Neuer Crash-Test-Dummy bildet weibliche Körper ab und soll Verletzungsrisiko senken
Wenn Frauen Auto fahren, werden sie von Airbags, Gurten und Sicherheitssystemen geschützt – allerdings von Systemen, die ursprünglich vor allem eines sollten: den durchschnittlichen Mann der 1970er retten.
Kein Wunder also, dass Frauen bei Autounfällen immer noch deutlich schlechter abschneiden. Laut US-Regierungsdaten haben sie ein 73 Prozent höheres Risiko, schwer verletzt zu werden. Und die Wahrscheinlichkeit, dass sie bei einem Unfall sterben, ist 17 Prozent höher als bei Männern, berichtet die "New York Times".
Jetzt soll sich das ändern: Das US-Verkehrsministerium hat einen neuen weiblichen Crashtest-Dummy freigegeben – den sogenannten THOR-05F. Dieser soll moderner, realistischer und endlich näher an der Anatomie eines tatsächlichen weiblichen Körpers sein.
Warum alte Dummys Frauen bis heute gefährden
Seit Jahrzehnten basieren die wichtigsten Crashtests auf einem Dummy, der die Proportionen eines durchschnittlichen amerikanischen Mannes der 70er repräsentiert: 1,75 Meter groß, 77 Kilogramm schwer. Frauen tauchten in den Testreihen zwar irgendwann auf – aber meist als Beifahrerinnen. Und das, obwohl es in den USA inzwischen drei Millionen mehr weibliche als männliche Fahrer:innen gibt.
Die bislang genutzte "weibliche" Version war zudem eher ein Mini-Mann mit Gummiweste: 1,50 Meter, 49 Kilo und eine Brustattrappe. Doch der Dummy saß selten am Steuer, obwohl genau dort das Risiko für Frauen am höchsten ist.
Dabei ist der Zusammenhang klar dokumentiert: Viele Verletzungsunterschiede basieren auf Fahrzeugdesigns, die männliche Körpernormen bevorzugen. Neuere Autos machen zwar Fortschritte, aber das Ungleichgewicht bleibt.
Ein moderner Dummy – und ein politischer Kampf
Der neue THOR-05F könnte den alten Hybrid-III-Dummy endlich ablösen. Er hat über 150 Sensoren und bildet die tatsächlichen Unterschiede zwischen Männern und Frauen besser ab: Hals, Becken, Beine, Schulterstruktur. Doch ob er wirklich in nationale Sicherheitstests aufgenommen wird, steht laut "New York Times" noch offen.
Eine, die das ändern will, ist Maria Weston Kuhn. Die Jurastudentin und Sicherheitsaktivistin wurde 2019 bei einem Autounfall selbst schwer verletzt – während ihre männlichen Familienmitglieder in derselben Karambolage unverletzt blieben. Seitdem kämpft sie dafür, dass der weibliche Dummy verpflichtend genutzt wird.
Aber: Jeder Dummy kostet rund 1 Million Dollar, die Einführung für die gesamte Branche etwa 50 bis 60 Millionen Dollar. Kein Wunder, dass die Autoindustrie bremst.
Während Bundesbehörden betonen, wie wichtig der neue Dummy ist, winkt das US-Versicherungsinstitut für Sicherheit auf Autobahnen ab: Die Sicherheitslücke zwischen Männern und Frauen habe sich ohnehin deutlich verkleinert. Stattdessen setzt man dort auf virtuelle Crashtests – digitale Körpermodelle mit Muskulatur und Knochen, komplett anpassbar.
Doch ein rein virtuelles Testsystem ist noch Zukunftsmusik. Senatorin Deb Fischer fasst zusammen, worum es eigentlich geht: "Es ist höchste Zeit, diese Standards endlich festzuschreiben. Es geht darum, Leben zu retten – und die Straßen sicherer für alle zu machen."
