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Die Auswanderin: Überraschende Erkenntnis bei der Suche nach einer Wohnung

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Mit der Schlüsselübergabe hat man es geschafft. Spaß macht die Wohnungssuche aber auch unserer Auswanderin in Australien nicht.Bild: Shutterstock / CataVic
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Warum ich die Mietkrise in Australien nicht so richtig ernst nehmen kann

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Unsere Kollegin Franziska Wohlfarth hat bei watson gekündigt, weil sie nach Australien ausgewandert ist. Ganz weg ist sie aber nicht: Sie berichtet in ihrer Kolumne "Die Auswanderin" einmal im Monat von ihren Erlebnissen aus Down Under.
07.06.2023, 08:1405.12.2023, 10:13

"Viel Glück bei der Wohnungssuche – Melbourne steckt gerade in einer totalen Mietkrise." Diesen Satz habe ich in den vergangenen Wochen etliche Male von Einheimischen zu hören bekommen. Bekannte berichteten mir von ihren langwierigen, frustrierenden Bewerbungsprozessen und auch in den Schlagzeilen lese ich immer wieder von eskalierenden Mietpreisen.

Und dennoch fällt es mir schwer, die Klagen der Australier:innen so richtig ernst zu nehmen. Denn nachdem ich die letzten drei Jahre in Berlin gelebt habe, kann mich absolut nichts mehr schocken.

Mietkrise: Berlin versus Melbourne

In der deutschen Hauptstadt braucht es eine ordentliche Portion Glück, um überhaupt erstmal einen Besichtigungstermin zu ergattern – nur um sich vor Ort dann in eine Schlange einzureihen, die eher an den Eingang des Berghains erinnert, als an die Tür einer Zweizimmerwohnung. Erst vor wenigen Wochen musste eine offene Besichtigung in Charlottenburg abgebrochen werden, nachdem sich eine über 100 Meter lange Anreihung an Menschen vor dem Objekt der Begierde gebildet hatte.

Als mein:e Partner:in und ich 2019 nach Berlin gezogen sind, suchten wir über ein halbes Jahr lang nach unserer Traumwohnung, was für Berliner Verhältnisse zugegebenermaßen gar nicht so lang ist. Wir hangelten uns von Zwischenmiete zu Zwischenmiete und lebten zeitweise sogar in Brandenburg, von wo aus ich jeden Tag etwa 90 Minuten zur Uni pendeln musste. Als ich nach Melbourne kam und vor einer "Mietkrise" gewarnt wurde, ging ich also sofort vom Schlimmsten aus.

Die Sache mit der Einbauküche

Doch bereits der erste Blick in die Immobilien-Apps sorgte für Erleichterung: Denn anders als in Berlin muss man hier nicht erst wochenlang um eine Besichtigung buhlen, sondern kann sich mit nur einem Klick für einen offenen Termin registrieren. Auf diesem Weg verplanten mein:e Partner:in und ich unsere Wochenenden und pendelten von Besichtigung zu Besichtigung, wo uns vor Ort keine langen Warteschlangen, sondern maximal zehn weitere Kandidat:innen erwarteten.

"Warum ist es in Deutschland so eine Selbstverständlichkeit, dass man seine gesamte Küche beim Umzug mit sich herumschleppt?"

Was bei den Besichtigungen außerdem auffiel: Ausnahmslos alle Wohnungen und Häuser kommen mit einer bereits eingebauten Küche. Was sich für mich wie Luxus anfühlt, ist hier in Australien das absolute Minimum. Tatsächlich ist es in Victoria, dem Bundesstaat in dem ich lebe, gesetzlich vorgeschrieben, dass alle Mietimmobilien in einem "bewohnbaren Zustand" übergeben werden müssen. Das heißt, sie brauchen unter anderem eine Küche, funktionierende Lampen und Vorhänge.

