Mehrwertsteuer in der Gastro soll sinken: Wird ab 2026 der Restaurantbesuch günstiger?
Ein Hauptgericht? Kommt mindestens (und das ist wirklich das Minimum) auf 15 Euro. Ein Getränk dazu? 3,90 Euro im Durchschnitt. Da es bei einem Restaurantbesuch selten bei einem Getränk bleibt und die Vorspeisen- und Nachspeisenkarten auch verlockend aussehen, muss man bei einem Essen für zwei Personen im Restaurant durchschnittlich mit 80 Euro rechnen.
Nun darf die Hoffnung groß sein, dass ein Restaurantbesuch dank einer Gesetzesreform wieder günstiger wird: Denn die Mehrwertsteuer für Speisen in der Gastronomie soll zum 1. Januar 2026 von 19 auf sieben Prozent sinken.
Das Bundeskabinett hat am 10. September ein entsprechendes Gesetz auf den Weg gebracht, basierend auf dem Koalitionsvertrag von Union und SPD. Die finalen Abstimmungen in Bundestag und Bundesrat stehen noch aus.
Wann darüber abschließend beraten werden soll, ist zurzeit noch nicht bekannt, teilte das Pressereferat des Bundestages watson auf Anfrage mit.
Dürfen wir uns also schon bald darauf freuen, wieder zu erschwinglichen Preisen in ein Restaurant gehen zu können? Wenn die Mehrwertsteuer von 19 Prozent auf sieben Prozent sinkt, sollte auch das Essen günstiger werden. Oder etwa nicht?
Mehrwertsteuersenkung: Das sagen die Gastronomen
Hier lohnt ein Rückblick auf die Zeit der Pandemie. Damals senkte die Bundesregierung vor dem Hintergrund der rasenden Inflation und der steigenden Energiepreise die Mehrwertsteuer für die Gastronomie bis einschließlich 31. Dezember 2023.
Bedeutet also, dass von Juli 2020 bis Ende 2023 die Gastronomie zwar steuerlich entlastet wurde, die Rückkehr zum "normalen" Steuersatz von 19 Prozent viele jedoch mit voller Wucht traf.
Das weiß auch Gastronom Stefan Schneck. Er ist Geschäftsführer der Schnitzelei und erweitert sein kulinarisches Angebot seit 2005 in Berlin. Mit drei Schnitzel-Lokalen gehört er zu den Gastronom:innen, die die Corona-Pandemie und auch die Erhöhung der Mehrwertsteuer im Jahr 2024 finanziell "überlebt" haben.
Als selbstverständlich sieht er das aber nicht an: "Wenn man sich die Preisexplosion der letzten Jahre ansieht, trifft es Gastronomen an allen Ecken und Enden."
So wird der Mindestlohn bis 1. Januar 2027 auf 14,60 Euro angehoben, was Schneck als wichtige Maßnahme begrüßt, um auch Mitarbeiter:innen in der Gastronomie halten zu können.
Dies bedeutet jedoch, dass die restlichen Löhne im gleichen Verhältnis steigen werden, also eine Lohnkostensteigerung um circa 15 Prozent. Mit einem guten Kern an Stammpersonal zählt er sich zu den glücklichen Wirt:innen, die zumindest im Personalbereich schon jahrelang stabil vorausplanen können.
Marc Pink, Inhaber von Pink Das Restaurant im saarländischen Hülzweiler, stimmt dem Berliner Kollegen zu: "Die Personalkosten sind enorm hoch. Klar, einerseits ist das extrem wichtig, Mitarbeiter gut zu bezahlen. Man muss aber das große Ganze sehen."
Aber nicht nur die Personalkosten sind ein riesiger Punkt in den Ausgaben der Lokale, auch die Betriebskosten steigen in unbremsbare Höhen, berichtet Schneck: "Pro Lokal muss ich im Monat mit 5000 bis 7000 Euro rechnen, um allein die Energiekosten für unsere Geräte und die Heizkosten zu decken."
Viel Gewinn bleibt dann, wie im Fall von Schneck mit drei gut laufenden Lokalen, nicht mehr übrig. Die Gewinnmarge sei für den Gastronomen in den letzten fünf Jahren um die Hälfte gesunken. Auch die steigenden Lebensmittelpreise machen dem Wirt zu schaffen: "Das merken wir ja nicht nur in der Gastronomie. Alles wurde teurer, und wer bei Lebensmitteln auf Qualität achtet, zahlt den Preis."
