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Herbst-Reiseziele: So verändert die Klimakrise unseren Urlaub

Das Verreisen im Herbst könnte wegen Hitze und Naturkatastrophen immer beliebter werden.
Das Verreisen im Herbst könnte wegen Hitze und Naturkatastrophen immer beliebter werden.Bild: iStockphoto / Poike
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Neue Herbst-Reiseziele: So verändert die Klimakrise unseren Urlaub

04.10.2023, 07:57
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Dieses Jahr ist es fast eine Erleichterung: Nach vielen Hitzetagen und drückender, schwüler Luft sinkt die Temperatur derzeit in ganz Deutschland auf angenehme Wohlfühltemperaturen. Der Herbst steht vor der Tür.

Die kühle Brise macht Lust auf Aktivitäten wie Pilzesammeln oder Wandern. Aber auch für einen spontanen Urlaub ist der Herbst die perfekte Jahreszeit. Gerade angesichts des Klimawandels mit extremer Hitze, Dürre, Wasserknappheit, Bränden und Überschwemmungen ist der Herbst in Europa inzwischen eine angenehmere – und sicherere Zeit – zum Verreisen. Darüber hinaus lassen sich Ziele innerhalb der EU oft gut und umweltfreundlich mit dem Zug erreichen.

Die Urlaubssaison 2023 dürfte für viele Urlauber:innen katastrophal gewesen oder gleich ausgefallen sein: An beliebten Urlaubsorten wie Rhodos in Griechenland, Südfrankreich oder der Trauminsel Maui auf Hawaii gab es gefährliche Waldbrände oder wie in Slowenien oder Norwegen verheerende Überschwemmungen. Auch das Meer kippt wegen der Erwärmung und wird von Quallen oder, wie dieses Jahr in Mexiko, von einer stinkenden Algenplage heimgesucht.

Die französische Stadt Vermont hatte im Juli dieses Jahres mit starken Überschwemmungen zu kämpfen.
Die französische Stadt Vermont hatte im Juli dieses Jahres mit starken Überschwemmungen zu kämpfen.Bild: Getty Images North America / Kylie Cooper

Im Jahr 2023 ist es nicht mehr so einfach, unbedarft in den Urlaub zu fliegen. Und das ist erst der Anfang.

Neues Reiseverhalten durch Klimakrise

Niklas Völkening vom Lehrstuhl für Humangeographie und Transformationsforschung erwartet, dass die Klimakrise die Urlaubsbranche langfristig verändern wird. Allerdings werden die Auswirkungen wohl erst in einigen Jahrzehnten, ungefähr 70 Jahren, so richtig spürbar sein.

"Werden Hitzewellen wie diese jedoch zur Regel, kann dies langfristig zu einer Verschiebung der Touristenströme führen."
Expedia-Sprecherin Susanne Dopp

Zur Umlenkung der Reisezeit in die Nebensaison gibt es derzeit in der Politik eine Diskussion darüber, die Sommerferien zu verschieben. Das soll auch die Urlaubsdestinationen, zum Beispiel hinsichtlich Wasserknappheit, entlasten. Diesen Vorschlag sieht Völkening jedoch kritisch:

"Da wird dem Tourismus ein bisschen zu viel Bedeutung beigemessen – insbesondere die Landwirtschaft hat einen großen Anteil an der Wasserknappheit. Statt zur Vermeidung etwa von Staus und Wasserknappheit die Sommerferien zu verschieben, sollten alternative Mobilitätsformen und nachhaltiges Wassermanagement gefördert werden. Das Problem ist häufig nicht der Zeitpunkt der Ferien, sondern unser Konsum- und Mobilitätsverhalten in dieser Zeit."
Niklas Völkening glaubt, dass sich der Tourismus wegen der Klimakrise langfristig ändern muss.
Niklas Völkening glaubt, dass sich der Tourismus wegen der Klimakrise langfristig ändern muss.BILD: privat

Sein Fazit für den Sommerurlaub ist:

"Ich gehe davon aus, dass der Sommer weiterhin die dominante und beliebteste Reisezeit bleiben wird. Was sich wahrscheinlich im Zuge des Klimawandels verändern wird, sind die Ziele, die angesteuert werden."

Die Hauptreisezeit werde sich für einige Länder von ganz allein verändern, beispielsweise in Andalusien: "Es ist absehbar, dass es bis zum Ende des Jahrhunderts in Europa Destinationen gibt, in denen es im Sommer für Urlaub zu heiß sein wird." So heiß, dass es sogar gefährlich werden könnte. Denn sind die Temperaturen, verbunden mit hoher Luftfeuchtigkeit, zu hoch, kann sich der Körper selber nicht ausreichend runterkühlen. "Dann bestehen auch gesundheitliche Gefahren für Menschen."

Dass die Klimakrise das Reiseverhalten der Deutschen bereits jetzt beeinflusst, zeigt eine gemeinsame Analyse des Online-Reisebüros Expedia und der Ferienhausplattform FeWo-direkt. Diese zeigt nicht nur ein größeres Interesse an Reisezielen in gemäßigteren Klimazonen, sondern auch, dass der Herbst scheinbar zur neuen Städtereisen-Hochsaison wird. Wer einmal im Hochsommer durch Rom gelaufen ist, kann verstehen, warum.