Umzug mit Küche? Nicht in Australien.
Umzug mit Küche? Nicht in Australien.bild: pexels/cottonbro studio

Für mich war es so normal, Wohnungen zu beziehen, in denen lose Kabel aus der Decke hängen und in denen wochenlang das Geschirr in der Badewanne gespült werden muss, dass ich erst ans andere Ende der Welt ziehen musste, um zu verstehen, wie absurd das eigentlich ist. Warum ist es in Deutschland so eine Selbstverständlichkeit, dass man seine gesamte Küche beim Umzug mit sich herumschleppt? Oder alternativ mindestens 4000 Euro Ablöse für ein Überbleibsel aus der DDR bezahlt, was eigentlich schon vor 20 Jahren auf dem Sperrmüll hätte landen sollen?

Doppelerfolg bei der Wohnungssuche

Innerhalb von nur etwa einem Monat bekamen wir den Anruf der Immobilienmaklerin, die uns zu unserem neuen Zuhause gratulierte: ein Reihenhaus mit Garten, Terrasse und unmittelbarer Strandnähe zum Preis einer Zweizimmerwohnung innerhalb des Berliner Rings. Den Mietvertrag konnten wir, dank gelungener Digitalisierung, ganz einfach per Handy unterschreiben.

Noch am selben Tag erwartete uns dann auch schon die nächste Überraschung: noch eine Zusage. Zwei Zusagen an einem Tag – so etwas wäre in deutschen Großstädten absolut undenkbar.

"Australier:innen haben eine andere Definition von 'Mietkrise' als ich es habe."
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An dieser Stelle ist es wichtig zu erwähnen, dass meine persönlichen Schilderungen nicht allgemeingültig sind und dass ich viele Privilegien genieße, die mir die Wohnungssuche erleichtern. Ich möchte also auf keinen Fall die Erfahrungen jener abwerten, die marginalisierten Gruppen angehören und bei der Wohnungssuche dementsprechend deutlich höhere Hürden überwinden müssen. Meine subjektive Erfahrung hat jedoch gezeigt: Australier:innen haben eine andere Definition von "Mietkrise" als ich es habe.

Eigenheimbesitzerin mit 24

Vor Kurzem kam ich mit einer australischen Freundin über einer Tasse Kaffee auf das Thema Immobilien zu sprechen. Ich echauffierte mich über den Berliner Wohnungsmarkt und darüber, dass sich so gut wie alle meine Freund:innen in Deutschland von der Idee verabschiedet hatten, jemals ein eigenes Haus zu besitzen.

In Australien nahm ich die Einstellung junger Menschen deutlich optimistischer wahr: Bekannte in meinem Alter fangen bereits jetzt damit an, auf die Kreditanzahlung zu sparen und ihre Zukunftspläne schließen automatisch immer auch die eigenen vier Wände mit ein. Dieser Eindruck sollte sich bestätigen, als mir besagte Freundin während des Gesprächs fast schon beiläufig offenbarte, dass sie selbst gerade erst ein Grundstück gekauft hatte.

In die eigenen vier Wände zu ziehen ist für viele junge Menschen in Deutschland momentan undenkbar.
In die eigenen vier Wände zu ziehen ist für viele junge Menschen in Deutschland momentan undenkbar. bild: pexels/pixabay

Während ich mich also darüber aufregte, dass es in Berlin einem Lottogewinn gleicht, bezahlbaren Wohnraum mit Anmeldung zu ergattern, regte sie sich darüber auf, dass ihre Baufirma nicht in die Gänge käme. Sorgen, die so fernab meiner Lebensrealität sind, dass ich nicht einmal so tun konnte, als würde ich sie nachempfinden können.

Der Traum vom Haus

Doch die Situation meiner Freundin gibt mir Hoffnung. Denn obwohl die Schlagzeilen etwas anderes behaupten, ist es anscheinend nicht vollkommen ausgeschlossen, dass ich eines Tages möglicherweise auch ein eigenes Haus besitzen könnte. Was für mich niemals als Option infrage kam, ist hier in Australien auf einmal gar nicht mehr so unrealistisch. Zumindest rede ich mir das gerne ein.

Aber alles zu seiner Zeit. Bevor ich also vom Eigenheim träume, erfreue ich mich erstmal noch an den kleinen Dingen des Lebens als Mieterin – wie funktionierenden Lampen und einer Einbauküche.

(fw)

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