Frankfurts Bahnhofsviertel, einst bekannt für sein Rotlichtmilieu, hat sich zu einem Brennpunkt des Drogenmissbrauchs entwickelt. Rund 5.000 Drogensüchtige bevölkern das Viertel, unterstützt von etwa 300 Dealern. Einheimische und Gäste berichten von erschreckenden Zuständen: Etwa von zahlreichen Frauen, die sich zur Prostitution gezwungen sehen, um ihre Sucht zu finanzieren. Oder über die zunehmende Kleinkriminalität.
Zur EM strömen zahlreiche Fans nach Deutschland, auch nach Frankfurt. Sie werfen einen frischen Blick auf das Problemviertel der Stadt. Bei Journalist:innen kam Frankfurts Rotlichtviertel ebenso wenig gut an wie bei einigen Fans. Sie bezeichnen es sogar als "Zombie-Zone".
"Ein bewusstloser Mann liegt zusammengesunken am Eingang des Frankfurter Hauptbahnhofs, ein paar Meter entfernt schnupft eine Frau offen Drogen der Klasse A – während Gruppen von England-Fans auf dem Weg zur Europameisterschaft an ihnen vorbeigehen", so beginnt der Text der britischen "Daily Mail".
Von Crack ist die Rede, von Fentanyl, Gras und Koks. Crackpfeifen und Meth-Nadeln liegen demnach auf den Bürgersteigen herum. In dem Artikel kommt die Gegend nicht gut weg.
Beschrieben werden zwei weitere Personen, die "wie Zombies" umgekippt seien. Eine Person habe sich eingenässt, ohne es merken. Eine lag laut Artikel über eine halbe Stunde lang regungslos im strömenden Regen.
Fentanyl werde offen konsumiert. Die Droge, die in den USA eine ganze Stadt in eine "Zombie-Zone" verwandelte. Laut dem Drogenprojekt "Rapid Fentanyl Tests in Drogenkonsumräumen" sind Fentanyl-Beimischungen in Straßenheroin allerdings eher die Ausnahme. Von den insgesamt 1401 Schnelltests ergaben sich 3,56 Prozent (50 Dosen) demnach als positiv. Wie weit verbreitet Fentanyl in Deutschland tatsächlich ist, ist nicht erfasst.
Dennoch sprechen die Journalist:innen auffällig häufig von Fentanyl. Aber auch die Prostitution ist Thema. Dass Frauen durch Prostitution ihre Sucht finanzieren müssten, wird bei den Engländern zwar als negativ wahrgenommen. Noch schwerer wiegt aber offenbar, dass dies "direkt auf dem Weg vom Hauptbahnhof zur EM-Fanzone am Main" geschehe, die zwischen Holbeinsteg und Friedensbrücke liegt.
Viele Angereiste kommen um das Bahnhofsviertel nicht herum, wenn sie nun mal am Bahnhof ankommen. Dabei sprechen zahlreiche Dealer offenbar auch Fans an und hoffen so, ihre Drogen loszuwerden. Das sei nicht das einzige Risiko. Auch Raubüberfälle seien ein Problem.
Ein Blick in die Polizeistatistik zeigt: Jedes Jahr werden etwa 10.000 Straftaten angezeigt, darunter 1.100 Körperverletzungen, 900 Taschendiebstähle und 250 Straßenraubüberfälle. Tatsächlich ereignet sich die Hälfte aller Frankfurter Straßenraubüberfälle hier.
Das Urteil von "Daily Mail" ist klar: "Trotz verstärkter Streifentätigkeit hat die Polizei Mühe, das Chaos unter Kontrolle zu bringen."
Nach der detailreichen Beschreibung einiger negativer Beobachtungen schreibt die "Daily Mail": "Willkommen im Frankfurter Bahnhofsviertel, der sogenannten 'Zombie-Zone', dem traditionellen Rotlichtviertel der mitteldeutschen Stadt am Main, das in jüngster Zeit unter entsetzlichen Drogenproblemen leidet."
Dies sei das Deutschland, für das die Organisatoren der Europameisterschaft 2024 nicht geworben haben, das aber zahlreiche England-Fans am eigenen Leib erfahren müssten.
In Frankfurt am Main werden insgesamt fünf EM-Spiele ausgetragen. Belgien spielte dort bereits gegen die Slowakei, ansonsten treten in Frankfurt Dänemark gegen England, die Schweiz gegen Deutschland und Slowakei gegen Rumänien gegeneinander an. Auch das Achtelfinalspiel wird dort stattfinden.
Zudem gibt es während der EM 2024 eine der größten Fanmeilen Deutschlands am Mainufer. Ob sich die Fans an den Zuständen im Bahnhofsviertel stören, wird sich wohl noch zeigen.
Ein Mann, den die "Daily Mail" für den Text befragte, ist sich jedoch sicher: "Fußballfans werden einen Monat lang hier sein und dann verschwinden. Wenn wir überleben, werden wir immer noch hier sein … oder sogar tot sein."