Um die IT-Sicherheit im deutschen Flugverkehr scheint es aktuell nicht gut bestellt: Vergangenen Mittwoch durchtrennte ein Bagger bei Bauarbeiten ein Glasfaserkabel der Lufthansa Group, was zu einem Ausfall der Computersysteme für das Einchecken und das Boarding am Frankfurter Flughafen führte.
Passagiere mussten aufgrund der daraus entstandenen globalen IT-Panne bei der Lufthansa Verspätungen und Flugausfälle hinnehmen, und das nicht nur am Flughafen Frankfurt: Viele Flugzeuge und Crews waren aus diesem Grund nicht an den Flughäfen, wo sie eigentlich hätten sein müssen, um den pünktlichen Ablauf des Flugverkehrs zu gewährleisten.
Am Donnerstagmorgen gab es dann das nächste Problem: Plötzlich waren die Webseiten vieler deutscher Flughäfen nicht mehr erreichbar. Betroffen waren die Seiten der Airports Düsseldorf, Dortmund, Hannover, Erfurt-Weimar, Nürnberg und Karlsruhe/Baden-Baden. Auswirkungen auf den Flugverkehr gab es dadurch aber nicht.
Die Webseite sei von den übrigen Flughafen-Systemen getrennt, sagte ein Sprecher des Flughafens Nürnberg gegenüber dem "Redaktionsnetzwerk Deutschland" (RND).
In Nürnberg und Baden-Baden vermutete man einen Hackerangriff hinter der gestörten Webseite, an den anderen Flughäfen wollte man sich dazu am Donnerstag nicht äußern. Auch auf die Webseite des Flughafens München würde offenbar bereits am Mittwoch ein sogenannter DDoS-Angriff verübt, sagte ein Sprecher des Flughafens, Florian Steuer, im Gespräch mit watson.
Dabei wird eine Webseite so lange mit Anfragen von außen bombardiert, bis die Server überlastet sind und die Seite nicht mehr reagiert. "Unsere Webseite war jedoch nur etwas langsamer, sie ist nicht zusammengebrochen. Der Flugverkehr war nicht betroffen."
Viele der Flughafen-Webseiten waren schon am frühen Donnerstagnachmittag wieder erreichbar, jene vom Flughafen Düsseldorf, dem größten der betroffenen Flughäfen, jedoch nicht.
Auch wenn die jüngsten Cyber-Angriffe keine Störungen im Flugverkehr verursachten, stellt sich die Frage, wie sich Flughäfen und Airlines gegen IT-Pannen absichern können und wie es um die digitale Sicherheit bei Flugreisen bestellt ist.
Watson hat bei den größten deutschen Fluglinien nachgefragt.
Die Airlines selbst bleiben auf Nachfrage von watson nach konkreten digitalen Sicherheits- und Ausweichkonzepten für solch einen Fall vage. Trotz des aktuellen Negativbeispiels bei der Lufthansa zeigen sich Airlines wie Condor und Tui Fly offenbar zuversichtlich, gut gegen mögliche Technik-Pannen gewappnet zu sein. Eine Condor-Sprecherin erklärte auf Anfrage von watson:
Es gebe "hinsichtlich potenzieller digitaler Störungen definierte Prozesse für das Unternehmen sowie sämtliche Partner, die genau aufeinander abgestimmt sind und kontinuierlich gemeinsam weiterentwickelt werden".
Auch für Tui habe "IT-Sicherheit und die Sicherheit der digitalen Infrastruktur höchste Priorität", sagte eine Sprecherin auf Anfrage von watson. Tui Fly ist eine deutsche Fluggesellschaft und Tochtergesellschaft des Touristikkonzerns Tui.
Lufthansa als größte deutsche Airline will und kann derzeit keine Aussage zur IT-Sicherheit machen. Auf Nachfrage von watson heißt es hier: "Derzeit werden die Hintergründe der Vorkommnisse von Mittwoch intern detailliert geprüft." Bisher liegen keine Ergebnisse vor.
Wichtig ist die digitale Sicherheit der Airlines vor allem deshalb, weil sie nicht nur die Website bereitstellen, sondern auch für die Abwicklung der Fluggäste, also den Check-in und Boarding am Flughafen verantwortlich sind. Dies ist kein Teil der Flughafen-Infrastruktur, sondern liegt im Verantwortungsbereich der Airlines selbst.
Der Flughafen stellt lediglich die Verkehrsinfrastruktur und Gepäckabwicklung bereit. Die entsprechende Software und das IT-Netzwerk für die Abwicklung der Passagiere wird hingegen von der Fluggesellschaft bereitgestellt. Die Betreuung vor Ort erfolgt meist über sogenannte Handlingsagent:innen, das sind Dienstleister, die beispielsweise den Service am Check-in-Schalter übernehmen.
Wenn aber, wie im Fall der Frankfurter Panne, die Software oder die IT-Systeme der Fluglinien versagen, dann können die Fluggäste nicht in den Flieger steigen, weil das Check-in und das Boarding digital nicht vorgenommen werden können. Dies führt zur paradoxen Situation, wie es am vergangenen Mittwoch am Frankfurter Flughafen der Fall war.
Die Passagiere sind am Flughafen oder bereits am Gate, die Flugzeuge stehen abflugbereit zur Verfügung – und doch kommt der Flugverkehr zum Erliegen. Ein mögliches Dilemma, das die anderen Airlines wohl spätestens nach der Lufthansa-Panne auf dem Schirm haben dürften.