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Fragen der Liebe

Partner gibt sich keine Mühe: Erwarte ich zu viel Romantik in der Beziehung?

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Wie enttäuschend – die meisten Liebes- und Datingerfahrungen haben nichts mit der Romantik in Filmen zu tun. Bild: pexels / Marcelo Chagas
Fragen der Liebe

Partner gibt sich keine Mühe: Erwarte ich zu viel Romantik in der Beziehung?

07.07.2024, 13:25
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Ob "Bridgerton" oder "Maxton Hall" – viele Menschen lechzen geradezu nach Romantik. Die Sehnsucht nach kitschiger, überbordender Leidenschaft, die in Blicken, Gesten und Worten ausgedrückt wird, schlägt sich sichtbar in unseren Streaming-Charts wieder.

Kein Wunder! Kommen diese Aspekte in der Realität doch häufig zu kurz, ganz besonders in längeren Beziehungen. Wer das Gefühl hat, romantisch zu verhungern, fragt sich aber bald: erwarte ich zu viel Feuerwerk in der Liebe? Oder ist es nur gesund, einzufordern, dass sich mein Gegenüber etwas Mühe gibt?

Wir haben darüber mit Christian Hemschemeier gesprochen. Er ist Psychologe und Paartherapeut, coacht auch in Online-Kursen und weiß, dass sich beim Thema Romantik die Geister scheiden.

Psychologe Paartherapeut Christian Hemschemeier
Psychologe Christian HemschemeierBild: Christian Kerner

"Die 'Love Language' an sich wird oft überbewertet", sagt Hemschemeier. Die romantischen Bedürfnisse von Menschen seien im Kern nämlich meist gar nicht so unterschiedlich. Man wolle sich wahrgenommen fühlen, wertgeschätzt, schöne Momente im Alltag erleben.

Erwartungen an die Liebe dürfen nicht unrealistisch sein

Es sei nur oft sehr unterschiedlich, wie gegenseitige Zuneigung ausgedrückt würde, besonders in Hetero-Beziehungen. Da gäbe es weiterhin "Unterschiede zwischen den Geschlechtern", wie der Psychologe aus der Praxis berichtet. "Der absolute Klassiker ist auch heute immer noch: Sie wünscht sich mehr Romantik und ihm ist das irgendwie fremd, weil er Zuneigung rationaler ausdrückt."

"Unromantische Menschen sind nicht unbedingt lieblos."
Psychologe Christian Hemschemeier

So empfinden viele Menschen rote Rosen, Valentinstage und Kerzenlicht in der Wanne als übergestülptes Konzept, andere genießen ebenjene Signale ganz besonders und hätten sie gerne regelmäßig in ihrem Leben.

Das Problem, sagt der Experte, sei: "Wenn die Bedürfnisse da nun mal auseinandergehen, wird man nie so richtig beide Seiten zufrieden machen können."

Man müsse "aufpassen, dass man das Thema nicht überdramatisiert". Denn, "unromantische Menschen sind nicht unbedingt lieblos". Bei ihnen würde die Liebe oft eher anhand von Taten sichtbar, aka das ungefragte Reparieren von Dingen oder das regelmäßige Mitbringen des korrekten Lieblingsjoghurts.

Wortmächtige Liebesgeständnisse seien dann vielleicht nicht zu erwarten, die Gefühle wären aber trotzdem ehrlicher Natur. Umgekehrt gilt natürlich auch, dass das Bombardieren mit romantischen Gesten nicht unbedingt ein Zeichen für authentische Zuneigung sein muss.

Sich ab und an Mühe geben ist das mindeste an Liebesdienst

Allerdings – und dieser Punkt ist wichtig – gibt es durchaus etwas wie völlige Lieblosigkeit. Diese sei inakzeptabel, wie der Experte ausführt:

"Zum Beispiel, wenn sie jetzt ausdrücklich sagt: 'Ich hätte gerne mal wieder ein romantisches Date mit dir.' Und er reagiert mit Augenrollen und: 'Gar keinen Bock, ich spiele lieber Computer.' Dann ist das nicht nur unromantisch, sondern unsensibel und ehrlich gesagt auch nicht besonders schlau."

Denn dann würde dieser unerfüllte Wunsch größer und bekäme immer mehr Gewicht. Die Unzufriedenheit wächst, "bis man sich diese Romantik eben woanders sucht", warnt Hemschemeier. Daher: "Es ist schon gut, wenn beide Parteien zufriedengestellt werden. Da muss es beiderseits Zugeständnisse geben."

Natürlich wäre es zu viel verlangt, wenn man regelmäßig mit öffentlichen Gesten und achtsamen Geschenken überschüttet werden will. Der andere hat ja auch ein Leben oder schlicht eine Schamgrenze...

"Ich finde es aber schon vertretbar zu sagen, ich will einmal die Woche ein formelles Date mit dir", sagt der Paartherapeut. "Und in diesem Zeitraum macht man es sich dann auch bewusst so romantisch wie möglich. Man macht sich schön füreinander, hört einander ungestört zu. Gerade weil das im Alltag manchmal untergeht." Solche Gesten seien wichtig.

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Das könnte ein Pärchen-Wochenende mit ausgestelltem Handy sein oder ein Liebesbrief, der traditionell zum Neujahr unter dem Kopfkissen liegt. Was romantisch ist, bestimmt das Paar selbst. Aber, dass man sich ab und an Mühe gibt, "kann man schon erwarten", findet der Psychologe.

Der Schlüssel ist mehr Verständnis füreinander

Im Gegenzug zum Mühe-Geben "sollte der romantischere Partner auch akzeptieren, dass er den anderen mit zu hohen Erwartungen überfordern kann", sagt Hemschemeier. Menschen, die es nie gelernt hätten, ihre Gefühle darzulegen, "stresst es total, wenn sie etwas machen sollen, das sich für sie komplett fremd anfühlt", weiß der Experte.

Er sagt:

"Wenn man sich gegenseitig wirklich schätzt, versucht man also einen Kompromiss zu finden, mit dem beide Seiten sich wohlfühlen. Ganz klassische Beziehungsarbeit ist das."

Am besten man findet heraus, was jede Seite romantisch findet und arbeitet mit der Schnittmenge. Nimmt sich dann Zeit für luxuriöse Restaurantbesuche, gemütliche Filmabende zu Hause oder regelmäßige Blumensträuße fürs Homeoffice.

Was auch immer dem anderen sagt: Du bist für mich nicht irgendwer, sondern etwas Besonderes. Denn, wie der Psychologe es zusammen fasst: "Jeden Tag ein Feuerwerk der Gefühle vom Partner zu erwarten ist zu viel verlangt. Aber eine Beziehung ganz ohne Romantik?! Das ist auch nichts."

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