
Google zählt Tropfen, meint aber Fluten. Bild: AP / Thibault Camus
Digital
Der Konzern bepreist die Effizienz seiner KI Gemini: Eine Anfrage kostet kaum mehr als ein paar Tropfen Wasser und Sekunden Strom. Doch Forschende werfen Google vor, entscheidende Daten zu verschweigen. Die Wahrheit sei erheblich düsterer.
22.08.2025, 17:0022.08.2025, 17:00
Die Suche nach Zahlen ist in der Technologiebranche fast so heikel wie die nach Rohstoffen. Kaum eine Firma, die nicht bemüht wäre, das eigene Tun in griffige Statistiken zu gießen: Prozentwerte, Vergleiche mit Alltagsgeräten, ein paar Tropfen Wasser, ein paar Sekunden Stromverbrauch.
Solche Bilder machen die gewaltigen Maschinenräume hinter der digitalen Oberfläche greifbar. Und manchmal kleiner, als sie sind.
Google stellt Studie zu Fußabdruck bei KI Gemini vor
Google hat nun eine eigene Studie zum ökologischen Fußabdruck seiner KI-Software Gemini vorgelegt. Laut dem Konzern verbraucht eine durchschnittliche Texteingabe dort gerade einmal 0,24 Wattstunden Strom – das sei in etwa so viel wie Fernsehen für weniger als neun Sekunden.
Hinzu kämen 0,26 Milliliter Wasser, was Google mit etwa fünf Tropfen vergleicht. Diese Mengen entsprechen einem CO₂-Ausstoß von rund 0,03 Gramm. Damit liegt Gemini deutlich unter früheren Schätzungen zum Energie- und Wasserhunger von KI-Rechenzentren. Aber stimmt das überhaupt?
Fachleute kritisieren, dass der Konzern entscheidende Aspekte weggelassen habe. "Sie verstecken einfach die kritischen Informationen", sagt Shaolei Ren, Professor für Elektrotechnik und Informatik an der University of California, Riverside, im Gespräch mit dem US-amerikanischen Technikportal "The Verge".
"Das verbreitet wirklich die falsche Botschaft an die Welt." Ren forscht seit Jahren zu Wasserverbrauch und Luftverschmutzung durch KI-Systeme.
Berechnung von Google nur "Spitze des Eisbergs"
Vor allem der indirekte Wasserverbrauch sei von Google nicht berücksichtigt worden. Während die Studie die Kühlanlagen in den Rechenzentren einrechne, bleibe der weitaus größere Teil unsichtbar: jenes Wasser, das in Kraftwerken benötigt wird, um Strom zu erzeugen – sei es durch Gas, Kohle oder Kernkraft.
"Mit Googles Schätzung sieht man im Grunde nur die Spitze des Eisbergs", sagt Alex de Vries-Gao, Gründer der Website Digiconomist und Doktorand an der Vrije Universiteit Amsterdam, "The Verge".
Ein weiterer Kritikpunkt betrifft die Emissionswerte. Google gibt lediglich einen marktbezogenen Wert an, also jenen, der berücksichtigt, wie sehr das Unternehmen den Ausbau erneuerbarer Energien finanziell unterstützt.
Für die lokale Umweltbilanz sei jedoch entscheidend, welche Energie tatsächlich aus der Steckdose fließe: der sogenannte "ortsbezogene" Wert. Internationale Standards wie das Greenhouse Gas Protocol verlangten ausdrücklich beide Angaben, sagt Ren.
Google verweist auf Effizienzgewinne
Google beruft sich in seiner Studie auf frühere Arbeiten von Ren und de Vries-Gao, vergleicht aber Medianwerte mit Durchschnittswerten und verweigert Details zu den genauen Prompt-Längen. Ren nennt das einen "Äpfel-mit-Birnen-Vergleich".
Zudem verweist er darauf, dass seine eigenen Untersuchungen den gesamten direkten und indirekten Wasserverbrauch einbeziehen, während Google auf 0,26 Milliliter pro Anfrage kommt und diese Zahl mit älteren Studien kontrastiert, die bis zu 50 Milliliter annahmen.
Trotz der Kritik verweist der Konzern auf enorme Effizienzgewinne. Zwischen Mai 2024 und Mai 2025 habe sich der Stromverbrauch pro Anfrage um das 33-Fache reduziert, der CO₂-Fußabdruck sogar um das 44-Fache.
Doch schon heute steigen die Gesamtemissionen Googles weiter an: im vergangenen Jahr um elf Prozent, seit 2019 um 51 Prozent. Die Nachhaltigkeitsberichte des Konzerns weisen zudem aus, dass bestimmte Emissionskategorien neuerdings aus den Klimazielen herausgerechnet werden.
De Vries-Gao meint: "Wenn man sich die Gesamtzahlen ansieht, die Google veröffentlicht, ist es tatsächlich wirklich schlimm." Die neuen Gemini-Schätzungen erzählten "nicht die ganze Geschichte".
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