließlich eine Alkoholsorte konzentrieren.
Nach einer alkoholfreien Woche tauschten die Gruppen die Reihenfolge ihrer Getränke. Natürlich ging es nicht ums Komasaufen. Sie sollten maximal einen Alkoholgehalt von 0,11 Prozent im Atem haben, das entspricht etwa 1,1 Promille Blutalkohol. Die Bedingungen waren zudem human. Die Probanden bekamen ausreichend Wasser und schliefen vor Ort unter medizinischen Bedingungen. Ohnehin wird in einem Labor wohl kaum Kneipen-Atmosphäre aufkommen.
Mittels eines Fragebogens maßen die Forscher nach beiden Testläufen, wie es ihren Probanden katermäßig erging. Es stellte sich heraus: Die Reihenfolge machte keinen Unterschied. Vielmehr fiel ein Zusammenhang zwischen individuellem Betrunkenheitsgefühl und alkoholinduzierter Übelkeit auf. Wer sich übergeben musste, hatte den übleren Kater. Was man nicht alles für die Wissenschaft tut.
Verallgemeinern lassen sich die Ergebnisse aber nicht, wie auch die Forscher betonen. Wodka auf Wein auf Bier kann sich entsprechend als üble Kombination herausstellen. Wer seine Getränke jedoch so kombiniert, dem ist es wahrscheinlich eh herzlich egal, wie es ihm am nächsten Morgen geht.
Übrigens: Die Trinkregel gibt es nicht nur in Deutschland. In England lautet sie "Beer before wine and you'll feel fine. Wine before beer and you'll feel queer", was, auf Deutsch sinngemäß und weniger poetisch, "Bier vor Wein und du wirst dich gut fühlen. Wein vor Bier und du wirst dich schlecht fühlen" bedeutet.
Auch bei den Weintrinkenden Franzosen gibt es ein ähnliches Sprichwort: "Blanc sur rouge, rien ne bouge. Rouge sur blanc, tout fout le camp" was auf Deutsch "Rotwein auf Weißwein, nichts bewegt sich. Weißwein auf Rotwein, alles läuft schief" bedeutet.
Ist doch schön, wenn Menschen auch länderübergreifend falsch liegen. Wer die jeweiligen Sprachen beherrscht, kann für Aufklärung sorgen.
(tkr)