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Migräne durch Hitze und Wetterumschwung: Experten erklären, warum das so ist

Viele Menschen leiden im Sommer an Migräne – Hitze kann ein Auslöser sein.
Viele Menschen leiden im Sommer an Migräne – Hitze kann ein Auslöser sein. bild: getty images / nikkimeel
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Migräne durch Hitze und Temperaturschwankungen – Experten erklären, warum das so ist

14.08.2022, 14:4814.08.2022, 15:39
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Immer wieder kommt es in Deutschland in diesem Sommer zu extremen Hitzewellen – und die Menschen reagieren ganz unterschiedlich darauf. Manche legen sich entspannt bei über 30 Grad mit einem Eis in den Park, andere wiederum halten es ohne Klimaanlage nicht aus. Auf Tage, an denen über 30 Grad gemessen werden, folgen nicht selten solche, an denen es wieder zehn oder sogar 20 Grad kühler ist.

Besonders schwierig ist diese Zeit für Migräne-Patienten, die teilweise sehr stark auf Hitze und Wetterumschwünge reagieren. Doch auch "gesunde" Menschen können bei diesen Wetterextremen Kopfschmerz- und Migräneattacken erleiden.

Watson hat zwei Experten befragt, inwieweit die Hitze und die starken Temperaturumschwünge zu Migräne beitragen können und wie Betroffene in diesem Fall handeln sollten.

Kopfschmerzen durch Hitze –auch bei Nicht-Migräne-Patienten

Viele Menschen, die dieser Tage an Kopfschmerzen leiden, machen die Hitze beziehungsweise die raschen Wetterwechsel für ihr Leiden verantwortlich. Doch so offensichtlich wie der Zusammenhang scheint, ist es nicht. Hartmut Göbel, Neurologe und Psychologe an der Schmerzklinik Kiel, erklärt: "Die meisten Studien zum Zusammenhang zwischen Wetter und Kopfschmerzen wurden an Personen durchgeführt, die sich selbst als wetterfühlig bezeichnen."

Göbel führt weiter aus, dass Kopfschmerzen die Volkskrankheit Nummer eins in Deutschland seien. "Menschen differenzieren nicht sehr genau im Alltag zwischen den unterschiedlichen Kopfschmerztypen", sagt Göbel. Auch treten wechselnde Wetterlagen quasi permanent auf, weshalb man nicht immer genau nachvollziehen kann, ob der Spannungskopfschmerz oder die Migräne tatsächlich vom Wetter verursacht wurden. "Ein zeitlicher Zusammenhang muss nicht unbedingt einen ursächlichen Zusammenhang darstellen", erläutert Göbel.

Lichtempfindlichkeit ist ein typisches Migräne-Symptom.
Lichtempfindlichkeit ist ein typisches Migräne-Symptom.bild: getty images

Es gibt jedoch Wetterlagen, bei denen Kopfschmerzen statistisch häufiger auftreten: bei Föhn und bei einer labilen Wetterlage im Bereich eines Höhentiefs. Laut deutschem Wetterdienst ist der Föhn ein trockener, warmer Fallwind, der von Gebirgen aus in tiefer gelegene Regionen strömt. Er tritt meist im Winterhalbjahr auf und bringt "zu warme" Luft für die Jahreszeit. Ein Höhentief ist ein Tiefdruckgebiet in großer Höhe, das teilweise tagelang an einer Stelle bleiben und unter anderem Gewitter verursachen kann.

Alkohol kann auch Migräne-Trigger sein

Charly Gaul, Neurologe und Experte für Schmerztherapie am Kopfschmerzzentrum Frankfurt, stellt klar: "Ein 'Migränewetter' existiert jedoch nicht. Wissenschaftliche Untersuchungen konnten zeigen, dass besonders Wetterveränderungen Migräneanfälle begünstigen." Doch es gibt auch weitere Migräne-Auslöser, sagt Gaul: "Alkohol ist bei sehr vielen Menschen ein Trigger für Migräneattacken. Bei Frauen spielen die hormonellen Veränderungen im Rahmen des Menstruationszyklus eine sehr wichtige Rolle."

Noch Kopfschmerzen oder schon Migräne?

Sind es noch "normale" Kopfschmerzen, oder liegt bereits eine Migräne vor? Kopfschmerzen können ein Symptom von Migräne sein, doch nicht immer deuten sie auf die Erkrankung hin. Neurologe Charly Gaul erklärt den Unterschied:

"Typischerweise kommt es begleitend zur Licht- und Geräuschempfindlichkeit, häufig auch zur Geruchsempfindlichkeit. Es besteht ein Ruhe- und Rückzugsbedürfnis. Bei körperlicher Aktivität nehmen die Kopfschmerzen deutlich zu."
Charly Gaul, Neurologe

Die Kopfschmerzen, die während einer Migräne auftreten, sind mittelstark bis stark und haben einen "pulsierenden Schmerzcharakter". Eine weitere Begleiterscheinung der Migräne kann Übelkeit sein, oft kommt es bei den Betroffenen auch zu Erbrechen. Eine Migräne dauert typischerweise zwischen einem halben und einem Tag an.

Spannungskopfschmerzen dagegen treten in der Regel ohne Begleitsymptome auf. Sie sind meist beidseitig ausgeprägt und werden als weniger intensiv als Migränekopfschmerzen wahrgenommen. Zudem kann körperliche Aktivität in diesem Fall sogar zu einer Linderung beitragen.

Wie kann man sich vor einer Migräne schützen?

Klar ist: Das Wetter kann man nicht beeinflussen. Man kann sich jedoch selbst resistenter gegen abrupte und intensive Wetterwechsel machen. Neurologe Hartmut Göbel betont, welche Verhaltensweisen helfen können, so zum Beispiel das Einhalten eines regelmäßigen Tag-Nacht-Rhythmus:

"Ausreichend Schlaf, während des Tages ausreichend Pausen und Entspannungen sollten eingehalten werden. Ein gleichmäßiger Essrhythmus mit kohlenhydratreicher Ernährung zu regelmäßigen Zeiten sollte ebenfalls beachtet werden. Sport, Ausgleich, Kontrolle von belastenden Faktoren sollten im Alltag integriert werden."
Hartmut Göbel, Neurologe

Wenn man sein Nervensystem auf diese Weise robust mache, sinke die Wahrscheinlichkeit, dass man durch Wetterwechsel Migränekopfschmerzen bekomme, erklärt Göbel. Dies gelte sowohl für diagnostizierte Migränepatienten als auch für Menschen, die sich selbst als wetterfühlig bezeichnen würden.

Körperliche Aktivität, vor allem Ausdauersport, wirken sich langfristig positiv bei Migränepatienten aus.
Körperliche Aktivität, vor allem Ausdauersport, wirken sich langfristig positiv bei Migränepatienten aus. bild: IMAGO / Panthermedia

Schmerzspezialist Charly Gaul stellt jedoch klar: "Vollständig vermeiden lassen sich Migräneattacken aber auch durch diese Anpassungen im Lebensstil nicht." Wenn bereits erste Symptome einer Migräneattacke wie häufiges Gähnen, intensive Müdigkeit oder Heißhunger auftreten, sollten sich Betroffene vorbereiten: "Für viele Patienten ist das Kühlen des Kopfes angenehm. Das Aufsuchen einer ruhigen Umgebung, bei Lichtempfindlichkeit auch ein abgedunkelter Raum sind hilfreich."

Wenn die Migräneattacke jedoch bereits im Gang ist, helfen meist nur Medikamente.

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