Eine Städtereise im Herbst bietet sich gerade wegen angenehmer Temperaturen an.
Eine Städtereise im Herbst bietet sich gerade wegen angenehmer Temperaturen an.Bild: iStockphoto / neirfy

Neue Trendziele für den Herbst

Der Reiseanbieter Expedia registrierte beispielsweise im Juli 2023 25 Prozent mehr Suchanfragen für Hotelaufenthalte in Rom im September und Oktober als noch im vergangenen Jahr. Die Daten von FeWo-direkt zeigen sogar einen Anstieg von 40 Prozent. Für Sevilla verzeichneten sowohl Expedia als auch FeWo-direkt im selben Analysezeitraum ein Plus von über 220 Prozent.

"Es ist sehr schwer vorherzusagen, welche Regionen in Zukunft besonders von Naturkatastrophen betroffen sein werden."
Nikas Völkening

Auch die Suchanfragen für Athen, Madrid, Florenz und Thessaloniki sind im Jahresvergleich auf beiden Portalen zweistellig, teilweise sogar dreistellig gestiegen. "Aktuell sind das noch kurzfristige Effekte", sagt Expedia-Sprecherin Susanne Dopp in einer Pressemitteilung. "Werden Hitzewellen wie diese jedoch zur Regel, kann dies langfristig zu einer Verschiebung der Touristenströme führen."

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Welches Urlaubsland ist noch sicher?

Doch wohin können wir in Zukunft noch ohne Bedenken verreisen? Niklas Völkening beschäftigt sich an der Universität Augsburg mit der Anpassung des Tourismus an den Klimawandel. Er sagt: "Es ist sehr schwer vorherzusagen, welche Regionen in Zukunft besonders von kleinräumigen Naturkatastrophen betroffen sein werden."

Überschwemmungen oder Hitze könne man einigermaßen modellieren und vorhersagen. Aber es gibt natürlich noch andere Unwetter-Ereignisse:

"Auch Katastrophen wie die Waldbrände auf Rhodos oder Wassermangel werden im Zuge des Klimawandels leider häufiger auftreten. Und welche Regionen wann genau von Stürmen oder Unwettern betroffen sein werden, ist langfristig schwer vorherzusagen."

Reiselust trotz Klimakrise ungebrochen

Verreisen werden die Deutschen aber trotz Klimakrise weiterhin, davon ist Völkening überzeugt. Man habe festgestellt, dass der Urlaub ein Bereich sei, in dem Menschen ihr Verhalten aufgrund des Klimawandels erst ganz zum Schluss ändern würden.

"Die Ernährung im Alltag umzustellen, okay. Mehr mit dem Fahrrad zu fahren, okay. Aber der Urlaub, das ist für viele die Zeit, in der sie sich keine Gedanken und Sorgen machen wollen und in der sie nicht immer darauf achten möchten: Ist das jetzt aus klimatischen Gründen vertretbar?"

Völkening erwartet zwar, dass das Klimabewusstsein innerhalb der Bevölkerung auch beim Reisen in Zukunft zunehmen wird, jedoch "zunächst nicht in nennenswertem Umfang", sondern spürbar wohl erst in Jahrzehnten.

Woman backpacker with hat standing at railroad station and looking to arriving train
Zugreisen sind oft eine gute Option – vor allem mit Nachtzügen ist man schnell und gemütlich am Ziel. Bild: iStockphoto / Zbynek Pospisil

Auch der oft angepriesene Trend zum "Nachhaltigen Reisen" sei weiterhin ein Nischensegment, das nur von einer sehr speziellen Gruppe nachgefragt werde. "Wirklich nachhaltiges Reisen ist häufig mit großen Einschränkungen verbunden und die sind viele nicht bereit, einzugehen." Außerdem: Auch Grüne Lodges müssten erst mal gebaut werden. Dafür müssten neue Flächen erschlossen werden, was wenig nachhaltig ist.

Völkening sagt:

"Bei vielen aktuellen Angeboten für 'nachhaltiges' oder 'grünes' Reisen gilt es genau zu prüfen, inwiefern es nachhaltig ist. Sogenanntes 'Greenwashing' ist auch im Tourismus vermehrt zu beobachten."

Worauf Völkening stattdessen hofft, ist, dass sich die Transportmittel des Reisens verändern werden, sprich: die Mobilität. So könnten Anbieter von Reisen, auch gesetzlich, dazu gezwungen werden, dass sie klimaverträglicheres Reisen anbieten müssen.

Der Tourismus muss sich anpassen

Eine Möglichkeit für Tourismusziele, sich an die neuen Bedingungen durch die Klimakrise anzupassen, könnten technisch-infrastrukturelle Maßnahmen wie das Verschatten von Plätzen gegen die pralle Sonne, die Klimatisierung von Innenräumen sowie eine bessere Isolierung sein.

Gegen Waldbrände wäre auch "gezielte Begrasung" durch Vieh möglich, das Zerkleinern von Unterholz mit schwerem Gerät oder kontrollierte Brände, wie der Feuerökologe Johann Georg Goldammer im "Spiegel" vorschlägt.

Völkening fasst zusammen: Wichtig sei das "Schaffen witterungsunabhängiger Tourismusangebote oder die Schaffung künstlicher Wasserflächen zur Abkühlung – über Maßnahmen zur Krisenprävention bis hin zur gezielten Verschiebung der Hauptsaison".

Doch der Experte ist sich sicher: Langfristig werden auch die Reisenden ihr Verhalten ändern müssen."

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