Künstliche Intelligenz: Experten geben düstere Prognose für Callcenter
Wie schön wäre es, wenn man nie wieder in der Warteschleife eines Dienstleisters hängen und sich endlose Loops an Fahrstuhlmusik reinziehen müsste? Kaum etwas raubt einem im Alltag schließlich mehr Nerven als die bloße Warterei auf ein Gespräch mit Mitarbeitenden eines Callcenters.
Doch Zukunftstechnologien könnten dem Grauen ein Ende bereiten. Analysen des Marktforschungsunternehmens Gartner zufolge wird Künstliche Intelligenz bis 2029 etwa 80 Prozent der gängigen Probleme im Kundenservice selbstständig lösen können. Schon jetzt setzen viele Unternehmen auf automatisierte Hilfe via Chatbot.
Was oft dennoch ziemlich holprig läuft und am Ende in einem Chat mit einem menschlichen Mitarbeitenden endet, könnte in Bezug auf Callcenter aber bald tatsächlich ein ernst zu nehmender Ersatz werden.
KI könnte im Callcenter einfache Alternative liefern
Bisher sind die meisten Chatbot-Systeme nicht durch eine echte Künstliche Intelligenz gesteuert. Sie können sich lediglich auf ein zuvor festgelegtes Set an Antworten beziehen und weiterführende Fragen nicht lösen. Die Rede ist von regelbasierter KI.
"Der Nachteil ist jedoch, dass der Chatbot sich Dinge ausdenken, veraltete Informationen liefern oder völlig falsche Angaben machen kann", erklärt Markt-Expertin Emily Potosky der BBC. Dennoch fühle sich ein Gespräch mit einer KI für viele Verbraucher:innen oft natürlicher an.
Um einen KI-basierten Kundenservice aber tatsächlich auch vertrauenswürdig zu gestalten, werden laut Potosky große Mengen an Trainingsdaten benötigt. Und genau das liefern Callcenter.
"Sie verfügen über eine enorme Menge an Dokumentation, und das ist alles wirklich großartiges Material für die KI", bestätigt Joe Inzerillo vom Softwareunternehmen Salesforce. Viele der entsprechenden Unternehmen zeichnen einzelne Gespräche zu Schulungszwecken auf – die darin angewandten Strategien und übermittelten Informationen erleichtern das Training einer KI enorm.
Ist Künstliche Intelligenz eine Gefahr für viele Jobs?
Trotzdem sind die Systeme Stand heute nicht fehlerfrei. Vor allem im Bereich Empathie stellen Verbraucher:innen zudem immer wieder schwerwiegende Mängel fest.
"Es gibt Momente, in denen ich keine digitale Kommunikation möchte, sondern mit einem Menschen sprechen will", betont auch Fiona Coleman von der Firma QStory. Mithilfe ihrer technischen Lösungen sollen Mitarbeitende in Callcentern flexiblere Arbeitszeiten bekommen können – aber nicht komplett ersetzt werden.
Vor allem in den USA wurden im Kontext der Automatisierung des Kundenservice allerdings bereits zahlreiche Menschen entlassen. Unternehmer:innen argumentieren, dass diese an anderer Stelle in der jeweiligen Firma häufig noch einen Platz finden konnten.
In einem Bericht von Gartner wird prognostiziert, dass bis 2027 etwa 30 Prozent der Unternehmen gleich mehrere Jobs in einer Position vereinen werden – wobei der Mensch dahinter von einer KI unterstützt wird.
Bei vielen ist das Bedürfnis nun groß, der KI eben nicht die gesamte Macht zu überlassen. Laut Gartner könnte das EU-Verbraucherrecht bald insofern angepasst werden, dass dort auch das "Recht auf ein Gespräch mit einem Menschen" festgelegt werden könnte.
Wenn sie die Wahl haben, wählen laut Gartner schon jetzt 94 Prozent der Verbraucher:innen die Unterhaltung mit einem Chatbot. Dass diese Zahl sinkt, dürfte sehr unwahrscheinlich sein – vor allem angesichts der oft nervigen Momente in der Warteschleife eines Callcenters.
