Eine Kartoffel und ein mickriger Klecks Tsatsiki – ein Foto des Mittagessens an einer Frankfurter Schule schlägt über die Grenzen der Mainstadt hinaus hohe Wellen. Die frühere ARD-Journalistin und heutige Pressesprecherin einer Krankenkasse, Sandra Scheuring, hat die Aufnahme vergangene Woche auf der Business-Plattform LinkedIn verbreitet.
"Das ist das #Schulessen meiner Tochter (13). Kredenzt gestern an einer Frankfurter Schule", schreibt Scheuring. "So unfassbar es aussieht, ist es sogar noch schlimmer. Was man auf dem Foto nicht sieht: Die Kartoffel ist unten angeschnitten, es ist also noch nicht einmal eine ganze Kartoffel", schreibt sie weiter.
"DAS ist das Essen für Kinder und Jugendliche im Wachstum", wird die Mutter deutlich. "Wie sollen Eltern #berufstätig sein, wenn sie noch nicht mal darauf vertrauen können, dass die Kinder halbwegs gesundes und sättigendes Essen bekommen?"
Mit dem Post hat Scheuring einen Nerv getroffen. In den über 900 Kommentaren erhält sie viel Zuspruch von Eltern, die ähnliche Erfahrungen aus Schulkantinen in der gesamten Bundesrepublik schildern. Das "Kartoffelgate", wie die "Frankfurter Allgemeine Zeitung" die Affäre getauft hat, scheint also kein Einzelfall zu sein.
Gegen den Caterer der Frankfurter Schule, der diese seit September 2023 beliefert, sei dies bereits die dritte Beschwerde gewesen, sagt Christina Curin, Referentin im Bildungsdezernat der Stadt Frankfurt, gegenüber dem HR.
Die Stadtelternbeirätin Katja Rinnsland hatte etwa bei wiederholten unangekündigten Probeessen in einem Gymnasium, das vom selben Caterer beliefert wird, ebenfalls gravierende Mängel festgestellt. Neben kleinen Portionen habe auch oft etwas gefehlt. "Ich hatte mal Couscous mit Falafel und Minzjoghurt bestellt. Angeblich seien Falafel und Joghurt nicht geliefert worden", schildert sie gegenüber der "Frankfurter Rundschau".
Der kostenlose Nachschlag, zu dem der Caterer verpflichtet ist, habe immer nur aus Nudeln mit einer wässrigen Soße bestanden. "Wahrscheinlich, weil es das Billigste und Schnellste ist", vermutet Rinnsland. Nach Beschwerde beim Schulamt habe sich die Situation verbessert, aber mittlerweile wieder nachgelassen.
Laut der Stadtelternbeirätin fördert die Stadt Frankfurt das Schulessen mit sieben Euro zusätzlich zu den drei Euro, die die Eltern aufbringen müssen. "Für zehn Euro brutto kann man schon besseres Essen erwarten, finde ich", meint Rinnsland. "Wenn man vergleicht, was andere Kantinen etwa großer Firmen für den Preis anbieten, das bringt einen zum Nachdenken, die Gewinnspanne scheint sehr groß. Also irgendwas stimmt da nicht."
Der Caterer, der 43 Schulen beliefert, weist die im LinkedIn-Post erhobenen Vorwürfe gegenüber dem HR als "haltlos" zurück. Es handele sich um "Falschaussagen" und "Fehlinformationen". Das Foto der Kartoffel "entspricht nicht den Speisen, die wir anbieten", sagt ein Sprecher des Unternehmens. Diese entsprächen den Richtlinien der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE).
Dennoch könnte es für den Caterer nun Konsequenzen geben. Laut der Referentin im Frankfurter Bildungsdezernat habe die Schule, an der das Kartoffel-Foto entstanden ist, darum gebeten, den zum kommenden Schuljahr auslaufenden Vertrag nicht zu verlängern.
Sandra Scheuring, die das "Kartoffelgate" ins Rollen gebracht hat, fordert in einem weiteren Post mehr Transparenz bei der Auftragsvergabe an die Schulcaterer: "Es mangelt ganz bestimmt nicht an Regeln und Vorschriften, sondern an Durchsetzungskraft. Für mich stellt sich die Frage nach sinnvollen Vergabeverfahren und Aufsicht."