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Jobs in der Filmbranche: Warum es sich jetzt lohnt und auch ohne Praktikum geht

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Zu wenig Nachwuchs: Die Gründe für den Personalmangel in der boomenden Filmbranche sind vielfältig. Bild: iStockphoto / nicoletaionescu
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Früher Traumberuf, heute will keiner mehr hin: Warum ein Job beim Film gerade jetzt interessant ist

20.01.2023, 11:59
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Spätestens seit Hollywoodfilmen wie Quentin Tarantinos "Inglorious Basterds" und US-Serien wie "Homeland" wissen die meisten, dass Deutschland ein beliebter internationaler Drehort und zu einer wichtigen Produktionsstätte großer Filmprojekte geworden ist.

Das Medienboard-Berlin Brandenburg hat zudem gerade die Mittel für den Visual Effects-Standort Berlin erhöht – auch um Hightech-Arbeitsplätze in der Region zu schaffen.

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Filme werden heute fast immer mithilfe digitaler Technik gedreht.Bild: iStockphoto / gorodenkoff

Goldene Zeiten für Filmschaffende also? Dem ist nicht so. Was früher ein Traumberuf war, scheint heute für viele junge Menschen nicht mehr attraktiv zu sein: Die Filmbranche klagt über massive Nachwuchsprobleme.

watson hat mit zwei Filmschaffenden darüber gesprochen, wo die Probleme bei der Nachwuchsfindung liegen und warum ein Job beim Film gerade jetzt besonders lohnenswert sein kann.

Filmproduzent Fabian Gasmia
Der Produzent Fabian Gasmia unterrichtet regelmäßig den Nachwuchs seiner Branche an Filmakademien.bild: Seven Elephants GmbH

Fabian Gasmia ist Produzent, zusammen mit der Regisseurin Julia von Heinz ("Eldorado KaDeWe") und dem Regisseur David Wnendt ("Er ist wieder da") leitet er die Produktionsfirma Seven Elephants in Berlin.

Alexander Pohl, Filmschaffender, Lumatic, Production Designer, Visual Effects, Babelsberg
Pohl ist unter anderem als VFX Supervisor für alle visuellen Effekte beim Film zuständig. bild: Alexander Pohl

Alexander Pohl ist Production Designer und einer der Gründer des VFX-Produktionsstudios Lumatic in Berlin. Als Professor für Visual Effects (VFX) bildet er an der Filmuniversität Konrad Wolf in Babelsberg Studierende im Bereich digitales Szenenbild aus.

Welche Bereiche beim Film sind betroffen?

Der Produzent Gasmia sieht alle zahlen-relevanten Gewerke besonders vom Nachwuchsmangel betroffen: "Die Filmgeschäftsführung, das ist die Person, die alle relevanten Zahlen bei einem Film unter ihren Fittichen hat. Produktionsleiter fehlen, das ist die kaufmännische Leitung, die dafür sorgt, dass alle Leute angeheuert werden, dass die Verträge stehen, dass der Umfang des Projekts auch zum Budget passt."

Ebenfalls rar gesät seien gute Herstellungsleiter: "Das ist ein total kreativer und verantwortungsvoller Beruf, da muss man den Film inhaltlich wie wirtschaftlich denken können, weil diese Person die ganz großen Linien des Films im Hinterkopf hat."

"Man muss eigentlich keine unbezahlten Praktika mehr machen."
Fabian Gasmia

Händeringend gesucht werden auch weitere organisatorische Positionen: Regieassistenz zum Beispiel. Die organisiert den Drehort und wann man wie, wo und was in welcher Reihenfolge dreht. "Es fehlen eher die Positionen, die vielleicht von außen betrachtet unkreativer erscheinen, als zum Beispiel Kamera oder Regie. Das sind aber Berufe, die erfordern, dass man das kreative Konzept eines Films versteht", erklärt Gasmia.

Attractive Male Video Editor Works with Footage or Video on His Personal Computer, he Works in Creative Office Studio or home. Neon lights
An digitaler Postproduktion kommt heute kaum ein Film oder eine Serie vorbei.Bild: iStockphoto / ArthurHidden

Alexander Pohl sieht in fast allen Teilbereichen der digitalen Postproduktion personelle Engpässe. Aber auch er nennt speziell eine Position, die gerade schwer zu besetzen ist: "Gemessen am Bedarf sind Compositing Artists am schwierigsten zu finden. Das sind die Menschen, die das gedrehte Filmmaterial mit den digital erzeugten Inhalten zusammenführen."

Gründe für den Nachwuchsmangel

Man kann heute an staatlichen oder privaten Filmakademien in Deutschland Regie, Produktion, Szenenbild und Animation oder VFX studieren. Doch waren und sind viele andere Jobs beim Film Quereinsteigerberufe, wie auch die derzeit gesuchten Herstellungsleiter und Regieassistenten.

"Diese Positionen kann man auch nicht an einer der Filmhochschulen lernen, die lernt man üblicherweise über Praktika. Über einen ersten Set-Job, vielleicht als Aufnahmeleiter-Assistenz und arbeitet sich dann hoch. Das ist deswegen auch ein klassischer Quereinsteigerberuf, für den man kein Abitur braucht oder studiert haben muss", sagt Fabian Gasmia. Hier sind andere Qualitäten gefragt: "Man darf keine Angst haben, man muss jemand sein, der den großen Überblick behalten kann. Und man muss Freude haben, Dinge zu entscheiden, Führungsverantwortung zu übernehmen."