Für Pink, der sein Lokal erst dieses Jahr im März eröffnete, sind die steigenden Lebensmittel-Kosten ein wichtiger Punkt in der Kalkulation: "Bei Fisch und Fleisch fällt es mir auf, dass ich innerhalb ein paar Wochen oft um zwei Euro pro Produkt mehr bezahle als noch im Vormonat. Die Preise steigen kontinuierlich."
Der Einkauf wird aber nicht nur für die Gastronom:innen teurer, sondern auch für die Kund:innen, weiß Schneck: "Wir merken extrem, dass viele Kunden sparen müssen. Viele kommen seltener und meist ist dann das Erlebnis des Restaurantbesuches wichtiger als das Essen."
Und auch hier kommt es zu Unverständnis bei Schneck: "Wir bieten den Service, Sitzbereiche und Toiletten an. Lieferdienste, Imbisse und Bäckereien werden mit sieben Prozent besteuert und müssen all diese Dienstleistungen nicht anbieten. Da läuft sowieso etwas schief:"
Schnitzel-Wirte beklagen kurzfristige Maßnahmen
Die Preise in der Schnitzelei sind in den letzten fünf Jahren um 25 Prozent gestiegen. Ein klassisches Wiener Schnitzel vom Kalb mit Beilage kostet 29 Euro. Stefan Schneck möchte von der geplanten Mehrwertsteuersenkung etwas an seine Kund:innen zurückgeben: "Nicht jeder Betrieb kann die Speisekarte ändern. Viele müssen investieren und auch ich muss erst durchrechnen, wie und ob ich die Speisekarte günstiger gestalten kann."
Marc Pink will seine Speisekarte ebenfalls ab 2026 anpassen, falls die geplante Mehrwertsteuersenkung umgesetzt wird: "Gerade für kleine Betriebe wäre die Senkung der Mehrwertsteuer wirklich hilfreich, aber eins zu eins an die Kunden kann das niemand übertragen." Dass das Schnitzel also um 12 Prozent günstiger wird, bleibt ein Trugschluss.
Ingrid Hartges, Hauptgeschäftsführerin des Deutschen Hotel- und Gaststättenverbandes (Dehoga), sagte dazu zum Beginn der Debatte: "Ob und wie Gastronomen auf die sieben Prozent Mehrwertsteuer reagieren, liegt ausschließlich in ihrer unternehmerischen Verantwortung."
Eine Pflicht zur Senkung der Preise gibt es also nicht, mehr solle im Fokus der Gesetzesänderung stehen, das Überleben vieler Betriebe zu sichern.
Auch wenn Stefan Schneck die geplante Steuersenkung begrüßt – kritisch sieht der Gastronom vor allem die Kurzfristigkeit.
Denn ob diese auch wirklich umgesetzt wird, wird erst in den kommenden Monaten im Bundestag beschlossen. "Wenn die Gesetzesänderung zum Beispiel erst in der letzten Sitzungswoche des Bundestages, also am 19. Dezember, bekanntgegeben wird, haben wir in der Gastronomie Hochsaison und wenig Zeit, die Speisekarten bis zum 1. Januar 2026 zu ändern". Zumal Grafiker:innen und Druckereien zwischen Weihnachten und Neujahr meist gar nicht arbeiten.
Selbst wenn Betriebe Speisen günstiger anbieten können, am 1. Januar 2026 wird das noch nicht großflächig zu spüren sein.
Marc Pink sieht das ähnlich: "Erst wenn der Beschluss da ist, können wir die Speisekarten abändern, und das muss aber vorab auch erst einmal kalkuliert werden."
Der ehemalige Sternekoch hat sich mit einem eigenen Restaurant einen Lebenstraum erfüllt. Auf die bürokratischen Hürden war er zwar vorbereitet, eine Sache ist dem Unternehmer jedoch umso mehr bewusst geworden: "Eine goldene Nase verdient man sich in der Branche nicht."
Ob Restaurantbesuche ab dem Jahr 2026 erschwinglicher werden, hängt vom jeweiligen Lokal ab. Was jedoch klar ist: Getränke behalten ihren Preis, denn die Mehrwertsteuersenkung in der Gastro bezieht sich nur auf Speisen.