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Viele Jobs beim Film lernt man am besten in der Praxis.Bild: iStockphoto / guruXOOX

Sich von unten nach oben zu arbeiten, vielleicht schreckt das viele heute ab? Lieber eine geregelte Ausbildung, statt unbezahlt zu ackern. Der Produzent kann hier entwarnen: "Man muss keine unbezahlten Praktika mehr machen, sondern sofort bezahlt anfangen, in einer Assistenzposition zu arbeiten. Aber es wäre schön, wenn es in diesem Bereich auch mehr Bildungsinitiativen gäbe."

Wie kann die Ausbildung besser werden?

Die gibt es jetzt für Produktionsleitung an der Filmakademie in Ludwigsburg – auch eine Spezialisierung in Richtung Line Producer, die internationale Bezeichnung für Herstellungsleitung. Gasmia fügt hinzu: "In diesem Bereich kann man sensationell verdienen: Die Vergütung für eine gute Herstellungsleitung liegt momentan bei 4.000 Euro pro Drehwoche."

Von der Mitteldeutschen Medienförderung gebe es eine Fortbildungsinitiative in Görlitz, erzählt der Produzent weiter. "Das ist wie eine Berufsschule für Filmberufe. Man kann direkt nach der Schule oder per Quereinstieg hin, das Handwerk wirklich lernen und hat dann hinterher eine Jobgarantie. Das sind tolle Initiativen, die aber aktuell noch ein bisschen daran kranken, dass davon wenig Leute wissen."

Gutes Geld und flexible Arbeitsmodelle

Sehr gut verdienen kann man auch in der Postproduktion eines Films, beispielsweise als Compositing Artist : "Ein Senior kann bei uns 7000 Euro pro Monat verdienen, das ist nicht ungewöhnlich", sagt Alexander Pohl. Für ihn liegt das Problem des Nachwuchsmangels woanders. "Es hat damit zu tun, dass der Bedarf an VFX in den letzten Jahren exponentiell gestiegen ist. Kaum ein Film oder eine Serie kommen heutzutage ohne digitale Postproduktion aus." Eine zu geringe Anzahl an Fachkräften treffe auf zu wenig Förderung: Die Zahl der Ausbildungsplätze im Bereich der digitalen Filmproduktion sei viel zu gering.

Es brauche mehr Ausbildungsmöglichkeiten außerhalb der Unis und teuren Privatakademien, sagt Pohl, sowie mehr Sichtbarkeit der Branche: "Durch mehr offizielle Anlaufstellen in der Ausbildung könnte der Blick auf die Branche geschärft werden und ihr zu mehr Mitspracherecht verhelfen. Die VFX-Branche ist ja im Vergleich zu allen anderen Bereichen beim Film nicht gewerkschaftlich organisiert." Es gibt keine übergeordnete Interessenvertretung, die für gute Arbeitsbedingungen sorge.

Auch die Sinnfrage ist wichtig

"Aus meiner Sicht als Professor würde ich zudem empfehlen, dass in der Ausbildung sehr viel mehr Wert auf eine Ausgewogenheit des Dreiklangs aus Technik, Kunst und Handwerk gelegt werden würde", führt Pohl weiter aus. "Ich sehe da zu viel Spezialisierung. Die Studierenden sollten mehr das große Ganze sehen und sich selbstbewusst als Teil des kreativen Schaffensprozesses begreifen." So könne die VFX mehr Gestaltungsfreiraum in der Postproduktion erhalten und unter dem Aspekt der Kreativität attraktiver werden.

"Es gibt beim Film eine große Offenheit in allen Bereichen, wo es geht, Teilzeitmodelle zu ermöglichen."
Fabian Gasmia

Der Produzent Gasmia ist überzeugt, dass die Filmbranche ein guter Arbeitgeber sei. Man habe es aber bisher versäumt, das nach außen zu kommunizieren:

"Die Filmgeschäftsführung ermöglicht Teilzeitmodelle, zumindest Homeoffice. Man muss nicht physisch vor Ort sein. Eine Herstellungsleitung innerhalb der Produktionsfirma kann man auch als Nine-to-five-Job gestalten. Nur die Produktionsleitung muss vor Ort beim Dreh sein. Dafür verdient man aber auch so gut, dass man vielleicht vier oder fünf Monate im Jahr arbeiten müsste, um das ganze Jahr eine Familie ernähren zu können."

Das könne für so manche Eltern vielleicht auch ganz spannend sein, projektbezogen zu arbeiten und sich monatsweise mit Erwerbs- und Carearbeit aufzuteilen.

So lautet auch sein Fazit: "Kommt zu uns, bei uns wird teilweise sehr hart gearbeitet, aber auch sehr gut verdient. Und man kann Sachen machen, auf die man lange stolz sein kann. Denn nicht nur die Work-Life-Balance, sondern auch die Sinnfrage stellt sich ja immer mehr. Und die ist, zumindest überwiegend, überhaupt kein Thema für die Leute, in der Filmbranche arbeiten."

Transparenzhinweis: Die Autorin ist mit Alexander Pohl verheiratet.

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